WM-Silber für Gruber/Denifl
Bernhard Gruber kannte kein Erbarmen mit Willi Denifl. Sein Teamkollege kauerte noch im Schnee, völlig entkräftet und ausgepumpt nach fünf anstrengenden Langlaufrunden, und Gruber wusste nichts Besseres, als dem armen Willi Denifl Beine zu machen. „Ich bin gelegen und fast nicht mehr aufgekommen. Und dann haben sie mir gesagt: ‚Hoch mit dir und rüber ins Ziel, der Berni schafft die Medaille‘.“
Für einen würdigen und stürmischen Empfang für seinen glücklichen Leidensgenossen sollten Denifls Kräfte aber allemal noch reichen. Kaum hatte Gruber im Teamsprint als Zweiter hinter Jason Lamy-Chappuis die Ziellinie überquert, da fiel ihm auch schon der wieder erstarkte Denifl um den Hals. „Einfach geil, was wir hier geschafft haben.“
Erfolgsbilanz
Mit drei Silbermedaillen – Mario Stecher auf der Normalschanze, Bernhard Gruber auf der Großschanze und nun eben das Zweiergespann Denifl/Gruber im Teamsprint – sind Österreichs Nordische Kombinierer bei dieser WM auch tatsächlich über sich hinaus gewachsen und haben die Vorgaben (zwei Medaillen) klar übertroffen.
Unsicherheitsfaktor und Anspannung waren bei Trainern und Athleten groß gewesen bei diesem Teamsprint, der in Val di Fiemme seine WM-Premiere erleben durfte. Nach jeweils einem Sprung auf der Großschanze wartete auf die Zweierteams noch der kräfteraubende 15-Kilometer-Langlauf, bei dem sich die Kombinierer alle 1,5 Kilometer abwechselten. Eine Herausforderung im Extrembereich – für die Athleten, aber auch für die unermüdliche Servicecrew, die zwischen den Schichtwechseln nur drei Minuten Zeit hatte, um die Skier wieder auf Vordermann zu bringen. „Das ist eine irrsinnig anstrengende Disziplin“, weiß auch Christoph Eugen, „du musst dir hier die Kräfte richtig einteilen, damit du hinten raus noch Reserven hast.“
Erfolgsstrategie
Kein Zufall also, dass der österreichische Cheftrainer mit Denifl (32), der schon vor zehn Jahren in Val di Fiemme Teamgold geholt hatte, und Gruber (30) zwei Kombinierer mit jahrelanger Wettkampferfahrung ins Rennen schickte. Die Routiniers ließen mit ihrer ausgeklügelten Strategie in der Loipe dann auch fast alle Konkurrenten alt ausschauen. Der Rückstand auf Leader Deutschland nach dem Springen (25 Sekunden) war dank einer disziplinierten und wohl dosierten Aufholjagd schon zur Halbzeit des Rennens wett gemacht, und schließlich ritterten vor den letzten beiden Runden Frankreich, Deutschland und Österreich um die Podestplätze.
Erfolgstyp
Ein Missgeschick sorgte für eine Vorentscheidung und brachte die Österreicher auf Silberkurs. Der völlig entkräftete Deutsche Tino Edelmann kam auf seiner Finalrunde ins Straucheln, fiel zu Boden – und damit war für Denifl und das ÖSV-Team der Weg frei für Rang zwei. Schlussläufer Gruber, der nicht mit Lamy-Chappuis Schritt halten konnte, hatte die ehrenvolle Aufgabe, den Erfolg ins Ziel zu bringen. „Sensationell, dass wir das geschafft haben“, strahlte Gruber, der mit zwei Silbernen von der WM abreist.
Der wahre König dieser Titelkämpfe ist allerdings Jason Lamy-Chappuis. Mit seinen drei Goldmedaillen ist der Franzose der erfolgreichste Nordische Kombinierer der WM-Historie.
