Kann man mit Österreichs Abschneiden bisher zufrieden sein?

Alpine Skiing - FIS Alpine World Ski Championships - Mixed Alpine Team Event
Pro & Contra: Wie gut sind die ÖSV-Asse bei der Ski-WM in Åre wirklich? Ist es gut genug für die Ski-Nation schlechthin?

Pro

Bernhard Hanisch

Da sitzen sie wieder. Rund um den Stammtisch, oder tief versunken im Wohnzimmer-Fauteuil. Nur das in immer kürzeren Abständen an die Lippen geführte Bierkrügel verhindert ein Nörgeln in die Weltuntergangsstimmung. Weil der gelernte Österreicher Erfolge im Skisport als Selbstverständlichkeit erachtet, als Streicheinheiten für das Wirgefühl im Glanz der goldenen Medaillen. Es zählt nur der Sieg, Weltmeister muss man werden, ist die Welt der Bretter auch noch so überschaubar.

Nur zwei Silberne und zwei Bronzene? Schwach ist das? Gar katastrophal? Jedenfalls ein Grund für die rasante Abfahrt in das Jammertal. Und beklagen sich am Ende auch jene Kritiker, die in der Vergangenheit übertriebenen österreichischen Erfolgsreichtum als Tod des Skisports ausgemacht haben?

Höchste Zeit für eine Einordnung: Ja, die Damen haben den Erwartungen nicht entsprochen, weil sie am schwedischen Hang nicht termingerecht die im Weltcup genährten Hoffnungen (fünf von sechs Abfahrten gewonnen) erfüllen konnten. Nebenbei: Vier Läuferinnen mit erheblichen WM-Chancen fehlen verletzungsbedingt. Geschenkt.

Quantitativ (vier Medaillen) ist Österreichs Ski-Team ganz oben, qualitativ (null Mal Gold) eben nicht. Das wird Marcel Hirscher – egal in welcher Verfassung – noch ändern.

PS: Der Herr unter mir irrt gewaltig mit seiner Annahme, Sportler hätten im Vergleich zu Künstlern und Politikern ein eher geruhsames Dasein. Kritik geschieht, und zwar nachschlagbar oft auch heftig. Aber im konkreten Fall ist sie – vier Bewerbe vor WM-Schluss – einfach nicht angebracht.

Contra

Gert Korentschnig

Gestatten Sie einen persönlichen Rückblick: Ich hatte selbst die Freude, über vier Ski-Weltmeiterschaften für den KURIER zu berichten. Ich durfte in Saalbach, Morioka-Shizukuishi, Sierra Nevada und Sestriere an der Seite des hochverehrten Sportreporters Wolfgang Winheim dabei sein. Die Medaillenausbeute war - abgesehen von der Heim-WM in Saalbach mit fünf Goldenen - auch da mickrig: Es gab jeweils nur eine österreichische Siegerin (Karin Buder, Renate Götschl) bzw. einen österreichischen Sieger (Patrick Ortlieb).

Daher weiß ich, wie gigantisch groß der Druck auf die Läufer, ausgeübt von Medien und einer breiten Öffentlichkeit, war - und wie groß die Enttäuschung, wenn es nicht nach Wunsch klappte. Und diesmal? Es scheint uns fast egal zu sein, dass es immer noch kein Gold gibt. Die neue Bescheidenheit ist ausgebrochen.

Dabei investiert Österreich mehr Geld und Energie in das Unternehmen WM als alle anderen Länder (also jene paar, wo professionel Ski gefahren wird). Allein schon deshalb ist die bisherige WM in Åre eine Enttäuschung - daran können die paar Medaillen nichts ändern. Österreich liegt in der ewigen WM-Wertung an der Spitze und muss ein solches Ereignis dominieren - egal ob's schneit, ob die Startzeiten sich ändern oder die Pisten schlechter werden. Aber vielleicht holt ja der große Hirscher trotz Erkrankung die Kastanien noch aus dem Feuer, und alles ist gut.

Was jedenfalls typisch österreichisch ist: Wir gehen mit Politikern und Künstlern viel strenger um als mit Sportlern. Jede Kritik an einem Skifahrer wird als Hochverrat empfunden. Ein Indiz für übertriebenen Nationalstolz.

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