Vincent Kriechmayr war gerade beim Stanglwirt, als ihn die Nachricht von der schweren Knieverletzung von Dominik Paris erreichte. Wie die meisten glaubte auch er zuerst an „einen schlechten Scherz. Damit hat keiner gerechnet.“ Andere Kollegen stuften die Meldung anfänglich sogar als „Fake News“ ein. Weil es für viele Abfahrer schlicht außerhalb der Vorstellungskraft lag, dass sich das Muskelpaket aus dem Ultental wehtun könnte. „Was soll der schon haben“, meinte etwa Max Franz.
Dominik Paris wurde bereits am Mittwoch in der Dolomiti Sportclinic im Grödnertal operiert. „Ich habe bis jetzt noch nie eine Verletzung gehabt, die so viel Geduld braucht“, teilte der 30-jährige Südtiroler über die sozialen Netzwerke mit. Nach seinem Kreuzbandriss wird er frühestens bei den Speedrennen Ende November in Übersee wieder am Start sein. Paris ist einer der Stars der Ski-Szene. Gehen dem Skirennlauf also langsam aber doch die Typen verloren?
Mit Dominik Paris muss der Skisport nicht nur einen Seriensieger für längere Zeit vorgeben. Der vierfache Kitzbühel-Champion wird auch als Publikumsliebling und Entertainer vermisst, denn nach den Serienrücktritten im vergangenen Sommer war der Mann mit den dicken Oberschenkeln und dem lustigen Ultner Dialekt einer der letzten Typen im Weltcup. „Ohne Dominik wird es schwierig. Für alle, für uns, für das Publikum, für die ganze Ski-Welt“, meinte Max Rinaldi, der Sportdirektor des italienischen Skiverbandes.
Bernhard Russi hatte bereits lange vor der Verletzung von Dominik Paris das Fehlen der Superstars beklagt. Mit Lindsey Vonn, Felix Neureuther, Aksel Lund Svindal und Marcel Hirscher hörten vier Protagonisten auf, die den Skisport in diesem Jahrtausend maßgeblich geprägt hatten. Auf und abseits der Piste. „Weil sie Persönlichkeiten und auch Botschafter des Skisports waren“, erklärt die Schweizer Legende Bernhard Russi. „Diese Gesichter fehlen auch mir.“
Und zwar jeder aus einem anderen Grund. „Der Marcel Hirscher als der große Überflieger aus sportlicher Sicht und als Perfektionist“, sagt Russi. „Lindsey Vonn und Felix Neureuther als Strahlefiguren, die das Licht in diese wichtigen Skimärkte USA und Deutschland gebracht haben. Und Svindal war einfach der Sir im Skisport.“
Der Schweizer (32) gewann zuletzt den Klassiker in Wengen und wird liebevoll „Kugelblitz“ genannt. Seine 85 Kilogramm verteilen sich auf nur 1,73 Meter.
Der Kärntner (29) gewann in dieser Saison den Super-G in Lake Louise und die Kombi in Wengen. Seine 2 Olympiasiege holte er 2014 in der Abfahrt und 2018 im Super-G.
Nach dem Rücktritt von Marcel Hirscher ist der 25-Jährige
ein Kandidat für den Gesamtweltcup. In der Saison’15/’16 gewann er die Slalom-Wertung.
Der Nächste, bitte
Gehen dem Skisport langsam, aber sicher die Originale aus?
Geht es nach Peter Schröcksnadel, ist die Sorge völlig unbegründet. „Dann kommen eben die nächsten“, betont der Präsident und verweist auf seine 30-jährige Ära beim ÖSV. „Nach Hermann Maier hat’s ja auch geheißen, dass es ein Loch gibt und dann sind erst der Benjamin Raich und dann der Marcel Hirscher gekommen.“
Wobei die Stars von heute mit der Zeit gehen und ihr Verhalten dem modernen Medien-Zeitalter angepasst haben. Notgedrungen. Einige abenteuerliche Geschichten eines Alberto Tomba oder Hermann Maier haben nur deshalb keine großen Wellen geschlagen, weil es damals noch keine sozialen Medien gab. Schon allein deshalb käme heute kein Läufer auf die Idee sich in der Nacht ein Fahrrad „auszuborgen“, wie es Maier seinerzeit in Aspen gemacht hat.
Der wahre Star
„Ich mache mir um den Skisport keine Sorgen“, sagt Bernhard Russi. Es gebe immer noch genug Originale, die den Fans unter die Haut gehen: Der Schweizer „Kugelblitz“ Beat Feuz, der Kärntner Doppel-Olympiasieger Matthias Mayer, der norwegische Ehrgeizling Henrik Kristoffersen, um nur einige zu nennen. Wobei ihnen allen dieser Tage die Show gestohlen wird. In Kitzbühel, so hört man immer wieder, ist und bleibt der größte Star noch immer ...
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