Es ist das Hochamt der Slalom-Saison: Am Dienstagabend wird in Schladming wieder das Nightrace ausgetragen (17.45/20.45 Uhr/live ORF1), bereits zum 25. Mal steht das traditionelle Spektakel auf dem Fahrplan. Anders als bei der Premiere der Frauen unter steirischem Flutlicht sind nun 1.000 Zuschauer auf zugewiesenen Plätzen zugelassen, im Vergleich zur üblichen Kulisse von bis zu 50.000 Fans wird es wohl dennoch eher kein Skifest.
Wobei sich Henrik Kristoffersen durchaus eine Feier vorstellen kann: Der in diesem Winter im Stangenwald noch sieglose Norweger ist gemeinsam mit dem Tiroler Benjamin Raich der Rekordsieger am Fuße der Planai, jeweils vier Erfolge hat das Duo in Schladming bislang geholt.
Die laufende Saison ist in Sachen Slalom die bislang abwechslungsreichste: In fünf Bewerben gab es fünf verschiedene Gewinner, und mit Johannes Strolz auch einen Österreicher. 13 Läufer durften aufs Siegerpodest, darunter zwei Österreicher.
In den acht Abfahrten gab es sechs Sieger (12 auf dem Podest/4 Österreicher). Geradezu eintönig ist die Saison hingegen in den übrigen Disziplinen: Die fünf Super-Gs schnapsten sich der Norweger Aleksander Aamodt Kilde (3 Siege) und der Schweizer Marco Odermatt (2) aus, sieben Herren standen auf dem Stockerl, darunter drei Österreicher. Und von fünf Riesenslaloms gewann Odermatt vier und Kristoffersen einen, acht Herrschaften kamen aufs Podest, zwei von ihnen trugen Rot-Weiß-Rot.
Mit dabei ist heute auch Manuel Feller, der nach seinem negativen Test am Montag von der Behörde aus der Isolation entlassen wurde und mit Startnummer eins ins das Nightrace gehen wird.
Der Slalom in Schladming verspricht jedenfalls Spannung pur. Der KURIER hat die bisherigen fünf Saisonsieger unter die Lupe genommen. Kann einer von ihnen auch das Nachtrennen für sich entscheiden?
Clément Noël: Der fragile Künstler
Mit dem Sieg bei seinem Heimrennen erfüllte sich der 24-Jährige einen Bubentraum: Der Elsässer, der für den Club des Sports von Val d’Isère startet, gewann erstmals den Slalom an der Face de Bellevarde und feierte seinen neunten Erfolg im Weltcup im ganz großen Stil und mit Tränen in den Augen. Es war freilich auch der bislang letzte für den 1,91-Meter-Mann, der zwar den schnellsten Schwung im gesamten Feld fahren kann, wie Marcel Hirscher schon vor Jahren festgestellt hat.
Allein: Das Nervenkostüm des Mannes aus dem 832-Einwohner-Dorf Ventron in den Vogesen ist sehr zerbrechlich. In Madonna di Campiglio warf er den sicher scheinenden Sieg durch einen Ausfall im Finale weg, in Adelboden scheiterte er im ersten Durchgang, in Wengen versuchte er es vorsichtiger und wurde Achter. In Kitzbühel schließlich fiel Clément Noël zuletzt von Halbzeitrang zwei auf Platz 15 zurück.
Sebastian Foss-Solevåg: Der Weltmeister mit dem eigenen Stil
Der 30-Jährige aus der 12.476-Einwohner-Gemeinde Spjelkavik vor den Toren von Ålesund in Westnorwegen ist Skiklubkollege der Løseth-Schwestern Lene, Mona und Nina und seit knapp einem Jahr Slalom-Weltmeister. Es ist eine kurze Erfolgsbilanz mit langem Anlauf: Sein Weltcup-Debüt gab Foss-Solevåg im November 2013, als er in Levi mit Startnummer 55 Neunter wurde.
