Das Dilemma der ÖSV-Herren: Ein Sieg reicht nicht für ein Olympiaticket

Christian Hirschbühl gewann den Parallelbewerb in Zürs. Für ein Olympia-Ticket braucht der Vorarlberger noch eine Bestätigung im Slalom.
Cheftrainer Andreas Puelacher darf elf Männer für Peking nominieren. Sein Luxusproblem: Er hat zu viele Kandidaten für zu wenig Plätze.

Andreas Puelacher muss sich gerade fast ein bisschen wie ein Fußballtrainer vorkommen. Denn der Chef der österreichischen Ski-Herren hat die verantwortungsvolle Aufgabe, eine Elf für die Winterspiele in Peking zusammenzustellen. Mehr Plätze hat er nicht zu vergeben, seit das Internationale Olympische Komitee die Quote im Sinne der Gleichberechtigung klar festgelegt hat: Elf Frauen und elf Männer.

Herren-Chef Andreas Puelacher sieht sich deshalb mit einer Herausforderung konfrontiert, die man auch als Luxusproblem bezeichnen kann: Er hat in seinem Team viel zu viele Kandidaten für viel zu wenige Startplätze. „Es wird extrem eng“, weiß der Tiroler.

Das Dilemma der ÖSV-Herren: Ein Sieg reicht nicht für ein Olympiaticket

ÖSV-Herrencheftrainer Andreas Puelacher hat die Qual der Wahl

Leistungsdichte

Der Sieg von Johannes Strolz im Slalom von Adelboden hat die Aufgabe nicht leichter gemacht. Der 29-jährige Vorarlberger war bereits der neunte Athlet, der es in dieser Saison auf das Stockerl geschafft hat – die größte Leistungsdichte innerhalb des Herrenteams in den letzten zehn Jahren. „Mir ist es definitiv so lieber, als ich muss erst einmal nach Läufern suchen, die für Olympia in Frage kommen“, sagt Andreas Puelacher.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass der ÖSV den einen oder anderen Spitzenläufer oder Medaillenanwärter daheim lassen wird. Cheftrainer Puelacher muss bei der Zusammenstellung des elfköpfigen Teams nämlich vor allem sehr strategisch planen, da bei Olympia auch Medaillen in der Alpinen Kombination und im Teambewerb im Parallelformat vergeben werden. Die erste Disziplin scheint mittlerweile gar nicht mehr im Weltcupprogramm auf, das einzige Parallelrennen des Winters fand im November statt.

Um mit elf Läufern sechs Bewerbe besetzen zu können, ist laut Puelacher vor allem ein Typ Skifahrer gefragt: „Allrounder, die in mehreren Disziplinen starten.“

Die gibt es im Herrenteam mit Matthias Mayer und Vincent Kriechmayr, die neben der Abfahrt und im Super-G auch in der Kombination ein Thema sind. Auch Marco Schwarz ist einer, der etliche Disziplinen (Slalom, Riesentorlauf, Kombination, Team) abdeckt. Manuel Feller war in dieser Saison schon in beiden technischen Disziplinen auf dem Podest, der Kärntner Max Franz hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er in Abfahrt und Super-G gewinnen kann.

SKI WM 2021 IN CORTINA: ALPINE KOMBINATION HERREN: SCHWARZ (AUT)

Marco Schwarz ist der Allrounder schlechthin im ÖSV-Team. 2021 wurde der Kärntner in Cortina Weltmeister in der Kombination

Spezialistentum

All die anderen Kandidaten, die sich für Olympia aufdrängen, haben indes durch die Bank nur eine starke Disziplin: Während Otmar Striedinger, der Zweite in der Abfahrt von Gröden, zuletzt im Super-G nicht einmal mehr am Start war, fährt Raphael Haaser, Zweiter im Super-G von Bormio, nicht Abfahrt.

Daniel Hemetsberger empfiehlt sich mit zwei Platzierungen in den Top 8 für einen Abfahrtseinsatz, ist heuer im Super-G aber noch ohne Weltcuppunkt. Stefan Brennsteiner und Patrick Feurstein wiederum sind reine Riesentorlauf-Spezialisten.

Auch Sensationssieger Johannes Strolz ist eigentlich nur im Slalom daheim, doch mit dem 29-Jährigen verfolgt der ÖSV noch andere Pläne. So startet der Vorarlberger – wie auch Marco Schwarz – diese Woche bei den Europacup-Abfahrten in Tarvis, um die FIS-Punkte zu sammeln, die für einen Kombi-Einsatz bei Olympia notwendig sind.

FIS Alpine Skiing World Cup in Adelboden

Johannes Strolz löste mit seinem Slalom-Sieg in Adelboden das Olympiaticket

Damoklesschwert

Was den Teambewerb betrifft, verfolgt Andreas Puelacher eine harte Linie. Die Plätze 1 und 2 durch Christian Hirschbühl und Dominik Raschner beim Parallelrennen in Zürs reichen allein nicht für ein Olympiaticket. „Ich werde sicher nicht jemanden nur für den Teambewerb mitnehmen“, stellt der Coach klar.

Aber ohnehin will sich Puelacher nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. „Wir haben noch Rennen vor uns, da kann einiges passieren. Wer hätte gedacht, dass Johannes Strolz ein Rennen gewinnt?“

Und dann ist ja da auch noch das Damoklesschwert namens Coronavirus, das alle Pläne durchkreuzen kann. Das kriegt Andreas Puelacher gerade in Wengen zu spüren. Vincent Kriechmayr verpasste das erste Training zur Lauberhornabfahrt, weil er nach einer Corona-Infektion keinen negativen PCR-Test abgeben konnte.

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