Jedoch: Das talentierte Bürscherl ist in die Ukraine zurückgekehrt. So wie etliche seiner kickende Landsleute auch.
Hatten im Kriegsjahr 1 noch 481 Ukrainer und Ukrainerinnen (darunter 109 Minderjährige) für österreichische Vereine gespielt, so waren’s im Kriegsjahr 2 nur noch 368, davon 79 Jugendliche. Tendenz weiterhin rückläufig.
Heimweh und Hoffnung sind größer als die Angst. Obwohl wenig bis nichts auf Frieden hindeutet.
Schachtar Donezk trägt, zumal im Inferno des ukrainischen Ostens an Sport nicht zu denken ist, die Europa-League-Heimspiele (soeben 2:2 gegen Marseille) in Hamburg aus. Auch das Nationalteam der Ukraine spielt nicht in der Ukraine. Zwar sind die Profis vom Militärdienst befreit. Doch allein die Tatsache, dass es Ukraines Fußballer bei gleichzeitiger Sorge um ihre Angehörigen ins Play-off für die EM-Qualifikation (am 21. März gegen Bosnien) schafften, zeigt, welche mentale Kraft gepaart mit Nationalstolz in ihnen steckt.
Fußballerisch hatten Ukrainer schon zu den Sowjetzeiten viel drauf. Wie sonst wäre es möglich gewesen, dass das von Moskau aus befehligte sowjetische Nationalteam noch knapp vor Ende der UdSSR kaum aus Russen sondern zu 90 Prozent aus Ukrainern (einschließlich des legendären Teamchefs Walerij Lobanowskyj) bestand.
Am Freitag, wenige Stunden vor dem 3. Jahrestag des Kriegsbeginns, wird ungeachtet russischer Drohnen- und Raketengefahr, im ukrainischen Winter die „Frühjahrsmeisterschaft“ der obersten 16-er-Liga mit der 18. Runde gestartet.
Fußball kann für 90 Minuten Leid vergessen helfen. Das soll im zweiten Weltkrieg nicht anders gewesen sein. So erzählte mit Otto Fodrek ein einstiger WAC-Spieler, der als Zeitzeuge bei Hugo Portisch’ TV-Dokus mitarbeitete, oft vom letzten Spiel auf dem WAC-Platz zwischen WAC und Austria. Als der Himmel überm südöstlichen Stadtrand Wiens schon rot gefärbt von sowjetischem Artilleriefeuer gewesen sei. Aber fast 3000 großteils weibliche oder kriegsversehrte Zuschauer das Spielfeld im Prater säumten.
Befragt, ob man sich aufs Spiel überhaupt noch konzentriert habe, antwortete mir Fodrek: „Wir haben sogar noch wegen eines Elfers gestritten.“
Kommentare