Große Show von Bode Miller

Nach seinem Zauberlauf ist Bode Miller Favorit für die Abfahrt.

Bode, Bode“, riefen Damen, die teils doppelt so alt sind wie er und streckten dem US-Amerikaner Kugelschreiber und Schreibblock entgegen. Immer noch ist Bode Miller Kultobjekt in den Alpen. Immer noch kann er schneller sein als die Konkurrenz. Und das, obwohl er ein Jahr pausiert hatte.

Dass die Bedingungen ein Abfahrtstraining zuließen, war gestern früh schon Überraschung genug. Dass Oldie Miller dann die Streif-Konkurrenz dermaßen alt aussehen lassen würde, damit hatte erst recht niemand gerechnet. Oder doch?

Weltcup-Spitzenreiter Aksel Lund Svindal verriet dem zum Zielraum-Reporter umfunktionierten Ö3-Mikro-Mann Tom Walek so, dass es alle Zuschauer auf der schon gut besetzten Tribüne hörten: „Bode hat mir schon am Lauberhorn erklärt, dass er es satt hat, in Kitzbühel immer nur Zweiter zu werden.“

Deklassiert

Beim ersten Kitzbühel-Training wurde Svindal Zweiter. Mit einem Respektabstand von 0,96 Sekunden = 27,07 Meter. Den drittplatzierten Hannes Reichelt trennten gar 2,35 Sekunden (65,54 Meter) vom US-Amerikaner.

Reichelt reagierte auf Millers Kampfansage gelassen. Zumal er weiß, dass er noch Reserven hat. Christof Innerhofer indes sprach von einer „Killerlinie“: „Ich frage mich, ob Bode verrückt ist.“

Der „Verrückte“ gibt sich als Mister Cool, Er sieht seine Tüftelei am Material belohnt. Mit dem ehemaligen Head-Servicemann von Kitz-Mehrfachsieger Didier Cuche habe er wochenlang am richtigen Setup speziell für Kitzbühel gebastelt.

Miller lag schon bei der Steilhang-Ausfahrt, also vor den Gleitpassagen, klar voran. Er hatte den technisch anspruchsvollen oberen Streckenabschnitt dermaßen perfekt gemeistert, dass er bei der Umleitung über den Ganslernhang uneinholbar war.

Am Nachmittag fiel die Entscheidung, dass das morgige Rennen definitiv nicht über den Hausberg geführt werden kann, worüber tagsüber noch spekuliert worden war. „Der Schnee am Hausberg ist tot. Wir fahren eine Abfahrt, aber wir werden sie so sicher machen wie möglich“, erklärte Renndirektor Günter Hujara.

Die meisten der 62 Starter empfanden die Streif auch ohne Hausberg als schwer genug (Max Franz: „So eine eisige Piste hatten wir in dem Winter noch nie.“). Um diesen Eindruck auch den Fernsehzuschauern zu vermitteln, wurden prominente Rennpensionisten wie Daron Rahlves (Kitz-Sieger 2003), Marco Büchel (Super-G-Sieger 2008 und Hans Knauß (Kitz-Sieger 1999) mit Kameras bepackt über die Streif geschickt.

Zum ersten Mal wird in Kitzbühel von den Kurzski-Akrobaten schon an einem Freitag und – im zweiten Durchgang – bei Flutlicht gecarvt. Für ehemalige Kitzbühel-Sieger kann die Ausgangsposition unterschiedlicher nicht sein. Vorjahressieger Marcel Hirscher freut sich über seine Startnummer 1 und die Vorverlegung die Vorverlegung: „Denn damit kommen auch wir Slalomfahrer zu einer tollen Siegerehrung.“ Bisher wurden Siegerehrungen am Sonntag stets erst dann, wenn alle rasch einem Verkehrschaos entkommen wollten, im Schnellsiedeverfahren abgewickelt.

Bayerns Ski-Liebling Felix Neureuther, der am Tag genau vor vier Jahren auf dem Ganslernhang seinen ersten Weltcupsieg feierte, fühlt sich bei Flutlicht besonders wohl. „Ich kann fast mit g’schlossenen Augen fahren“, sagt Neureuther, von seinem Gedächtnis schwärmend. Ihm falle es unheimlich leicht, sich Schlüsselkombinationen genau zu merken.

Manfred Pranger (Kitz-Sieger 2005) kämpft heute um seine letzte (Olympia-) Chance: Nur eine Top-Platzierung könnte ihn noch nach Sotschi bringen. Andernfalls steht Österreichs olympisches Slalom-Quartett mit Hirscher, Mario Matt (der im Jahr 2000 mit Nummer 46 triumphierte), Benjamin Raich (Kitz-Sieger 2001) und Reinfried Herbst fest.

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