Die dunklen Seiten des Sports hellen auf

Jackie Robinson Day: Im US-amerikanischen Baseball wird einmal im Jahr des ersten Afroamerikaners in der Profiliga gedacht – er trug ab 1947 die Nr. 42.
Der Kampf gegen Rassismus hat mit den Black-Lives-Matter-Protesten Fahrt aufgenommen.

Es gibt Symbole und Zeichen für die Ewigkeit. Vor 52 Jahren ging das Bild um die Welt. Tommie Smith und John Carlos protestierten bei der Siegerehrung der Olympischen Spiele in Mexiko gegen Rassismus mit hochgereckter, geballter Faust in einem schwarzen Handschuh. Die beiden wurden ausgebuht, aus dem olympischen Dorf geworfen, erhielten Morddrohungen.

„Eine Schnecke hat sich in 50 Jahren weiter bewegt als wir uns im Kampf für Bürgerrechte“, sagte der studierte Soziologe John Carlos 2018, im Jubiläumsjahr der Geste. Dabei war fünf Jahre davor die Bewegung „Black Lives Matter“ entstanden, weil der Afroamerikaner Trayvon Martin von weißen Polizisten getötet worden war.

2016 erhob sich der Footballer Colin Kaepernick beim Abspielen der US-Hymne vor einem Spiel nicht, sondern ging auf die Knie. Aus Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA. Der Quarterback wurde seither von verschiedenen Organisationen ausgezeichnet, hat aber noch immer keinen Arbeitgeber gefunden.

Globaler Protest

Im Mai 2020 starb der Afroamerikaner George Floyd, nachdem ein weißer Polizist minutenlang auf seiner Brust gekniet war. Diesmal wird aus dem „Black Lives Matter“-Funken ein globaler Brand gegen Rassismus. Weltweit knieten Sportler aller Hautfarben nieder und streckten die Faust in die Höhe.

Diesmal lodert das Feuer nicht nur an der Oberfläche – auch im US-Sport. Wahrscheinlich mit US-Präsident Donald Trump als Katalysator, der gerne gegen „cancel culture“ wettert. Man solle die Kultur nicht annullieren. Aber was ist das für eine Kultur, die rassistische Geschichte ausspart und die Augen davor verschließt, dass unter dem Vorwand der Tradition alte Vorurteile gegenwärtige Beleidigungen sind.

Die dunklen Seiten des Sports hellen auf

Logisch: Der Indianer machte in Cleveland Platz für das große C

Sport-DNA Statistik

In der Major League Baseball wird nun die DNA des US-Sports repariert, die Statistik, die in Zahlen gegossene Heldenverehrung. Mit Jack Roosevelt „Jackie“ Robinson durfte erst am 15. April 1947 der erste Afroamerikaner in der MLB spielen. Seine Nummer 42 wird von den Klubs nicht vergeben. Einmal im Jahr laufen alle Spieler mit der 42 auf – am Jackie Robinson Day.

Ein schönes Symbol, doch in den Statistiken scheint nicht auf, was Robinson und Kollegen davor geleistet haben. Denn sie spielten in eigenen Ligen, in sieben Negro Leagues von 1920 bis 1948. Leroy Robert Paige, den alle nur „Satchel“ nannten, warf den Ball so hart wie kaum ein anderer, er war einer der besten Pitcher der 30er- und 40er-Jahre. „Er war der Beste, gegen den ich je antreten musste“, bescheinigte Joe DiMaggio. Die Ehrentafel von Paige hängt zwar in der Hall of Fame des Baseball in Cooperstown, so wie die der Legende DiMaggio. In der Statistik ist Paige aber mit nur 179 Spielen und 28 Siegen verewigt – er kam erst mit 42 Jahren in die MLB. Zu den Cleveland Indians.

Seit mehr als 100 Jahren führt der Klub diesen Namen. Schon 1997 gab es erste Proteste dagegen. Seit letztem Jahr wird das Logo mit dem Konterfei des „Chief Wahoo“ genannten Indianerhäuptlings nicht mehr verwendet. Aber erst dieses Jahr hat man sich entschlossen, sich vom Namen „Indians“ zu trennen. Und es war Trump, der gleich wieder von „cancel culture“ auf Twitter faselte.

Im Namen des Geldes

Doch die bald ehemaligen Indians sind ein Beispiel, dass der Kampf gegen Rassismus im Sport mit den Black-Lives-Matter-Protesten Fahrt aufgenommen hat. Im Vorfeld der Entscheidung haben sich die Klubfunktionäre mit Vertretern von Native Americans getroffen. Das Logo, das durch die Hollywood-Filme um „Die Indianer von Cleveland“ mit Charlie Sheen weltweit zum Markenartikel wurde, ist aber noch auf Merchandising-Produkten zu finden. Die Erlöse sollen künftig, das hat der Geschäftsführer des Klubs versprochen, Organisationen der Native Americans zugutekommen.

Eine Namensänderung ist ein weiterer An- und Eingriff in eine der Säulen des US-Sports – in die kapitalistische Struktur. Die Klubs machen Milliarden mit Merchandising, mit dem Verkauf von Leiberln und logoverziertem Klub-Utensilien. Das Football-Team aus Washington hat den Namen Redskins abgestreift und spielt diese Saison unter Washington Football Team – bis ein neuer Name und ein neues Logo (die Rothaut gibt es nicht mehr) gefunden ist. Auch Edmonton wird nach 100 Jahren statt Eskimos erst einmal Football Team heißen – bis ein neuer Name gefunden ist.

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