Österreichs neuer Weg: Mit System zum Erfolg
Der österreichische Eishockey-Verband will mit einem Projekt für Nachwuchsentwicklung und Trainerausbildung, für das vorerst 560.000 Euro jährlich zur Verfügung stehen, langfristig die Basis für eine erfolgreiche Zukunft legen. Mit der Auswahl der Gegenwart feilt Teamchef Manny Viveiros seit zwei Jahren am Spielsystem. Ob die beste rot-weiß-rote WM-Leistung seit Prag 2004 auch zum ersten Klassenerhalt seit neun Jahren führt, entschied sich frühestens am Montagabend.
Viveiros hat bei der Spielerauswahl keinen großen Schnitt gemacht, dennoch präsentiert sich das Team 2013 besser als in den Jahren davor. Bei der Frage nach dem Warum muss der 46-Jährige nicht lange nachdenken: "Die Einstellung. Du kannst eine Mannschaft mit 25 Top-Spielern haben, wenn sie keine Team sind, bringt das nichts", hob er hervor.
Defensives System
Die positive Einstellung, den Teamgeist und den Glauben an die eigenen Stärken formte er in ein defensives System, mit dem die Österreicher in fünf der sechs Spielen einen Punkt oder einen Sieg in Griffweite hatten. Lediglich die Auswahl von WM-Gastgeber Finnland zeigte bisher die Kluft zur absoluten Weltklasse auf.
"Wenn wir 1-gegen-1 spielen, dann haben wir keine Chance, die Gegner sind zu stark", gestand Viveiros. "Für uns ist wichtig, dass wir jedes Jahr das gleiche System haben. Wir haben Varianten im Aufbau, Forecheck, Penalty-Killing, aber das Defensivsystem muss konstant sein. Wenn man die Stürmer der Gegner sieht, sie sind groß und stark, müssen wir kompakt vor dem Tor sein", erklärte er.
Das soll auch helfen, die wenige Zeit mit den Teamspielern optimal zu nützen, wissen sie doch schon vor der nächsten Zusammenkunft, was gefragt ist. Passivität im Spiel soll das aber nicht beinhalten. "Wir haben viele Chancen durch aggressives Forechecking erhalten, aber wir müssen die Balance halten", betonte Viveiros.
Mehr Nachwuchs gefordert
Diese Grundstruktur will er auch auf die U18- und U20-Auswahlen, die in der dritten bzw. zweiten Leistungsstufe spielen, anwenden. Auch wenn derzeit kein Teenager auf dem Sprung ins A-Team ist, wie Viveiros bestätigt. Martin Schumnig und Raphael Herburger sind 23 und die jüngsten im aktuellen Team. "Wir wissen, dass wir mehr und besser ausgebildete junge Spieler produzieren müssen", wird Viveiros nicht müde zu fordern und nahm einmal mehr Frankreich zum Vorbild. Dort gibt es ca. 9.000 Nachwuchsspieler, in Österreich 2.300.
Abgerundet soll die Suche nach österreichischen Talenten durch ein breites Scouting auch im Ausland sein. So wurde man in der Schweiz auf einen Spieler aufmerksam, der den Schweizer und den österreichischen Pass besitzt und noch nicht für die Eidgenossen gespielt hat. Gefragt sind vor allem Mittelstürmer und Verteidiger, Positionen, die aktuell und in naher Zukunft dünn besetzt sind.
Eine Verstärkung wird es ab September geben, wenn der in Linz spielende Brian Lebler, Sohn des ehemaligen austro-kanadischen Stürmerstars Ed Lebler, für Österreich spielberechtigt ist. Der 24-jährige war mit 33 Toren drittbester Torschütze der EBEL - und lag weit vor den besten heimischen Torschützen. Marco Pewal erzielte 20 Tore (Rang 21), mit 18 Treffern (Rang 31) folgen mit Matthias Iberer und Markus Peintner die ersten aktuellen Teamspieler.
Stürmer fehlen
Kein Zufall also, dass die mangelnde Chancenauswertung trotz Thomas Vanek Österreich bei der WM bis zuletzt zittern ließ. "Andere Länder haben mehr Qualität beim Toreschießen. Wir haben zwei, drei richtige Torjäger, die anderen sind gute Zwei-Weg-Stürmer, das ist auch okay", weiß Viveiros. Das Fehlen von Stürmern wie Michael Grabner (NHL-Play-off), Andreas Nödl, Oliver Setzinger und Thomas Raffl (verletzt bzw. nicht ganz fit) fällt dann noch schwerer ins Gewicht.
Dennoch war der Teamchef mit den Leistungen zufrieden. "Wir haben mehr verdient. Es gibt Mannschaften, die haben vielleicht mehr Punkte als wir, aber nicht besser gespielt. Ich bin stolz auf die Burschen", sagte er. Und trauert den zu vielen Defensivfehlern (v.a. gegen USA und Frankreich) und der zu geringen Effizienz vor dem Tor (v.a. gegen Frankreich und Deutschland) nach. "Wir hatten in fünf von sechs Partien eine realistische Chance auf einen Sieg. Wir hätten auch das Viertelfinale erreichen können", meinte Viveiros. Hört sich für eine Mannschaft im Abstiegskampf realitätsfern an, ist es aber nicht.
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