Doch es sollte bis 2015 dauern, bis er in Zagreb erstmals auf dem Podium landete, und nach Platz drei in St. Moritz ein Jahr später folgte eine lange Durststrecke. Erst im Dezember 2020 durfte der 1,82-Meter-Mann in Madonna di Campiglio wieder zur Siegerehrung. Seitdem ging es rund: Siegpremiere in Flachau, WM-Gold und im vergangenen Dezember der zweite Karriere-Erfolg in Madonna. 2021 war Sebastian Foss-Solevåg, der stets mit aufrechtem Oberkörper fährt, in Schladming Vierter.
Johannes Strolz: Der Selbermacher mit Engelsgeduld
29 Jahre alt musste der Vorarlberger werden, um endlich in diesen Rausch der Gefühle eintauchen zu können, der Weltcupsieger im Zielkessel von Adelboden verschlingt. Das Versprechen der Bronzemedaille im Super-G der Junioren-WM 2012 im italienischen Roccaraso konnte der Sohn von Kombi-Olympiasieger Hubert Strolz nie einlösen.
Doch der Polizeisportler bewies ungeheure Ausdauer und Liebe zum Sport. Der 1,86 Meter große Warther, der seine Skier selbst präpariert und schon aus allen ÖSV-Kadern geflogen war, feierte im Slalom am 9. Jänner seinen ersten Weltcupsieg und empfahl sich damit für Einsätze bei Olympia in China. Eigens dafür schnallte er zuletzt die langen Skier an, um im Europacup Abfahrtspunkte für die olympische Kombination zu sammeln. Sein Ausfall in Adelboden sollte ein Ausrutscher bleiben, wie Strolz als Fünfter in Kitzbühel zeigte.
Lucas Pinheiro Braathen: Der Jungstar
Er war die Sensation des Riesenslaloms von Sölden im Oktober 2020: Mit gerade einmal 20 Jahren feierte der Sohn eines Norwegers und einer Brasilianerin den ersten Weltcupsieg. Doch der Höhenflug des 1,83-Meter-Hüne aus Hokksund 50 Kilometer westlich von Oslo wurde nicht einmal drei Monate später beim Riesenslalom in Adelboden jäh gestoppt. Zwar kam Braathen auf den siebenten Rang, doch er stürzte im Ziel schwer und trug einen Seitenbandriss davon – Saisonende.
Gerade rechtzeitig vor Olympia ist der 21-Jährige nun wieder in Hochform, wie er in Wengen zeigte: Als 29. des ersten Laufes düste Braathen zum Sieg (Weltrekord), seinem ersten im Slalom. Und in Kitzbühel legte er am vergangenen Samstag den zweiten Rang nach, noch vor seinem Landmann Henrik Kristoffersen. Allerdings mit 38 Hundertstelsekunden Respektabstand auf ...
Dave Ryding: Der Rocket Man ohne Ablaufdatum
Am 21. Dezember 2009 war’s, als sich ein Brite beim Slalom von Alta Badia vorstellte. Dave Ryding, in Bretherton im Umland von Liverpool aufgewachsen und den Großteil seiner frühen Skikarriere auf einer 130 Meter langen Piste mit Plastikmatten unterwegs, holte drei Jahre später erstmals Weltcuppunkte – und brachte danach drei Jahre lang kein Ergebnis mehr zusammen.
2016 landete der 1,80 Meter großen Brite dann erstmals in den Top Ten – Sechster in Levi. Seither ist Rocket Ryding, wie sie den 35-Jährigen nennen, Stammgast in den Ergebnislisten. Zuweilen gelingt der Sprung aufs Stockerl, so als Zweiter in Kitzbühel 2017 hinter Marcel Hirscher und im heurigen Jänner als Dritter in Adelboden (hinter Johannes Strolz und dem Deutschen Linus Straßer). Es wird spannend zu sehen, was der Erfolg am Samstag in Kitzbühel mit dem „Old Dog“ (Ryding über Ryding) macht.
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