"Snow-How": Entschleunigung der schwedischen Art

Weiter, immer weiter: 30 Stunden Fahrt von Wien nach Åre
Natürlich ist es für Außenstehende nicht lustig, 2600 Kilometer durch Österreich, Deutschland, Dänemark und Schweden zu fahren.

„Du fliegst aber schon nach Åre...“

Wie oft ich diesen Satz gehört habe seit dem letzten Sommer? Ich weiß es nicht. Meine Antwort aber, die war immer die gleiche: „Ich fahre.“

Natürlich ist es für Außenstehende nicht unbedingt lustig, 2600 Kilometer durch Österreich, Deutschland, Dänemark und Schweden zu fahren. Für einen, der seit 2005 im Skiweltcup unterwegs ist, ist es aber gar nicht so ungewöhnlich: 2600 Kilometer sind ja nur zwei Mal Wien–Val d’Isère. Und das ist seit 14 Jahren Standardprogramm im Dezember.

Außerdem hat das Auto große Vorteile für große Menschen:

a) Anders als im Flugzeug besteht nicht die Gefahr, dass das Rollwagerl des Kabinenpersonals in die Schulter knallt.

b) Anders als im Flugzeug gibt es Beinfreiheit und keinen Mittelplatz, in den man sich hineinzwängen müsste.

c) Anders als im Flugzeug kann nahezu alles mitgenommen werden, das Herz und Hirn begehren (Luftbefeuchter!). Und schließlich ...

d) ... kann man anschauen, was man mag. Zum Beispiel die riesigen Brücken in Dänemark, die nachts dank der installierten Scheinwerfer an Kathedralen erinnern. Oder Sälen und Mora, Start und Ziel des berühmten Langlaufrennens Wasalauf (90 Kilometer!). Oder die beeindruckenden Stahl- und Papierfabriken in Borlänge. Oder die einstige Bergwerksstadt Falun. Oder einfach nur die Seen und Wälder genießen.

Wobei das mit dem Genuss durchaus relativ ist. Dann nämlich, wenn der Ostwind pfeift, den Schnee von den Bäumen weht und die Sicht ohne Vorwarnung auf null reduziert. Passiert das Ganze nachts (und hier in Mittelschweden ist derzeit ziemlich lange Nacht), heißt es Ruhe bewahren. Denn weil es auch saukalt ist, wird auf Streusalz verzichtet. Stattdessen haben die Schneepflüge eine Art riesigen Eiskratzer zwischen Vorder- und Hinterachse, mit dem das Eis aufgeraut wird.

Und da hilft die Erfahrung der WM 2007: Es fährt sich auf diesem griffigen Eis nämlich durchaus kommod. Weil die Straßen hier vor allem geradeaus führen, weil kaum Verkehr ist – und weil man nach mehr als 2000 Kilometern nicht einmal ansatzweise den Drang verspürt, im „Endspurt“ gen Åre noch irgendetwas zu riskieren.

Und schließlich: Mit Erfahrung und Allrad kommt man irgendwie und irgendwann ans Ziel. Das werden jene, deren Flüge am Sonntag wegen des Wetters annulliert worden sind (Kollegen, Schweizer Speed-Herren, ...), sicherlich bestätigen. Wenn auch nur ungern.stefan.sigwarth

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