Max Franz: "Ich darf nur keinen Blödsinn bauen"

Max Franz: 'Richtig schmerzfrei ist wahrscheinlich keiner von uns im Weltcup.'
Der Kärntner Abfahrer über gestiegene Ansprüche, schmerzende Beine und Abenteuer für den Kopf.

In dieser Woche starten nun auch die Speed-Spezialisten in den Olympiawinter. Die Herren beginnen ihre Saison traditionell im idyllischen Lake Louise (Kanada). Im Fokus steht dabei auch Max Franz: Der Kärntner konnte im vergangenen Winter in Gröden seinen ersten Weltcupsieg einfahren und gewann zudem WM-Bronze.

KURIER: Sind durch diese Erfolge die Ansprüche gestiegen?

Max Franz: Ich selbst habe mir immer schon große Ziele gesetzt, deshalb verspüre ich jetzt nicht wirklich besonderen Druck. Außerdem war im letzten Winter bei Weitem nicht alles so gut.

Wie meinen Sie das?

Der erste Weltcupsieg in Gröden, die Bronzemedaille bei der WM in St. Moritz – ja, das war cool. Aber als Läufer darf ich nicht nur diese beiden Rennen sehen. Und wenn man ehrlich ist, dann muss man schon sagen: Der Sieg und die Medaille, viel mehr war’s dann aber auch schon nicht im letzten Winter.

Sie waren also mit sich und der Saison nicht zufrieden?

Es hat diese zwei richtigen Highlights gegeben. Aber der Rest der Abfahrtssaison war überhaupt nicht gut.

Abgesehen von Ihrem Sieg in Gröden haben Sie in sieben Abfahrten gerade einmal 39 Punkte gesammelt.

Und deshalb konnte ich auch nicht zufrieden sein. Ich bin vor allem in der Abfahrt nicht richtig zurechtgekommen. Im Super-G war’s mit dem sechsten Platz in der Weltcupwertung eh wieder okay, aber in den Abfahrten muss in diesem Winter etwas weitergehen.

Mehr Siege?

Vor allem einmal mehr Konstanz. Ich will und muss konstanter werden. Das ist der Anspruch, den ich mir selbst stelle. Und wenn das passiert, dann kommen die Ergebnisse sowieso von selbst. Ich darf einfach keinen Blödsinn bauen. Dann läuft’s schon.

Wie froh sind Sie, dass Sie mittlerweile nicht mehr die Frage nach Ihrem ersten Weltcupsieg beantworten müssen? Bei Ihnen hieß es ja jahrelang: Max Franz, ein außergewöhnlicher Skifahrer, aber er bringt’s halt leider nie hinunter.

Es hat mir persönlich sehr gut getan, dass ich gesehen habe, dass es ja doch geht. Dass ich es doch kann.

Hatten Sie denn Selbstzweifel?

Nicht wirklich, weil ich immer gewusst habe, dass ich es drauf habe und dass ich Rennen gewinnen kann. Bei mir war immer das Problem, die Leistung am Tag X abzurufen. Schnell fahren ist das eine, aber es im Rennen auf den Punkt zu bringen, das ist die eigentliche Kunst. Ich hatte immer dieses Talent, einen Patzer einzubauen, wenn ich einmal richtig gut unterwegs war. In Wahrheit bin ich kaum einmal ein Rennen fehlerfrei heruntergekommen.

Ist das auch eine Frage der Erfahrung?

Es geht schon immer auch darum, wie fit du bist, ob das Material passt, und, und, und. Ich bin oft nicht richtig zum Testen gekommen, weil ich körperlich meine Probleme hatte. Mir fehlt ein Stück Knorpel im Knie, ich hatte schon einen Kreuzbandriss und einen Oberschenkelbruch. Aber ich jammere jetzt nicht. Richtig schmerzfrei ist wahrscheinlich keiner von uns im Weltcup.

Was plagt Sie?

