Die Folgen des Klimawandels im Ski-Weltcup: "Es ist trostlos"

Eine "Piste" im Weltcuport Adelboden
Die Ski-Profis gastieren diese Woche in Wengen und machen sich Gedanken über die extremen Folgen der Erderwärmung.

Der Klimawandel ist mitten im Skisport angekommen. Dass die Schneemengen im Alpenraum geringer werden und die winterlichen Temperaturen höher, zeigt diese Weltcup-Saison der Alpinen deutlich auf. "Das sind erschreckende Zeichen, vor denen man nicht die Augen verschließen darf", sagte ÖSV-Abfahrtsspezialist Daniel Hemetsberger vor der Herren-Abfahrt in Wengen (12.30, live ORF 1). Mit Lösungsvorschlägen halten sich die Sportler aber zurück und verweisen auf die Vorherrschaft der Politik diesbezüglich.

 "Wir haben Jänner, es ist warm, nirgends liegt Schnee. Die Skipisten schauen verheerend aus", sprach Hemetsberger vor einigen Tagen in Wengen Klartext. Es sei "verrückt", mitten im Winter grüne Berglandschaften rund um die Pisten zu sehen, vermittelte der Norweger Aleksander Aamodt Kilde dieser Tage der Zeitung "Verdens Gang". Die Szenerie wirke "ein bisschen trostlos", gab ÖSV-Ass Vincent Kriechmayr zu, auch wenn für die kommenden Tage viel Neuschnee in Zentraleuropa angesagt ist. "Schwierig, den Klimawandel da zu leugnen."

Die Folgen des Klimawandels im Ski-Weltcup: "Es ist trostlos"

Daniel Hemetsberger

"Extreme Temperaturen und Regen"

Schneearme Winter mit milden Temperaturen hat es freilich immer wieder gegeben. "Wir hatten auch früher immer wieder Wärmeeinbrüche mit Regentagen. Ich erinnere mich an eine Austragung vor 15 Jahren, als uns zwei Tage Regen fast 20 Zentimeter Schnee weggefressen haben", sagte Urs Näpflin, der OK-Präsident der Lauberhornrennen, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. "Neu für uns ist, dass es eine solch langanhaltende Periode mit so extremen Temperaturen und so viel Regen gibt. Ich kann mich nicht erinnern, dass es jemals so lange so warm war."

 Als Aktiver im Skisport ist man jahrelang mehrere Monate hindurch im Winter im Gebirge unterwegs und bekommt Veränderungen auch im Zeitverlauf mit. "Wir sitzen vor unseren Gletschern, wir haben das direkt vor den Augen und sehen es. Jeder mit normalem Hausverstand sieht, dass sich da etwas massiv verändert", erklärte Hemetsberger. "Ich glaube, dass es naiv ist, wenn man glaubt, das ist nur jetzt so. Mir kommt sogar vor, dass es immer ärger wird von Jahr zu Jahr." Daher werde man "diverse Schritte ergreifen müssen, sonst wird das Ganze irgendwann schwerst problematisch werden".

Abschied aus den Alpen?

Darüber, wie Maßnahmen aussehen könnten, gehen die Meinungen aber auseinander. Man müsse an die Orte der Erde gehen, an denen Rennen auf angemessene Weise stattfinden könnten, meinte Kilde. Wenn man dem Norweger folgt, geraten vor allem Skandinavien und gewisse Regionen in Nordamerika in den Blick. Der alpine Skisport müsste sich dann also - bis auf Ausnahmen - aus dem Alpenraum verabschieden, was auf nicht wenig Ablehnung stoßen würde.

Eine Alternative wäre, vermehrt Bewerbe in höheren Lagen in den Alpen anzusetzen. "Aber gerade das Hinaufgehen ist sicher nicht die Lösung, weil irgendwann geht uns die Höhe aus und vor allem auch die Luft", sagte Hemetsberger. Mehr zusagen würde ihm eine Verschiebung der Saison in den Frühling beziehungsweise Frühsommer. "Wenn das so werden würde, dass sich die Jahreszeit Winter quasi verschiebt, dann muss man da nachziehen. Weil wir können nicht mit aller Gewalt dann im Dezember Rennen fahren, wenn es so warm ist wie im Sommer."

Die Folgen des Klimawandels im Ski-Weltcup: "Es ist trostlos"

Vincent Kriechmayr

Konkurrenz im Frühjahr

In der Aufmerksamkeitsökonomie der Medien konkurriert der Wintersport allerdings mit anderen Sportarten - diese Konkurrenz wäre im Frühling und Sommer um ein Vielfaches größer. Marktanteile und Werbeeinnahmen würden wegschmelzen. "Ich glaube, dass das Thema generell schwierig ist und viele Facetten hat. Aber natürlich ist es nicht blöd, wenn es Ideen gibt, und ich bin auch der Meinung, dass man die Ideen rausschmeißen und einmal in den Raum stellen soll", plädiert Hemetsberger dennoch für eine offene Diskussion.

Einig sind sich die Athleten, dass die Verantwortung bei der Politik und den Sport-Institutionen liege. "Wir Athleten konzentrieren uns auf den Sport. Wir haben auch nicht die Macht, irgendwas zu ändern. Da sind die Politikerinnen und Politiker, die Funktionärinnen und Funktionäre gefragt, dass sie sich was überlegen", sagte Kriechmayr. "Ich konzentriere mich auf den Sport und hoffe, dass in Zukunft mehr für den Klimaschutz gemacht wird." Dass die Herausforderungen rund um den Klimawandel künftig eher größer als kleiner werden, ist aber allen klar.

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