"Sollen die anderen doch reden"

"Sollen die anderen doch reden"
Der Alt-Akrobat hat überraschend einen Startplatz für den Levi-Slalom ergattert.

Die Frage, die sich auf den ersten Blick aufdrängt: Wie macht der das bloß? Wie um alles in der Welt bringt Rainer Schönfelder nur seinen wilden Lockenkopf unter einen Skihelm? "Kein Problem", versichert der nimmermüde Kärntner, der sich in den österreichischen Ausscheidungsläufen einen Startplatz für den Weltcup-Slalom in Levi (9.45 Uhr, live ORFeins) gesichert hat.

35 Jahre ist Rainer Schönfelder mittlerweile, doch der Routinier fühlt sich weder als Ski-Pensionist, noch wähnt er sich am Ende seiner Karriere. "Ich will zeigen, dass man auch mit 40 noch aufs Podest fahren kann", verkündet Schönfelder im Ski-Gespräch mit dem KURIER.

KURIER: Herr Schönfelder, sollten Sie eigentlich nicht schon längst in Ski-Rente sein?

Rainer Schönfelder: Wie kommen Sie denn darauf?

Sie steuern immerhin schon auf Ihren 36. Geburtstag zu.
Ständig diese Klischees: Wo steht denn geschrieben, dass man mit 35 nicht noch Weltcup-Rennen fahren kann? Das ist vielleicht die vorherrschende Meinung in der Öffentlichkeit. Aber nicht meine. Ich halte grundsätzlich nichts von Klischees.

Aber fragen die Leute Sie nicht manchmal: 'Warum tun Sie sich das überhaupt noch an?'
Ganz ehrlich: Das habe ich noch von keinem gehört. Aber vielleicht traut sich das in meiner Gegenwart auch keiner zu fragen. Genau das Gegenteil ist der Fall: Vielen taugt es, dass ich trotz allem nicht aufgebe. Ich habe einen viel längeren Atem als viele glauben.

Stellt sich aber trotzdem die Frage nach dem Warum. Wollen, müssen Sie noch jemandem etwas beweisen?
Da können Sie beruhigt sein: Ich muss keinem mehr etwas beweisen, auch mir selbst nicht. Können Sie sich nicht vorstellen, warum ich immer noch dabei bin?

Verraten Sie’s.

Weil mir das Skifahren immer noch riesigen Spaß macht. Und weil ich zeigen möchte, dass es auch in meinem Alter noch funktioniert. Und immerhin habe ich mich durch Leistung qualifiziert, durch nichts anderes. Wenn ich besser bin als die Jungen, wieso soll ich dann nicht fahren dürfen?

Spricht das jetzt in erster Linie für Sie oder doch eher gegen die junge österreichische Konkurrenz?
Ich kann nur soviel sagen: Ich habe mich in den Testläufen eher hin zu den Topleuten orientiert und einen Schritt nach vorne gemacht. Die Lücke ist definitiv kleiner geworden. Und was den Nachwuchs betrifft: Das sieht, glaub’ ich, jeder, dass wir in Österreich im Slalom nicht vom Nachwuchs erschlagen werden. Wen gibt’s da schon außer dem Marcel Hirscher? Fakt ist: Wenn unsere Alten wie Raich, Herbst, Pranger oder Matt einmal aufhören, dann ist nicht mehr viel da.

Sie haben sich bei dieser Aufstellung vergessen.
Ich habe andere Ziele.

Tatsächlich?

Ja, ich sehe den heurigen Winter jetzt auch nur als erste Standortbestimmung. Nicht vergessen: Ich hab’ drei Saisonen wegen Verletzungen verpasst. Ergebnisse spielen im Moment für mich nur eine Nebenrolle. In Zukunft habe ich dann anderes vor: Mein Ziel ist es, mit 40 Jahren immer noch ums Podest zu fahren. Wenn ich das tatsächlich schaffen würde, wäre das Wahnsinn.

Sie nehmen sich da aber einiges vor.
Ich weiß, aber das ist genau mein Antrieb. Die Gesellschaft sagt: Mit 35 hast du keine Chance mehr. Ich will zeigen, dass es doch geht und dass ich nicht zum alten Eisen zähle. Ich behaupte ja: Wenn ein Cuche oder ein Walch­hofer heute noch in der Abfahrt starten würden, dann wären sie immer noch vorne dabei. Im Slalom ist das definitiv schwieriger.

Können Sie denn verstehen, dass einige Sie für einen Verrückten halten? Angesichts solcher Sprüche und Ziele?
Sollen sie doch reden. Ich habe nie den Anspruch gehabt, um jeden Preis jedem Menschen gefallen zu wollen. Da würde ich mich, offen gesagt, sogar richtig unwohl fühlen. Aber ich bin eben keiner, der sich verbiegt und seine Identität verleugnet.

Themenwechsel: Sie trainieren alleine, sind Ihr eigener Chef. Was kostet Sie denn der ganze Spaß?
Fairerweise muss man sagen, dass ich mir das leisten kann. Ich finanziere mir alles selbst, organisiere alles selbst – das kann nicht jeder, denn das geht ordentlich ins Geld. Der letzte Winter hat mich 80.000 Euro gekostet. Heuer ist es billiger, weil ich auf das Training in Neuseeland verzichtet habe. Aber es ist jeden Cent wert, weil es mir extrem viel Spaß macht.

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