ÖSV-Skisprungcoach Widhölzl: "Mein Ziel ist der Nationencup"
Die Adler heben in Nischnij Tagil ab in die neue Saison. Nach einem turbulenten ersten Winter als ÖSV-Cheftrainer gibt Andreas Widhölzl hohe Ziele aus.
Andreas Widhölzl machte drei Kreuze, als der vergangene Winter endlich vorüber war. In seiner ersten Saison als Chefcoach erlebte der Tiroler Sachen, die vielen seiner Kollegen in einer ganzen Trainerlaufbahn nicht widerfahren:
ein Virus, das die gesamte österreichische Mannschaft auf den Boden zwang; ein Starspringer (Stefan Kraft), der lange mit Rückenproblemen zu kämpfen hatte; ein Assistenztrainer, der suspendiert wurde – all das mündete in einem Weltcup-Winter, in dem den ÖSV-Adlern kein einziger Einzelsieg gelang.
„Es ist für einen blutigen Anfänger nicht einfach, wenn man solche Sachen erlebt“, erinnert sich Andreas Widhölzl mit Schaudern zurück. „Ich bin froh, dass ich grundsätzlich ein sehr geduldiger Mensch bin und mich da nicht drausbringen hab’ lassen.“
Patscherter Star
Die Probleme, mit denen der 45-Jährige vor dem Saison-Auftakt an diesem Wochenende in Nischnij Tagil (Russland) konfrontiert ist, sind da vergleichsweise Lappalien: Mit Michael Hayböck (Operation nach Bandscheibenvorfall) fällt zwar ein arrivierter Athlet für die nächsten Wochen aus, der Oberösterreicher hat das Training inzwischen aber wieder aufgenommen. Stefan Kraft („ich bin ein bisserl patschert“) mag nach einer Bänderverletzung im Knöchel noch nicht ganz auf der Höhe sein, aber auf den Salzburger ist grundsätzlich immer Verlass, wie nicht zuletzt seine dritte WM-Goldmedaille im Februar in Oberstdorf gezeigt hat.
Und auch die allseits bekannte Ungewissheit, die alle vor den ersten Schneesprüngen traditionell umweht, kann Andreas Widhölzl nicht aus der Balance bringen. „Ja, ich weiß jetzt nicht ganz genau, wo wir umgehen, aber was ich schon sagen kann: Wenn unsere Leute ihre Trainingsleistungen rüberbringen, dann sollte es nicht allzu weit fehlen.“
Ganz bewusst sind die Österreicher im Sommer neue Wege gegangen. So wurden Trainingskurse in Courchevel (FRA) absolviert, um die Athleten auf die spezielle Höhenlage der Olympiaschanzen in Zhangjiakou (1.600 Meter) einzustimmen. Dazu machte die Mannschaft einen mehrtägigen Abstecher in den Strömungskanal in Stockholm, wo intensiv an der Verbesserung der Flugposition gearbeitet wurde.
Ambitionierte Ziele
Entsprechend hoch sind die Ansprüche im Skiverband. Zumal zuletzt auch Präsidentin Roswitha Stadlober das Skispringen öffentlich „zum Flaggschiff“ des ÖSV erklärt hat. „Wir brauchen nicht tiefzustapeln“, weiß Chefcoach Widhölzl. „Unsere Ziele müssen hoch sein. Mein persönliches Ziel ist zum Beispiel der Nationencup.“
Und das ist einmal eine Ansage. Denn die Lufthoheit im Skispringen hatten in den vergangenen Wintern stets die anderen. In der Weltcupsaison 2013/’14 war Österreich das letzte Mal die Nummer eins, damals wurde das Team noch von den Superadlern Thomas Morgenstern und Gregor Schlierenzauer angeführt und auf dem Trainerturm stand Alexander Pointner.
Die aktuelle Zuversicht wird vor allem durch die Auftritte der sogenannten zweiten ÖSV-Garde genährt. Im vergangenen Winter führte ein österreichisches Trio die Gesamtwertung im Kontinental-Cup an, mit dem jungen Kärntner Daniel Tschofenig (19) erhält nun ein Talent im Weltcup seine Chance.
Klarer Auftrag
„Ich bin der Meinung, dass man die Jungen fordern muss. Und er macht es richtig gut“, sagt Andreas Widhölzl, der einen klaren Auftrag an Daniel Tschofenig und seine Mannschaftskollegen hat: Es geht vordergründig nicht um konkrete Ergebnisse und Weiten. „Die Jungs sollen sich in einen Flow reinspringen. Denn der Rest ergibt sich dann von ganz alleine.“
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