Endstand | |||
1. | Frankreich | Jason Lamy Chappuis, Sebastien Lacroix, | 35:37,90 |
2. | Österreich | Bernhard Gruber, Wilhelm Denifl | +16,6 Sek. |
3. | Deutschland | Tino Edelmann, Eric Frenzel | 43,9 |
4. | Japan | Akito Watabe, Taihei Kato | 44,5 |
5. | Norwegen | Mikko Kokslien, Magnus Moan | 1:03,30 |
6. | USA | Bill Demong, Taylor Fletcher | 1:24,60 |
7. | Italien | Armin Bauer, Alessandro Pittin | 1:53,50 |
8. | Tschechien | Miroslav Dvorak, Pavel Churavy | 1:55,70 |
9. | Slowenien | Mitja Oranic, Marjan Jelenko | 2:00,10 |
10. | Estland | Han-Hendrik Piho, Kail Piho | 3:14,00 |
Stand nach dem Springen: | |||
1. | Deutschland | 264,3 | |
2. | Japan | 258,4 | + 0:12 |
3. | Österreich | 251,8 | 00:25 |
4. | Frankreich | 242,7 | 00:43 |
5. | Norwegen | 238,1 | 00:52 |
6. | Tschechien | 232,8 | 01:03 |
7. | Slowenien | 227,8 | 01:13 |
8. | Finnland | 226,6 | 01:15 |
9. | Estland | 217,5 | 01:34 |
10. | USA | 214,1 | 01:40 |
Bernhard GRUBER (30 Jahre):Geb.:12.8.1982 in Schwarzach (S)Wohnort:Bad HofgasteinGröße/Gewicht:1,85 m/71 kgFamilienstand:ledig, 1 SohnVerein: SK BischofshofenHobbys: Mountainbiken, E-Gitarre, Schlagzeug, Tennis, Surfen
Größte Erfolge:
Olympia (1-0-1): Gold Team und Bronze Großschanze Vancouver 2010
WM (2-2-0): Gold Team Oslo 2011 Normalschanze und Großschanze, Silber Einzel und Team-Sprint (mit Wilhelm Denifl) Val di Fiemme 2013 Großschanze
Weltcup: 4 Siege
Universiade: Zweimal Gold 2005
Junioren-WM: Bronze 2000
Wilhelm DENIFL (32):Geb.:10.11.1980 in Rum (Tirol)Wohnort:Fulpmes (Tirol)Größe/Gewicht:1,78 m/68 kgFamilienstand: verheiratet, Tochter NinaVerein:SV Innsbruck-BergiselHobbys:Rad, Motorrad, Fußball
Größte Erfolge
WM: Gold Team Val di Fiemme 2003; Silber Team-Sprint (mit Bernhard Gruber) Val di Fiemme 2013
Weltcup: beste Platzierungen: zweimal 3. (2012/13)
Junioren-WM: Bronze Team 2000
Bernhard Gruber: "Ich habe nicht mitbekommen, das es Tino (Edelmann/GER) geschmissen hat. Ich war so drinnen in der Konzentration. Ich habe dann nur gesehen, dass sich Jason (Lamy Chappuis) und ich das vorne ausmachen werden. Ich habe geschaut, dass ich relativ viel Vorsprung raushole. Dann war ich über der Ziellinie und habe gedacht, wir haben es geschafft. Optimal war es im Springen nicht, weil ich immer denke, die anderen sind so übermenschlich und laufen so gut. Ich muss an mir mental arbeiten und sagen, dass - auch wenn ich nicht so einen Sprung habe - im Laufen auch was geht. Ich fühle mich läuferisch gut, da müssen sich die anderen auch anhalten."
Wilhelm Denifl: "Cool, geil! Ich bin nur noch im Ziel gelegen und fast nicht mehr auf die Beine hochgekommen, ich habe nur gesagt, Bernie macht das! Ich habe mit vielem gerechnet, aber dass ich hier vier Einsätze bekomme, und jetzt das als Draufgabe, das ist unendlich geil! Es war brutal schwer, man musste von Anfang an Druck machen, ich wusste, den Japaner kann man einholen. Und wenn wir super laufen, können wir um eine Medaille mitlaufen. Ich habe gedacht, maximal um Bronze - und wenn es blöd geht, wird es der fünfte Platz. Ab der dritten Runde war es nur noch fighten und durchkommen."
Christoph Eugen (Cheftrainer ÖSV-Kombinierer): "Ich bin mächtig stolz, das war heute wieder unglaublich. Großes Lob und Dank an Serviceleute und Betreuer. Nach dem Springen hat es nicht so optimal ausgeschaut. Dass wir es wieder über das Laufen machen, war ein Wahnsinn! Es ist eine anstrengende Disziplin und wichtig, dass man es nicht so schnell angeht, dass man hinten raus noch die Kraftreserven hat."
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