Ein Sprung, sagte Stefan Kraft einmal, ein einziger Sprung könne ihn in völlig andere Sphären heben. „Und dann hast du plötzlich das Gefühl, dass alles von selbst geht“, erklärte der Salzburger.
Einer dieser Sprünge, die ihn mir nichts, dir nichts völlig beflügelt haben, ist Stefan Kraft während dieser WM im Mixed-Bewerb am vergangenen Sonntag gelungen. Für die meisten Außenstehenden mögen die 101,5 Meter, die er im zweiten Durchgang erzielt hatte, keine besondere Heldentat gewesen sein, aber Stefan Kraft half dieser Satz enorm auf die Sprünge. „Ich bin so in einen Flow gekommen“, sagt der 27-Jährige.
Großes Comeback
Und mit dieser plötzlich wieder gewonnenen Leichtigkeit des Seins ließ der Pongauer all seine Klasse spielen und stellte beim Bewerb auf der Großschanze einmal mehr seine hervorragenden Flugeigenschaften unter Beweis. „Ich bin überglücklich, was da passiert ist“, sagte Stefan Kraft nach seinem Triumph auf der Großschanze, der für viele wohl aus heiterem Himmel kam.
Denn was hatte dieser Stefan Kraft in diesem Winter nicht alles durchmachen müssen: Unmittelbar nach dem Weltcupauftakt in Wisla war er an Covid-19 erkrankt, als er sich danach wieder zurückmeldete, zwickte ihn der Rücken und vereitelte Top-Ergebnisse bei der Skiflug-WM und bei der Vierschanzentournee. „Ich war wirklich sehr weit weg“, gestand der 27-Jährige.
Siegermentalität
In diesem Gegenwind wahrte der aktuelle Gesamtweltcupsieger aber stets die Haltung und verlor nie die Nerven und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Im Wissen, dass er eine Gabe hat, die nur wenige Skispringer besitzen: Nämlich genau dann in Hochform zu sein, wenn es drauf ankommt. Um es in den Worten von Chefcoach Andreas Widhölzl zu sagen: „Wenn er die Lunte riecht, dann schlägt er zu.“
Diese Winnermentalität zeigte Kraft nun auch beim WM-Bewerb auf der Großschanze. Bei widrigen äußeren Bedingungen, die etliche Favoriten aus der Bahn warfen, war der Salzburger die Souveränität in Person und setzte seine beeindruckende Erfolgsserie bei Weltmeisterschaften fort: Seit 2015 hat Kraft bei jeder WM zumindest eine Einzelmedaille gewonnen, mit dem Triumph in Oberstdorf hält er nun bereits bei drei Goldmedaillen und ist damit hinter dem Norweger Birger Ruud (5 WM-Einzeltitel) und dem Polen Adam Malysz (4) der dritterfolgreichste Springer der WM-Geschichte.
Nächste Chance
Mit dem WM-Titel in Oberstdorf schließt sich für Stefan Kraft auch der Kreis. 2014 hatte er auf der Schattenbergschanze seinen ersten Weltcupsieg gefeiert, nun macht er auf seinem Lieblingsbakken Jagd auf das nächste Edelmetall. Im heutigen Teamspringen sind die Österreicher nicht nur wegen Weltmeister Kraft auf einmal der Topfavorit. Im gestrigen Bewerb landeten alle vier ÖSV-Adler unter den ersten 11.
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