Zehn Jahre nach Marathon-Anschlag: Boston trauert - und läuft

Marathon-Veranstaltungen gibt es mittlerweile in Hunderten Städten rund um den Globus. Wie beispielsweise an diesem Sonntag in Wien. Das allgemeine Interesse an diesen Events endet oft an den Stadtgrenzen. Ins kollektive Gedächtnis geschafft haben es aber zwei Läufe: jener bei den Olympischen Sommerspielen sowie der Boston-Marathon, der Montagnachmittag (MESZ) zum 127-mal gestartet wurde und den der Kenianer Evans Chebet in 2:05:54 Stunden gewann.

Der Kenianer Evans Chebet gewann die 127. Auflage
Für die Popularität und Bedeutung des Laufs durch die US-Metropole in Massachusetts gibt es vor allem zwei Gründe: Die Erstausgabe fand bereits 1897 statt, inspiriert wurden die Veranstalter tatsächlich vom Marathon bei den ersten Olympischen Sommerspielen der Neuzeit ein Jahr zuvor in Athen. Der Boston-Marathon ist damit der älteste, jährlich veranstaltete Laufbewerb der Welt.
Bis heute wird es der Boston-Marathon als das "Great American Race" bezeichnet. Es ist ein großes Fest und tatsächlich auch ein echter Feiertag.
Traditionell am dritten Montag im April ausgetragen, dem "Tag der Patrioten", an dem in Massachusetts und zwei weiteren US-Bundesstaaten an den Beginn der Amerikanischen Revolution erinnert wird. Der Rest Amerikas arbeitet. Und schaut nach Boston.
Der zweite Grund für die weltweite Bedeutung dieser Veranstaltung liegt nun exakt zehn Jahre zurück und hat das ganze Land schwer getroffen. Am 1. April 2013 erschütterte ein Sprengstoffattentat auf der Zielgeraden die Stadt, die USA und weite Teile der gesamten Welt (siehe Infokasten unten).
Beim Boston-Marathon am 15. April 2013 kam es im Zielgelände zu einem Sprengstoffanschlag. Durch die Explosion von zwei in Rucksäcken versteckten Sprengsätzen starben an Ort und Stelle drei Menschen, 264 Personen wurden - teilweise schwer - verletzt.
Bei den beiden Tätern handelte es sich um zwei Brüder im Alter von 19 und 26 Jahren. Die Familie war tschetschenisch-awarischer Abstammung, stammte aus Kirgisistan und war 2002 in die USA emigriert. Einer der beiden wurde im Zuge der Fahndung von einem Polizisten erschossen, der Zweite wurde gefasst und zum Tode verurteilt.
Die Bilder gingen damals um die Welt, die Aufarbeitung beschäftigt die Stadt Boston und deren Bewohner bis heute. Erst vor einem Jahr wurde die verhängte Todesstrafe für jenen Attentäter, der überlebt hatte, vom Obersten Gerichtshof für rechtmäßig erklärt.
Auch deshalb steht das Rennen am zehnjährigen Jahrestag der Tragödie besonders im Fokus. Bereits in den Tagen vor dem eigentlichen Lauf gab es quer durch die Region Gedenk- und Charity-Veranstaltungen. Der Slogan "Boston Strong", damals rasch erfunden von zwei Studenten für Spendenzwecke, ist längst zum Motto der Stadt geworden.

Längst sind die folgenschweren Ereignisse aus dem Jahr 2013 auch Teil der Populärkultur. Neben Novellen, Dokumentationen und Popsongs ("Dream On" von Aerosmith) wurde das Thema im Jahr 2016 auch im Hollywood-Thriller "Boston" mit Mark Wahlberg in der Hauptrolle verarbeitet.
Beim diesjährigen Marathon hat man von der Schwere, die über dieser Veranstaltung noch immer in Teilen liegt, nicht viel mitbekommen. Mit mehr als 500.000 Zusehern entlang der Strecke ist es eine der größten Sportveranstaltungen der USA.
Für die Läufer ist das "Great American Race" ein Privileg, denn anders als bei vielen Marathon-Veranstaltung muss - je nach Alter und Geschlecht - eine Qualifikationszeit im Vorfeld erbracht werden. Nur ein Fünftel der rund 30.000 Startplätze geht an Personen aus der Region sowie an Menschen, die (viel) Geld für karitative Zwecke spenden.
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