Missbrauchter Eishockey-Profi: "Mein Kampf hat erst begonnen"

Missbrauchter Eishockey-Profi: "Mein Kampf hat erst begonnen"
Kyle Beach, 2010 als 20-Jähriger bei den Chicago Blackhawks sexuell misshandelt, klagte an und erzählt weitere Details.

Den Traum von der NHL träumen viele Jugendliche in Kanada. Kyle Beach aus Vancouver war als 20-Jähriger knapp davor, ihn zu leben, als er im Jahr 2010 bei den Chicago Blackhawks aus der zweiten Mannschaft zum NHL-Team befördert wurde, um dort als Trainingsgast  zu lernen. „Das war ein spezieller Moment für mich. Ein paar Wochen später wurden diese Gedanken ruiniert und mein Leben hat sich für immer verändert“, erinnert sich der heute 31-jährige Eishockey-Profi.

Beach wurde sexuell missbraucht. Brad Aldrich, der Video-Coach des NHL-Teams, hatte ihn mit einem Baseballschläger bedroht, gewaltsam geküsst, Oralsex an ihm verübt und gesagt: „Du wirst nie in der NHL spielen, wenn das irgendjemand erfährt.“ So steht es in den Unterlagen der Ermittlungen, im Zuge derer 139 Zeugen befragt wurden.

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Kyle Beach hat 2010 nicht geschwiegen. Er hat den Vorfall im Verein gemeldet und um Hilfe gebeten. Erhört wurde er nicht. Die gesamte sportliche Führung sah sich mit dem Hilferuf konfrontiert. Nachgegangen ist man ihm nicht. Im Gegenteil. Die Blackhawks sollten kurz darauf in der Finalserie der NHL gegen Tampa Bay antreten. Ein Vorfall wie dieser hätte den sportlichen Erfolg des Klubs massiv bedroht, dachten die Verantwortlichen. 

Vereins-Triumph

Wenig später musste Kyle Beach mitansehen, wie all jene Herren den Stanley Cup in die Höhe stemmten. Auch Brad Aldrich. Und wie es Tradition ist in der NHL, wurde auch dessen Name in den riesigen Pokal eingraviert. „In diesem Moment wurde mir schlecht und ich hatte das Gefühl, nichts wert zu sein. Und dass er im Recht und ich im Unrecht sei.“ Heute weiß er: „Es geht bei dieser Sache nicht um mich. Das alles ist viel größer als Kyle Beach.“

In der Tat. Denn Brad Aldrich durfte weitermachen. Nicht nur als Video-Coach. Ehe sein Dienstverhältnis in Chicago aufgelöst wurde, missbrauchte er laut Ermittlungsbericht einen 22-jährigen Praktikanten. Jobs fand Aldrich immer wieder. Etwa beim US-Verband bei College- und Highschool-Teams. Drei Jahre später, nach einem Sexualdelikt mit einem 16-jährigen Nachwuchsspieler, wurde er verhaftet.

Das damalige Opfer verklagt nun die Chicago Blackhawks. „Es macht mich krank, das Gefühl zu haben, dass ich vielleicht mehr hätte tun können, um ihn zu schützen“, macht sich Kyle Beach nun Vorwürfe, nicht früher laut gewesen zu sein. „Zugleich muss ich ihm danken. Erst durch Bekanntwerden seines Falles habe ich die Kraft aufgebracht, Hilfe zu suchen.“

All die Jahre hatte ihn der Vorfall innerlich zerfressen. Sportliche Höchstleistungen? Nicht möglich. Beach spielte in unteren US-Ligen, in Österreich, in der Slowakei und heute in der dritten deutschen Liga. In die NHL geschafft hat er es nie trotz des augenscheinlichen Potenzials als Erstrunden-Pick im NHL-Draft.

Rücktritte

Stets hochbezahlt im Eishockey-Traumland waren bis zuletzt jene, die damals weggeschaut haben. Wie etwa Joel Quenneville, damals Headcoach der Blackhawks. Erst am Donnerstag trat der 63-Jährige von seinem Job als Coach der Florida Panthers zurück. Tags zuvor tat dies Chicagos General Manager Stan Bowman.

Kyle Beach arbeitet indes nicht nur an seiner eigenen Rehabilitation. „Es gibt Millionen von Menschen, die von sexuellen Übergriffen betroffen sind. Ich hoffe, dass ich ihnen die Kraft dazu geben kann, den Mund aufzumachen, damit wir diese Welt zu einem sicheren Ort machen können.“

Die Blackhawks, so Beach, würden trotz öffentlicher Entschuldigungen versuchen, seinen Fall vor Gericht zu zerschmettern. Für ihn ist klar: "Mein Kampf hat erst begonnen."

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