ÖSV-Skisprungcoach Widhölzl: "Zumindest haben wir jetzt Herdenimmunität"

ÖSV-Skisprungcoach Widhölzl: "Zumindest haben wir jetzt Herdenimmunität"
Nach den Corona-Erkrankungen meldet sich das ÖSV-Team bei der Skiflug-WM in Planica zurück. "Wir sind eher die Außenseiter".

Stefan Kraft hat in den vergangenen Wochen wieder etwas Neues über sich gelernt: Er weiß jetzt, dass er ein miserabler Zuseher ist. Dass er die letzten Weltcupspringen nur als TV-Zaungast erleben durfte, bereitete dem Salzburger mehr Schmerzen als seine Covid-Erkrankung. Und deshalb war für ihn auch recht bald klar: „Ich kann nicht noch ein Wochenende daheim sitzen.“

Also wagt sich der 27-Jährige heute in Planica nach beinahe dreiwöchiger Pause wieder über die Schanze. Nach einem intensiven sportmedizinischen Test gaben die Ärzte grünes Licht für einen Einsatz bei der Skiflug-Weltmeisterschaft in Slowenien.

Die Weltmeisterschaft

Mit mehrmonatiger Verspätung können nun in Planica (Slowenien) die Skiflug-Weltmeister gekürt werden. Ursprünglich hätten die Titelkämpfe im März stattfinden sollen, wegen der Corona-Pandemie musste das Großereignis verschoben werden. Erstmals überhaupt findet eine Skiflug-WM bereits im Dezember statt. Der Schanzenrekord in Planica liegt bei 252 Metern, gehalten vom Japaner Ryoyu Kobayashi.

Das Programm

Freitag: Einzelbewerb (zwei Sprünge, 16 Uhr, live in ORFeins)
Samstag: Einzelbewerb (zwei Sprünge, 16 Uhr)
Sonntag: Teambewerb (zwei Sprünge, 16 Uhr)

Das ÖSV-Aufgebot

Stefan Kraft (persönliche Bestweite 253,5 Meter/Weltrekord)
Gregor Schlierenzauer (243,5 Meter)
Michael Hayböck (241,5 Meter)
Philipp Aschenwald (229 Meter)
Clemens Leitner  (203,5 Meter)
Timon Kahofer (148 Meter/Skiflug-Debüt) 

Viele Fragezeichen

Neben Gesamtweltcupsieger Kraft melden sich auch Philipp Aschenwald, Michael Hayböck und Gregor Schlierenzauer nach ihren Corona-Infektionen zurück. Damit sieht die ÖSV-Abordnung für die WM nun zumindest nominell nach einem schlagkräftigen Skisprungteam aus, nachdem vor wenigen Tagen noch ernsthaft befürchtet werden musste, dass Österreich gar keinen Athleten zur WM entsenden könnte.

In welcher Verfassung die ÖSV-Adler sind, welche Spuren die Covid-Infektionen hinterlassen haben, wie sehr die Form jedes Einzelnen unter der Zwangspause gelitten hat und ob die Sportler praktisch ohne Sprungtraining schon bereit sind für eine mächtige Flugschanze, die Weiten bis 250 Meter ermöglicht – das sind die zentralen Fragen, die sich auch Cheftrainer Andreas Widhölzl stellt.

Suboptimale Vorbereitung

Während Philipp Aschenwald schon mehrere Sprünge in den Beinen hat, reichte es bei Gregor Schlierenzauer und Michael Hayböck nur zu einem Trainingstag. Stefan Kraft reiste gar ohne einen einzigen Trainingssprung zum Skifliegen.

„Das ganze Rundherum in der Vorbereitung auf die WM war eher suboptimal“, meint Trainer Widhölzl, der ebenfalls eine Corona-Erkrankung am eigenen Leib mitmachte. So frustrierend die vielen Covid-Fälle im österreichischen Skispringerteam auch waren – insgesamt waren/sind acht Springer und zwei Betreuer betroffen – als Optimist und Frohnatur sieht der Tiroler die „positive“ Seite des Hotspots in seinem Adlerhorst. „Zumindest haben wir jetzt die Herdenimmunität in der Trainingsgruppe Skisprung.“

Klare Rolle

Die Voraussetzungen für ein Großereignis waren freilich schon einmal besser. Angesichts der widrigen Umstände und des Trainingsrückstands käme diesmal eine heimische Medaille schon einer Sensation gleich. „Wir sind diesmal eher die Außenseiter. Meine Erwartungen sind gering“, erklärt Andreas Widhölzl.

ÖSV-Skisprungcoach Widhölzl: "Zumindest haben wir jetzt Herdenimmunität"

Philipp Aschenwald hat die Corona-Erkrankung von allen ÖSV-Athleten am besten weggesteckt. Der Zillertaler hat einige Trainingstage hinter sich

Aber vielleicht wird ja genau das zum großen Trumpf der ÖSV-Springer. Kaum jemand hat die Österreicher bei dieser Skiflug-WM auf der Medaillenrechnung. Diese Ausgangslage ist Trainer Widhölzl gar nicht einmal so unrecht: „Die sollen das Skifliegen genießen und einfach das zeigen, was sie drauf haben", meint der 44-Jährige.

Zuversichtlicher Nachsatz: "Und das ist nicht wenig.“

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