Schweizer Eishockey-Wunder: Von der Schmach zu WM-Silber

Letztes Duell: Bei der WM 2018 in Dänemark trotzte Österreich (re. Lebler) der Schweiz einen Punkt ab.
Manager Peter Zahner erzählt, wie es die Schweiz nach einer Niederlage gegen Österreich an die Weltspitze brachte.

Aufregende Ereignisse finden im österreichischen Eishockey in diesen Tagen statt. Am Dienstag schaffte Red Bull Salzburg mit einem 1:1 im Rückspiel beim finnischen Meister Kärpät Oulu den sensationellen Aufstieg ins Semifinale der Champions Hockey League, wo mit Red Bull München ein Gegner in Reichweite wartet. Und Österreichs Nationalmannschaft startet am Donnerstag in die Swiss Hockey Challenge in Luzern, wo Vizeweltmeister Schweiz der erste Gegner ist (20.15, ORF Sport+).

Einer, der maßgeblichen Anteil am Aufstieg der Schweiz an die Weltspitze hatte, ist Peter Zahner. Der 57-Jährige war in verschiedenen Positionen von 1991 bis 2007 beim Schweizer Verband, ist Geschäftsführer des Schweizer Meisters ZSC Lions und freut sich als Präsident der Champions Hockey League über den Salzburger Erfolg.

KURIER: In der CHL kommt Salzburg oder München ins Finale. Ist das ein gutes Zeichen?

Peter Zahner: Das ist sehr gut. Ich habe sofort Rupert Zamorsky, dem Marketingverantwortlichen von Red Bull, gratuliert. Es sind mit Salzburg, München, Frölunda und Pilsen vier Teams aus vier Ländern im Semifinale. Früher war das eine skandinavische Angelegenheit. Sportlich ist die CHL unglaublich. Die Spieler und die Trainer wollen sich unbedingt mit den Besten messen. Und das schon im August: Unser Spiel gegen Frölunda war wie ein echtes Play-off-Duell.

Wo sehen Sie noch Potenzial?

Das Zuschaueraufkommen ist nicht gut. In einigen Ländern liegen die Durchschnittszahlen unter jenen der nationalen Liga.

Schweizer Eishockey-Wunder: Von der Schmach zu WM-Silber

Peter Zahner: Der Schweizer leitete große Reformen ein.

Österreichs Teamchef Roger Bader ist Schweizer. Hatten Sie gemeinsam zu tun?

Ich kenne ihn seit den 80er-Jahren. Ich war bei Kloten der erste hauptamtliche Nachwuchstrainer und er bei ZSC. Wir beide hatten immer Top-Teams. Später wurde ich Sportdirektor beim Verband und Roger Nachwuchsteamchef. Seine Teams hatten immer seine Handschrift. Natürlich habe ich seine Arbeit auch in Österreich verfolgt. Den Klassenerhalt bei der WM als erster Aufsteiger seit zehn Jahren sollte man richtig hoch einschätzen. Es zeigt, dass Österreich auf dem richtigen Weg ist.

Sie leiteten in den 90er-Jahren als Sportdirektor im Schweizer Verband Reformen ein, die bis zu WM-Silber 2013 und 2018 führten. Welche waren die wichtigsten Faktoren?

Ich bekam vom damaligen Präsidenten Rene Fasel eine Carte blanche (Anm. Blankoscheck). Zuerst haben wir Lücken geschlossen. Also ein U17- und ein U19-Team eingeführt. Dann haben wir das Coaching professionalisiert. Und wichtig waren internationale Kooperationen, damit unsere Teams gegen die Top-Nationen spielen konnten. Und wir haben Sommercamps speziell für Stürmer, Verteidiger und Torhüter veranstaltet. Da haben wir gesehen, dass sehr viel Potenzial brachgelegen ist. Ich habe 1991 begonnen. 1994/1995 kamen die ersten Resultate.

Und natürlich dürfen in der Liga nur vier Legionäre spielen.

Diese langfristige Legionärsbeschränkung ist ein Erfolgsrezept. Die Nationalmannschaft ist der ganz große Profiteur. Vom aktuellen Unter-20-Team, das an der WM in Kanada teilnimmt, sind elf Stammspieler in der National League.

Wie haben Sie es geschafft, dass alle an einem Strang zogen?

Das war ein Kampf. Wir wollten die Spieler öfter und mehr Geld. Aber mit den ersten Erfolgen wurde es einfacher. Und dann kam Ralph Krueger (jetzt Boss des Fußballklubs FC Southampton, Anm.) von Feldkirch und wir haben das Programm des Nationalteams noch einmal hinaufgefahren. Aber wissen Sie, was uns am meisten geholfen hat?

Sagen Sie es uns!

Die Niederlage gegen Österreich in der Olympia-Qualifikation 1997. Österreich war in Nagano 1998 dabei und wir nicht. Das war ein Weckruf. Danach haben wir noch mehr Geld sowie Zeit investiert und Top-Gegner eingeladen. Diese Spiele waren entscheidend.

In Österreich wird am 17. Dezember die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen Verband und Liga verhandelt. Haben Sie Vorschläge?

Nein, nur eine Empfehlung: Zusammenarbeit! Nur dadurch wird es möglich, das Produkt besser zu machen. Am Ende müssen alle am Tisch bereit zur Diskussion und zu Kompromissen sein. Niemand darf sich als Verlierer fühlen.

Wie wichtig ist in der Schweiz, dass die Liga nicht so wie in Österreich unabhängig vom Verband ist?

Bei uns ist jetzt es ganz anders. Verband und Liga sind unter einem Dach. Aber den Verband gibt es nur auf dem Papier. Der Vorstand des Verbandes besteht aus drei Vertretern der National League (Anm. 1. und 2. Liga) und drei aus der Regio-League inklusive Nachwuchs. Das bedeutet, dass die Ligen für Erfolg und Misserfolg verantwortlich sind. Wir sitzen alle in einem Boot.

In der Schweiz wurde vor Kurzem die Erhöhung des Legionärskontingents von vier auf sechs abgelehnt. Auch Zürich stimmte dagegen. Weshalb?

Wir waren überzeugt, dass eine Erhöhung auf sechs die stark steigende Salärspirale nicht stoppen würde. Einen Effekt hätte es nur, wenn man mit acht oder neun spielen würde. Und das würde auf Kosten des Nachwuchses gehen. Wir haben vor ein paar Jahren in Zürich fünf 18- und 19-Jährige integriert. Sie würden heute nicht Stammspieler in der Liga sein, wenn wir neun Legionäre gehabt hätten. Die negativen Folgen würde man erst nach drei, vier Jahren spüren. Der Schaden wäre angerichtet. Die Korrektur würde dann Jahrzehnte brauchen.

Zürich ist mit dem ehemaligen Capitals-Meistermacher Serge Aubin nur Neunter in der National League. Muss man sich um den Trainer Sorgen machen?

Sobald ich mich über den Trainer äußere, kommen ich in Teufels Küche. Das mache ich aus Prinzip nicht. Fakt ist, dass wir seit einiger Zeit im Grunddurchgang nicht brilliert haben, egal wer Trainer war. Wir müssen uns fragen, ob die Zusammensetzung der Mannschaft so passt und ob die Einstellung stimmt. Wir sind gefährdet, dass wir die Play-offs verpassen. Niemand darf davon ausgehen, dass es wie in der vergangenen Saison läuft, als wir vom achten Platz aus den Titel geholt haben.

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