Corona zum Trotz: Die Chinesen kommen

Kunstschnee von gestern: Die Pistenhelfer sind bis auf weiteres vom Olympia-Berg verschwunden.
"Tagebuch": Chinas steirischer Cheftrainer impft seinen Schützlingen den Ski-Virus ein.

Nach der seuchenbedingten Absage der chinesischen Olympiatests bleibt die Abfahrts-Weltelite in Europa. Chinesische Staatsamateure befinden sich indes im Anflug auf Ski-Österreich. Tickets für elf Athleten (sieben männlich, vier weiblich) plus acht Betreuer sind für 22. 2. bereits gebucht. Weiß der Steirer Willi Zechner, 54. Der frühere Weltcup-Abfahrer ist Cheftrainer von Chinas Skiteam und überzeugt, dass er seine Schützlinge in Österreich begrüßen kann.

Für (Frühjahrs-)FIS-Rennen wird Zechner seine Läufer, die er im Sommer schon in Chile trainiert hatte, vorrangig auf der Reiteralm vorbereiten. Dort, wo sich Marcel Hirscher meist den letzten Feinschliff geholt hatte. Angst vor einem Kontakt mit seinen Läufern müsste hierzulande niemand haben, versichert Zechner. Täglich gab und gibt es Gesundheitstest. Auch seien die chinesischen Olympia-Kandidaten in China ohnehin stets abgeschirmt von Touristen gewesen.

Zechner selbst durfte am 3.Februar nur mit Glück (und diplomatischem Geschick des Konsuls) China verlassen, zumal sich der Pass des Steirers noch bei den chinesischen Behörden befunden hatte.

Corona zum Trotz: Die Chinesen kommen

Zuversichtlich: Chinas steirischer Alpinchef Willi Zechner

Geisterpiste

Obwohl fast 1300 Kilometer vom Corona-Epizentrum Wuhan entfernt, gleicht selbst Yanging, das 2022 Olympiaschauplatz der Alpinen sein wird, einer Geisterregion. Die selektive Abfahrtspiste („Nur zehn Sekunden geht’s flacher dahin“) war schon fix und fertig für den Olympiatest. 138 Schneekanonen haben im kargen, meist bitterkalten Gelände inzwischen zu Feuern aufgehört, alle Arbeiter sich auf Befehl von oben in Containern verkrochen.

Auch der Bau einer gigantischen (90.000 Quadratmeter großen) Skihalle in Shanghai wurde gestoppt. Shanghais Fußballmillionäre (samt Marko Arnautovic) warten in Dubai Ball bei Fuß.

Anfänger oder Skilehrer?

Im chinesischen hohen Nordosten galt der Olympiaberg (was nichts mit Corona zu tun hatte) schon seit langem für den Publikumsskilauf als gesperrt. Umso mehr staunte Österreichs früherer erfolgreicher Ski-Chefcoach Werner Margreiter (in seine Ära fielen der Neunfach-Triumph am Patscherkofel und Hermann Maiers Olympiasiege), als er dort bei seinem gefühlt zwanzigsten China-Aufenthalt sehr wohl Stemmbogerlfahrer herumrutschen sah. In Wahrheit, erzählt Entwicklungshelfer Margreiter, habe es sich bei den vermeintlichen Anfängern um die Teilnehmer an einer dreitägigen staatlichen Skilehrerausbildung gehandelt.

Auch empfand der Tiroler China-Experte Margreiter schon lang vor Bekanntwerden des Corona-Virus die Hoffnungen der europäischen Skiindustrie auf einen Wunderg’schäft mit China als viel zu optimistisch. „Weil für die Chinesen Skilauf ein Adrenalinsport wie für unsereinen das Bunging-Jumping ist.“ Soll heißen: Man macht’s meist nur einmal.

Spätberufene

Zechner hingegen ortete im Olympiagroßraum Thaiwoo (zu deutsch: „Tanz unter der Sonne“) schon den Silberstreif am Horizont. Ja er schwärmt von der Lernfähigkeit seiner (aus einfachsten Verhältnissen stammenden) Läufern. Und traut dem einen oder anderen zu, einen Olympiastart unfallfrei und optisch passabel zu überstehen. „Obwohl die meisten erst mit 16, 17 Jahren das erste Mal auf Skier gestanden sind.“

Konträr zu Gerüchten verlangt der Staat, so Zechner, keine olympischen Ski-Medaillen. Ziel sei es, dass in jedem Alpin-Bewerb ein Lokalmatador startfähig ist. Die vielzitierte gelbe Gefahr droht somit zumindest in sportlicher Hinsicht nicht.

wolfgang.winheim

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