Strenge Spielregeln für Olympia

Zu schnittig: Andreas Kofler durfte in Vancouver 2010 nicht mit dem rosaroten Manner-Helm starten.
Neues Material und Facebook-Kontrolle - das IOC nimmt es genau.

Andreas Kofler fällt ab sofort durch den Lattenrost. Jedenfalls in der TV-Werbung, wo der Tiroler Skispringer sich nun nicht mehr für einen dänischen Schlafutensil-Hersteller demonstrativ ins gemachte Bett legen darf. Für den Spot herrscht ab Donnerstag Mattscheibe, denn dann tritt das strenge Werbeverbot des IOC in Kraft. Und dabei kennen die olympischen Gralshüter von Recht und Ordnung, Milliardenumsätzen und Geldflüssen kein Erbarmen.

Vom 30. Jänner bis zum 26. Februar stehen die Olympiateilnehmer unter der Kontrolle des IOC. In diesem Zeitraum dürfen die Athleten, Betreuer und Offiziellen weder bei den Winterspielen aktiv Werbung für Produkte betreiben, noch dürfen sie in TV-Spots, in Inseraten oder auch als Kolumnisten in Erscheinung treten. Bei einem Verstoß droht – wie seinerzeit Karl Schranz (1972) – im schlimmsten Fall sogar der Ausschluss von Olympia.

Strenge Spielregeln für Olympia
honorarfrei
In den vergangenen Wochen sorgte das Werbeverbot für hektisches Treiben bei den Ausrüstern der Athleten. Auch in der Zentrale des neuen Sprungski-Herstellers Sport 2000 mussten für Sotschi Sonderschichten eingelegt werden. Denn die herkömmlichen Sprungskier, mit denen die Kombinierer und Skispringer bisher im Weltcup im Einsatz waren, dürfen bei Olympia nicht verwendet werden. Sport 2000 wird genauso wie die Firmafluege.devom IOC nicht als offizieller Skihersteller anerkannt. Deshalb mussten in den Fabriken zuletzt eigens für Olympia neue Ski produziert werden. „Das Werbeverbot trifft uns mit voller Härte. Wir dürfen nicht einmal unser Logo rauftun“, erklärt Dieter Schott, der Commercial Director von Sport 2000.

Business as usual

Für den Brillen- und Helm-Hersteller Carrera ist dieses Dilemma bereits business as usual. Immer vor Olympia muss die gesamte Ausrüstung ausgetauscht und durch spielregelkonformes Material ersetzt werden. „Wir müssen das Logo kleiner machen, weil nur sechs Quadratzentimeter erlaubt sind“, erklärt Heinz Strassegger, der Carrera-Rennsportchef. Bei 200 Brillen und 50 Helmen erreichen die Kosten schnell einmal den fünfstelligen Bereich. „Das zahlen wir.“

Wie penibel und streng das IOC bei der Überwachung des Werbeverbots vorgeht, erlebte Andreas Kofler 2010 in Vancouver. Beim olympischen Auftaktbewerb auf der Normalschanze trug der Skispringer noch einen Helm im typischen Manner-Rosa seines Kopfsponsors. Danach musste der Helm umgefärbt werden, und fortan war Kofler mit einem blauen Helm mit dezenten mannerrosa Streifen unterwegs.

Olympia-Crashkurs

Damit alle Olympia-Teilnehmer wissen, was sie wann wo und wie nicht dürfen, gab es vor der Abreise nach Sotschi einen Crashkurs. Vor allem die Auftritte der Sportler in den neuen Medien und im Internet werden genau überwacht. So darf auch auf den Homepages der Athleten keine Werbung aufscheinen, ja nicht einmal ein Link. „Das ist schon ein Aufwand, das alles zu ändern“, erklärt Skisprungstar Gregor Schlierenzauer, der als Freund von Facebook ebenfalls auf der Hut sein muss: Beiträge sind in der Ich-Form zu halten, Videos von den Wettkämpfen und aus dem Olympischen Dorf verboten.

Und trotzdem: Auch eine so durchorganisierte Organisation wie das IOC stößt bisweilen an ihre Grenzen. Fuahea Semi etwa führt das strenge Werbeverbot ad absurdum. Der Rodler aus Tonga hat sich vor Jahren in „Bruno Banani “ umtaufen lassen. Das ist zufälligerweise der Name seines Sponsors.

Homosexualität, das olympische Thema Nr. 1

Sponsorverträge haben Pause bei Olympia: Das Internationale Olympische Komitee besteht auf das Werbeverbot für jene Geldgeber, die nicht Unsummen überweisen, um im Umfeld der größten Sportanlässe vertreten zu sein.

Ted Ligety etwa erwähnte am Mittwoch auf seiner Facebook-Seite kurz noch einmal seine Unterstützer, ehe die „barbarische“ (Ligety) IOC-Regel Nummer 40 in Kraft tritt: „Vorbehaltlich der Genehmigung durch die IOC-Exekutivkommission darf kein Wettkampfteilnehmer, Betreuer, Trainer oder Offizieller, der an Olympischen Spielen teilnimmt, gestatten, dass seine Person, sein Name, sein Bild oder seine sportlichen Leistungen während der Olympischen Spiele zu Werbezwecken genutzt werden.“

Zehn Unternehmen umfasst das „TOP“-Programm: den US-Getränkehersteller Coca-Cola (seit 1928 Sponsor, die Partnerschaft ist damit die längste); den französischen Internetdienstleister Atos; den US-Chemiekonzern Dow Chemical; den US-Mischkonzern General Electric; die US-Fast-Food-Kette McDonald’s; den Schweizer Uhrenhersteller Omega; den japanischen Elektronikkonzern Panasonic; den US-Konsumgüterkonzern Procter & Gamble; den südkoreanischen Elektronikhersteller Samsung; und die US-Kreditkartenfirma Visa.

Sie alle zahlten in der letzten Periode von 2009 bis 2012 950 Millionen Dollar in die Kasse des IOC, weitere 1,8 Milliarden kamen von privaten Sponsoren. Und dafür bekommen sie auch einiges zurück: Nur sie dürfen mit den olympischen Ringen werben, es geht sogar so weit, dass bargeldloses Bezahlen im Bereich der Spiele ausschließlich mit der Kreditkarte des Sponsors möglich ist.

Freilich gibt es auch andere Kuriositäten: Coca-Cola etwa hat eine Internetseite gebaut, auf der man seine Getränkedose selbst beschriften kann. Wer „gay“ (Englisch für „schwul“) dort sehen wollte, erhielt als Antwort: „Oops. Tun wir einfach so, als hättest du das gerade nicht geschrieben.“ Nach Protesten ist die Seite seit Dienstag offline.

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