Olympische Winterspiele in Peking: Ein Blick hinter die chinesische Mauer

Olympische Winterspiele in Peking: Ein Blick hinter die chinesische Mauer
In viereinhalb Monaten werden die Spiele in China eröffnet. Doch noch weiß kaum ein Sportler, was ihn dort erwartet.

Anfang Oktober wird sich Janine Flock in Frankfurt in ein Flugzeug setzen und sich auf eine dreiwöchige Reise begeben, die vermutlich abenteuerlicher ist als eine Skeletonfahrt durch den Eiskanal. Die Destination ist klar, und doch wird es für alle ein Flug ins Ungewisse.

Janine Flock hebt in zwei Wochen von Frankfurt aus Richtung Peking ab, dem Schauplatz der nächsten Winterspiele. Neben der amtierenden Gesamtweltcupsiegerin werden an die 400 Skeleton- und Bobpiloten aus der ganzen Welt samt Betreuer an Bord der zwei Chartermaschinen sein, die quasi unter dem Corona-Radar nach China fliegen. „Das sind gesondert genehmigte Flüge der Regierung“, weiß Katrin Beierl, die Siegerin der Weltcupwertung im Frauenbob.

Olympische Winterspiele in Peking: Ein Blick hinter die chinesische Mauer

Der olympische Eiskanal in Yanqing

Pflichtprogramm

Eigentlich würden nach der Einreise in China drei Wochen Quarantäne warten. Für die prominenten Gäste aus aller Herren Länder werden die strengen Regeln jedoch gelockert, um nicht die Durchführung der olympischen Bob- und Skeletonbewerbe zu gefährden.

Das Regulativ sieht nämlich vor, dass ein neuer Eiskanal, wie er in Yanqing für Olympia errichtet wurde, homologisiert und von den Sportlern getestet werden muss, ehe überhaupt Wettkämpfe stattfinden können. „Die Bahn muss befahren werden. 40 Läufe sind im Vorfeld Pflicht“, erklärt Matthias Guggenberger, der Coach von Skeleton-Star Janine Flock.

Weil sich jetzt aber kein Sportler in China drei Wochen in Quarantäne begeben würde, kommt die internationale Bob- & Skeleton-Abordnung in den Genuss einer Sonderbehandlung. „Aber wir werden schon vor der Abreise von Innsbruck nach Frankfurt getestet, dort dann wieder und in China sowieso jeden Tag“, sagt Matthias Guggenberger. „Und uns wurde schon mitgeteilt, dass wir uns in den drei Wochen in Yanqing dann nur an der Bahn und im Hotel aufhalten dürfen.“

Was man nicht alles auf sich nimmt, um einen Eindruck zu bekommen, was einen in 138 Tagen erwartet, wenn am 4. Februar die ersten Winterspiele auf chinesischem Boden eröffnet werden.

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Fragezeichen

Mit wenigen Ausnahmen haben alle Sportler keinen blassen Schimmer, was in Peking auf sie zukommen wird und wie die olympischen Sportstätten aussehen. Wegen der Corona-Pandemie konnten die obligaten und wichtigen Weltcup-Testwettkämpfe nicht durchgeführt werden.

Welche Weiten lässt die Großschanze zu? Was sind die Schlüsselstellen der Abfahrtsstrecke? Welche Kriterien hat die Langlaufloipe? Wie windanfällig ist der Biathlon-Schießstand? Nicht zuletzt: Welches Material funktioniert am besten auf dem trockenen chinesischen Kunstschnee?

„Wir wissen nur sehr wenig“, gibt Andreas Puelacher, der Cheftrainer der ÖSV-Skiherren, unumwunden zu. Die Österreicher haben von allen Nationen aber noch die besten Informationen, denn mit Willi Zechner ist ein früherer ÖSV-Abfahrer für Chinas Ski-Nationalteam verantwortlich.

Generalprobe

Wie sich China, das im Wintersport mit Ausnahme der Eisschnell- und Eiskunstlaufbewerbe bisher eher ein Niemandsland war, überhaupt viel Know-how aus dem Ausland geholt hat. So ist der Tiroler Harald Springfeld wie schon 2018 in Pyeongchang hauptverantwortlich für die olympischen Eishockey-Bewerbe. „Wir könnten die Spiele sofort starten“, hatte er bereits im April versichert.

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Im Frühjahr waren in China die Olympischen Winterspiele schon einmal durchgespielt worden. „Mit allen Bewerben, nationale Sportler haben die Spiele simuliert. Es waren auch Zuschauer dabei. Wir wollten sehen, wie es unter Wettkampfbedingungen funktioniert. Das ging ohne Probleme über die Bühne“, erzählt Harald Springfeld.

Der Tiroler ortet in China eine große Vorfreude auf die Winterspiele. Mit Skepsis und Widerständen wie in Tokio, wo sich der Großteil der Bevölkerung gegen die Sommerspiele ausgesprochen hatte, ist in Peking nicht zu rechnen. „Hier steht jeder hinter diesem Projekt“, sagt Harald Springfeld. „China ist China. Da gibt es keine Diskussionen.“

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