Das Warten auf ein Lockdown-Ende und die Erinnerungen an Putin

Karl Schranz mit Wladimir Putin
Winheims Tagebuch: Vor zwanzig Jahren erstrahlte St. Anton im WM-Glanz, nun hofft Hausherr Karl Schranz auf den Februar.

Normalerweise wäre im Vier-Sterne-Hotel „Karl Schranz“ nur noch eine Badewann’ frei. Bis zu drei Mal, sagt der Hausherr und Ex-Weltmeister, hätten Stammgäste bei ihm in St. Anton schon die Skiferien verschoben. Folgsam ließ sich Karl Schranz auf Covid testen, damit er an diesem Wochenende als einer der wenigen Privilegierten den rasenden jungen Damen aus nächster Nähe auf die Skier schauen darf.

St. Anton am Arlberg, das Medien 1972, als Japan-Heimkehrer Schranz von hunderttausend Wienern nach dem Olympia-Ausschluss wie ein zum Volksheld aufgestiegener Märtyrer empfangen worden war, zwischenzeitlich zum Sankt Karl umgetauft hatten, wirkt aktuell wie ausgestorben. Trotz Wetterhoch keine Spur von Hochsaison.

Die Züge, die gezählte 94 Mal täglich zum Schließen des Bahnschrankens im St. Antoner Zentrum gezwungen hatten, stören längst nicht mehr. Eigens wegen der Ski-WM, die auch dank des Lobbyings von Schranz den Arlbergern zugesprochen worden war, erfolgte die Verlegung der Bahntrasse außerhalb des Ortes: 20 Jahre sind her ...

seit St. Anton WM-Ort war;
seit WM-Ehrengast Wladimir Putin und Schranz die Securitys beim gemeinsamen Ski-Fahren überforderten;
seit die Niederösterreicherin Michaela Dorfmeister (heute Präsidiumsmitglied des SK Rapid) die WM-Abfahrt 2001 gewann;
seit der Oberösterreicher Hannes Trinkl (heute als FIS-Weltcup-Direktor der Verantwortliche für Herren-Speedrennen) in St. Anton Abfahrtsweltmeister wurde;
seit der Tiroler Mario Matt (heute Pferdezüchter und Barbesitzer) die erste seiner drei Slalom-Goldenen gewann.

Hoffnung des Hoteliers

Das in virusfreien Zeiten einer Goldgruabn gleichende Après-Ski-Treff Krazy Kanguruh „sperrt der Mario in dieser Saison gar nicht mehr auf“, weiß Schranz, während er, der Hotelier-Senior und Vater dreier Töchter, mit Gattin Evelyne noch auf den 17. Jänner als Lockdown-Ende hofft.

Dass Schranz einmal ein Schlagerl gestreift hat, ist dem Altmeister nicht anzumerken. Auch dass er im März corona-positiv war, löste keine negativen Langzeitfolgen aus.

Obwohl bereits 82, fährt der Herr Karl vom Arlberg noch alle Hänge unfallfrei ab. Darunter auch die nach ihm benannte Abfahrtsstrecke, die bei der WM 2001 noch den Herren vorbehalten gewesen war.

Der Altmeister vor dem Rennen lakonisch über die Piste: „schwer.“ Tatsächlich warf die „Karl Schranz“ dann sieben Damen ab. Wegen der Schweizerin Juliana Suter stieg der Rettungshubschrauber auf. So wie auch eine Stunde davor beim Herren-Riesenslalom im Schweizer Adelboden – wegen des Amerikaners Tommy Ford (Video unten).

Allein innerhalb der letzten drei Tage sind mit Ford, Mauro Caviezel, Lucas Braathen und Atle Lie McGrath vier Weltcup-Fahrer im Spital gelandet.

Material und (Kunstschnee)-Pisten verzeihen keine Fehler im modernen Skirennlauf. Weshalb die Ärzte trotz viel, viel besserer Sicherheitsmaßnahmen nicht weniger Arbeit haben als vor 50 Jahren, als Schranz und Co. noch an Holzzäunen vorbeigedriftet waren. Und die Erstversorgung oft nur aus einem Jaga-Tee bestand.

Kommentare