Bei mir ist es immer wieder das Knie. Das ist teilweise so weit gegangen, dass ich die Skier gleich wieder abschnallen musste. Das ist dann frustrierend. Wenn du glaubst, es passt alles, und dann geht es auf der Piste nicht, weil’s einfach so weh tut. Das gibt dir immer wieder einen Knacks. Du fährst rauf auf den Berg und weißt nicht: Soll ich mich freuen, oder ärgere ich mich besser jetzt schon?

Nehmen Sie dann Schmerzmittel, um trainieren und fahren zu können?

Nein, unter Schmerzmitteln fahren bringt überhaupt nichts. Außerdem kannst du die Schmerzen mit diesem Zeug nicht so einfach wegfressen.

Ist das auch der Grund, warum Sie die Ausbildung zum Polizisten begonnen haben? Um einen Plan B zu haben, falls der Körper einmal nicht mehr mitspielen sollte?

Diese Ausbildung ist eine gute Absicherung. Ich möchte einfach etwas in der Hinterhand haben, sollte mir eine Verletzung passieren. Hotelkaufmann bin ich eh schon, und die Polizeischule ist wirklich interessant, ich kann mir für die Zukunft gut vorstellen, dort zu arbeiten. Und die Ausbildung hat noch etwas Gutes.

Nämlich?

Es schadet nicht, wenn man als Sportler auch einmal wieder den Kopf beschäftigt. Wenn man aus der Schule draußen ist, verlernt man ja eigentlich das Lernen. Mir hat es gut getan, wieder einmal etwas für den Schädel zu tun. Auch wenn es hart ist, Training und Schule unter einen Hut zu bringen.

Max Franz (*1. September 1989) fährt seit 2009 im Weltcup, erstmals auf das Podest raste der Kärntner Speed-Spezialist in der Abfahrt von Lake Louise im November 2012. Nur sieben Tage später stürzte er in Beaver Creek und zog sich dabei eine schwere Gehirnerschütterung zu. Bei Olympia 2014 in Sotschi wurde er Sechster im Super-G.

Seinen bislang einzigen Weltcup-Sieg feierte der Polizei-Schüler beim Abfahrtsklassiker in Gröden im Dezember 2016. Im selben Winter gewann der Cousin des ehemaligen Skirennläufers Werner Franz bei der WM in St. Moritz die Bronzemedaille in der Abfahrt.

Der Unfalltod von David Poisson geht den Skistars sehr nahe. In Gedenken an den beliebten Franzosen, der in der vergangenen Woche bei einem Trainingssturz in Nakiska ums Leben gekommen ist, tragen nicht nur die österreichischen Herren bei den kommenden Weltcuprennen in Lake Louise Trauerflor. "Es hat uns alle sehr getroffen", erklärt ÖSV-Cheftrainer Andreas Puelacher. "Wir haben teamintern sehr viel über den Unfall gesprochen und versucht, das Ganze professionell zu verarbeiten."

Am Mittwoch findet in Lake Louise der erste von insgesamt drei Trainingsläufen für die beiden Speedbewerbe am Samstag (Abfahrt, 20.15 Uhr) und am Sonntag (Super-G, 20 Uhr, jeweils live ORFeins) statt. Dabei geht es für einige Österreicher in der Qualifikation auch noch um einen Startplatz für die Rennen. 14 ÖSV-Läufer sind in Lake Louise, nur zehn von ihnen dürfen starten.

Die Damen müssen sich mit ihren ersten Speedrennen noch gedulden, sie sind erst eine Woche nach den Herren in Lake Louise im Einsatz. Zuvor warten an diesem Wochenende noch ein Riesentorlauf (Samstag, 16 bzw. 19 Uhr) und ein Slalom (Sonntag, 16 bzw 19 Uhr) in Killington (USA), wo Mikaela Shiffrin ein Heimspiel hat und wie bereits bei der Premiere im Vorjahr für einen Besucheransturm sorgt. "Die Leute hier an der Ostküste sind ähnlich verrückt nach Skifahren wie die Österreicher", erzählt die Gesamtweltcupsiegerin.

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