Schörghofer: "Du meinst, das sind alles nur Gestörte"

Philipp Schörghofer spricht vor dem Saisonstart in Sölden über die Entwicklung im Riesentorlauf.

Waren das Zeiten, als die Skifahrer noch ausschließlich übers Skifahren gesprochen haben. Heute drehen sich viele Gespräche um a) das leidige Material oder aber um b) lästige Wehwehchen – nicht selten sogar um beides. Wer zum Beispiel Philipp Schörghofers Erzählungen über seinen Trainingsalltag lauscht, der könnte glatt meinen, es mit einem Formel-1-Piloten zu tun zu haben, so sehr, wie der österreichische Riesentorlaufspezialist vor dem Saisonauftakt am Sonntag in Sölden ins geheimnisumwitterte Reich der Tüftler und Tarner abdriftet.

Von der passenden Feinabstimmung ist da immer wieder die Rede, vom perfekten Set-up, dem richtigen Handling mit dem Material und der exakten Interpretation der Daten. "Du kannst heute der beste Skifahrer der Welt sein. Wenn das nicht zusammenpasst mit dem, was du an den Füßen hast, dann bist du langsam und zwangsläufig chancenlos", berichtet Schörghofer. "Skifahren ist richtig speziell geworden."

"Der ganze Blödsinn"

Mit dieser Entwicklung hat sich der 33-Jährige erst einmal anfreunden müssen. Jahrelang hatte Schörghofer seinem Talent und seinem Fahrgefühl vertraut, aber zuletzt hat er mehr und mehr erkennen müssen, dass eine hervorragende Skitechnik heutzutage nicht mehr ausreicht, um Rennen zu gewinnen. Selbst der erfolgreichste Skifahrer der Gegenwart sieht im Material den Hauptgrund für seine Dominanz. "Skifahrerisch zeige ich seit Jahren das Gleiche, was wirklich die Zeit macht, das ist das Material", sagt Marcel Hirscher.

Der 27-Jährige gilt als einer der größten Tüftler und Tester im gesamten Skirennsport. "Der Marcel hat mit dem ganzen Blödsinn angefangen, jetzt tun’s wir eben alle", sagt Philipp Schörghofer. "Ich persönlich habe vielleicht sogar zu spät damit begonnen, jetzt vor Sölden sehe ich mir öfter den Wetterbericht an als dass ich mit meiner Frau telefoniere."

Während die meisten Skiläufer Sölden nur als Weltcup-Intro und frühen Formtest sehen, ist für Schörghofer das Gletscherrennen bereits ein echtes Highlight. Der Filzmooser ist einer der wenigen reinen Riesentorlauf-Spezialisten, Schörghofer trainiert und testet das ganze Jahr für ungefähr 20 Fahrminuten – im Weltcupkalender scheinen acht Riesentorläufe auf. "Der Riesenslalom ist halt meine Disziplin. Den Rest kann ich leider nicht. Da musst du aufpassen, dass du dich nicht zu Tode trainierst. Die Gefahr ist groß, dass du dich verkopfst", berichtet Schörghofer, der im vergangenen Winter in den letzten drei Rennen mit den Rängen 2, 6 und 4 aufgezeigt hatte.

Der Routinier wundert sich mitunter nicht nur über die Entwicklungen, die der Skisport auf dem Materialsektor genommen hat, auch der Fahrstil sorgt bei ihm für Kopfschütteln. "Wenn du an der Piste den anderen zusiehst, dann meinst du, das sind alles Gestörte. Die beutelt’s herum, das kommt im Fernsehen gar nicht so rüber."

Was übrigens seine Materialabstimmung betrifft, da wähnt sich Schörghofer vor dem Saisonstart auf einem guten Weg. Ein Problem bleibt freilich: "Skifahren muss man ja auch noch."

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