"Heute ist mein erster Tag in Europa", sagt Mikaela Shiffrin am Donnerstagnachmittag beim traditionellen Medientag ihres Ausrüsters Atomic in Altenmarkt, und da drängt sich eine Frage auf.
Wie war Ihr Kaffee?
Oh, gut war er (lacht). Normalerweise trinke ich ja keinen, aber wenn ich wie im August im Trainingslager in Saas Fee um vier Uhr in der Früh aufstehen muss, dann geht es nicht ohne. Und heute spüre ich noch ein wenig den Jetlag. Also Kaffee.
Nach dem so schwierigen Sommer 2020 haben Sie heuer wieder mehr Zeit für das Basistraining im Sommer gehabt. Wo stehen Sie?
Das ist schwer zu vergleichen mit der Vergangenheit. Aber ich fühle mich stärker und stabiler in der ganzen Bewegung. Ich konnte wieder Feuer ins Work-out bringen und habe acht, neun Wochen in der Kraftkammer verbracht. Letztes Jahr musste ich viele Dinge erledigen, die ich nie zuvor gemacht hatte. Heuer hatte der Sport wieder Priorität, und die Athletin in mir fühlt sich wieder viel besser.
Angesichts der Umstände waren Sie ohne Erwartungen in den letzten Winter gegangen. Bei der WM in Cortina haben Sie dann in vier Rennen vier Medaillen geholt.
Das ist das Problem mit den Erwartungen: Du kannst immer auf mehr hoffen, aber du kannst dich nicht auf deine Vergangenheit und deine Geschichte allein verlassen. Ich wusste nicht, ob ich jemals wieder ein Rennen gewinnen würde, dann musste ich den Saisonstart in Sölden auch noch wegen Rückenproblemen auslassen. Es war schwierig, das alles geordnet zu bekommen. Und dann wurde es doch eine spektakuläre Saison. Ich habe immer noch Tage, an denen ich kämpfen muss. Aber es gibt immer mehr Momente voller Motivation, Freude und Vorfreude.
Was zu einem Gutteil auch an der Zeit mit Aleksander Aamodt Kilde liegt. Haben Sie ihm eigentlich schon Gitarrenstunden gegeben?
Er kann ein Lied der Band Green Day spielen, aber nicht viel mehr (lacht). Ich habe ihm sogar meine kleine Gitarre gegeben, die ich sonst immer dabei habe, wenn ich auf Reisen bin. Aber er kommt halt nicht oft zum Üben, das Training für den Winter geht vor. Gerade auch, weil er ja den Aufbau nach seinem Kreuzbandriss zu absolvieren hatte.
Er hat eine Wohnung in Innsbruck. Wäre das auch für Sie eine Möglichkeit, sich ein fixes Winterquartier in Mitteleuropa zuzulegen?
Ich habe darüber nachgedacht. Aber ich finde es besser, wenn ich nicht so gebunden bin. So kann ich in der Nähe der Rennorte trainieren und dorthin gehen, wo die Bedingungen am besten sind. Außerdem haben wir einige Hotels, wo wir mittlerweile fast schon zur Familie gehören. Dort können wir Wäsche waschen, sie tun so viel für uns. Das müssten sie nicht, es ist unglaublich – wie ein zweites Zuhause.
Das Reisen, ein Fluch im alpinen Skizirkus?
Ich reise gern, aber es ist frustrierend, wie wir reisen. Wir lernen die Orte nicht kennen, es ist nur Training, Rennen, Hotel, Essen. Ich würde lieber einmal abends um zehn in das nette Restaurant gehen, das uns die Einheimischen so empfohlen haben. Die Kultur kennenlernen, die Art, wie die Menschen leben, wie dort gekocht wird. Aber das ist dann eher etwas für Zeit neben der Saison oder nach der Karriere.
Katharina Liensberger hat Sie als Slalom-Weltmeisterin abgelöst – nach acht Jahren im Amt. Wo hat sie Vorteile Ihnen gegenüber?
Sie war die Stabilste über die gesamte Saison gesehen. Sie hat eine richtig gute Balance, sie ist schnell und scheut sich nicht, ans Limit zu gehen. Und: Sie macht nie einen Fehler, der sie Tempo kostet – es ist das perfekte Paket.
Während Sie ja vor allem am Start – sagen wir – noch Potenzial für mehr haben.
Oh, am Anfang meiner Karriere war ich noch viel verschlafener (lacht). Aber es stimmt schon. Und ich arbeite ja auch daran. Ich will halt in den Groove kommen und erst meinen Rhythmus finden, das geht für mich nur schwer beim ersten Schwung. Aber ich schaue mir natürlich die anderen an.
Alles bereit für den Saisonstart in Sölden in zwei Wochen also?
Ich fühle mich nicht bereit für Sölden, aber das geht wohl allen so. Aber ich spüre die Anspannung steigen.
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