Die Jagd nach der begehrten Abfahrtskrone
Vor der WM-Abfahrt kommt erst einmal der Aufstieg. Und der ist in Cortina atemberaubend wie das Panorama der Dolomiten. 222 steile Stufen sind es bis zum Starthaus in 2.400 Metern Seehöhe. Stiegensteigen in Skischuhen – das ist für manche Läufer wohl schon das erste Kriterium der Vertigine-Abfahrt. „Wenn ich da in einem durch raufgehe und dann sofort runterfahre, bin ich fetzenblau“, sagt Doppel-Olympiasieger Matthias Mayer.
Der Weltmeister wird in Cortina auf einer der kürzesten Abfahrten ermittelt. Das ist nur ein Grund, warum die Liste der Medaillenanwärter länger ist als bei den letzten Weltcup-Abfahrten in Bormio, Kitzbühel und Garmisch, bei denen die großen drei die Siege unter sich ausmachten.
Beat Feuz (zwei Saisonsiege), Matthias Mayer und Dominik Paris (jeweils ein Erfolg) geben in diesem Winter in der Abfahrt das Tempo vor, doch die neue Piste in Cortina lässt das Kräfteverhältnis verschieben, versichert das rasante Trio. „Routine hilft einem hier herunter nicht so viel wie zum Beispiel in Kitzbühel“, glaubt Mayer.
Neuland
Zumal die Abfahrer nur mit wenigen Erfahrungswerten in die Medaillenjagd gehen. Nach der Kritik an der langsamen Kurssetzung im ersten Trainingslauf wurden im obersten Streckenteil gleich mehrere Richtungstore umgesteckt. Ganz zur Freude von Dominik Paris: Am Freitag hatte der Südtiroler noch lautstark protestiert und die Abfahrt mit einem Riesentorlauf verglichen, 24 Stunden später war der Lokalmatador dann der Trainingsschnellste und wieder rundum zufrieden. „Manchmal muss man sich halt trauen, etwas zu sagen. So ist es jetzt gut fahrbar. Und es sieht für die Zuschauer gleich viel besser aus.“
Trotzdem spricht Vincent Kriechmayr von einer völlig untypischen Strecke. „So einen Typ Abfahrt sind wir eigentlich noch nie gefahren“, meint der Oberösterreicher. Mit dem Selbstvertrauen und der Sicherheit eines Super-G-Weltmeisters fährt es sich aber auch auf so einem ungewöhnlichen Kurs leichter. „Ich habe in der Abfahrt nicht mehr ganz so einen Druck“, sagt der 29-Jährige. „Wobei ich schon hier bin, um Medaillen zu sammeln.“
Gerade dem Gold in der Königsdisziplin fahren die Österreicher nun schon ziemlich lange hinterher: Michael Walchhofer war 2003 in St. Moritz der letzte österreichische Weltmeister in der Abfahrt. In keiner anderen Disziplin warten die ÖSV-Herren schon so lange auf einen WM-Triumph.
Prestigesache
„Diese Goldmedaille würde mir schon sehr taugen“, sagt ÖSV-Herrenchef Andreas Puelacher, der um den Stellenwert dieses WM-Titels weiß. „Die Abfahrt ist doch auch eine Prestigesache.“
Die WM-Abfahrt in Cortina könnte freilich auch zu einer kleinen Wind-Lotterie werden. Viele Stars fürchten die Windböen mehr als die Piste und die Konkurrenz. „Ich hoffe wirklich, dass der Wind mitspielt“, sagt Matthias Mayer. „Sonst könnte es hier herunter auch Überraschungen geben“, ergänzt Dominik Paris.
Keine Überraschung war hingegen das Quartett, das die ÖSV-Trainer für die heutige Abfahrt nominierten. Max Franz (2.) und Otmar Striedinger (4.) drängten sich nicht nur für das Team auf, sie empfahlen sich auch für eine Medaille. Wie meinte doch gleich Max Franz: „Ich bin da, ich bin schnell und ich bin gut drauf. Ich muss es jetzt nur noch auf den Punkt bringen.“
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