Caps-Coach Pokel: "Ich passe in keine Schublade"

Pokel über die Capitals: " Wien ist einer der besten Vereine in ganz Europa."
Tom Pokel spricht im KURIER über sein Meisterstück mit Bozen und seine Aufgabe in Wien.

Die Vienna Capitals sind es gewohnt, auf Nummer sicher zu gehen. 2011 holten sie den schwedischen Meistertrainer Tommy Samuelsson. Nach der Rückkehr des Schweden in seine Heimat folgt der nächste Meistermacher: Tom Pokel kommt von EBEL-Champion Bozen. Im KURIER-Interview spricht der 46-Jährige aus der Football-Stadt Green Bay in Wisconsin über das Potenzial der Capitals, über Schubladen und das ABC.

KURIER: Was haben Sie sich gedacht, als die Capitals das erste Mal Kontakt aufgenommen haben?
Tom Pokel: Es war ein sehr gutes Gefühl. Wien ist ein starker Verein, einer der besten in ganz Europa.

Ihre Saison ist als italienischer Teamchef erst vor ein paar Tagen zu Ende gegangen. War es schwierig, nebenbei mit den Capitals zu verhandeln?
Die Verhandlungen haben erst nach dem Meistertitel begonnen. Ich habe über eine dritte Person gewusst, dass die Capitals Interesse an mir haben, aber sie wollten mich während des Play-offs nicht kontaktieren. Hochachtung, wie professionell sie sich verhalten haben.

Wie hoch war Ihr Anteil am Meistertitel von Bozen?
Ich denke, es ist ein Geben und Nehmen. Man kann das nicht ohne Spieler machen, und die Spieler nicht ohne Trainer. Letztendlich haben es die Spieler auf dem Eis gezeigt. Und sie haben es sich verdient. Ich werde mich nicht selbst loben. Aber es war eine Menge Arbeit. Alle haben sie verrichtet: Management, Trainer und Mannschaft.

Ist Tom Pokel bekannt für eine bestimmte Taktik?
Das hängt von der Mannschaft ab und wie sie sich entwickelt. In Bozen haben wir defensiv begonnen, am Ende waren wir eine sehr offensive Mannschaft. Ich passe in keine Schublade.

Sie hatten auch großen Anteil an der Spielerauswahl in Bozen. Viele kamen erst im August und trotzdem hat alles von Beginn weg funktioniert.
Von außen hat es sehr leicht ausgesehen. Wenn es auf dem Eis leicht aussieht, heißt es nicht, dass es im Training auch einfach war. Wir haben viele Wachstumsprobleme gehabt. Aber wir haben das immer rechtzeitig erkannt und reagiert. Die Mannschaft war komplett neu. Für mich war das Wichtigste der Charakter der Spieler. Gute Spieler findest du. Aber gute Spieler mit Herz, Teamgeist und einem aufrechten Charakter, sind meine Wunschkandidaten. Das war das A&O in Bozen.

Die Vienna Capitals werden auch darauf hoffen, dass Sie solche Spieler aus dem Hut zaubern...
Wir haben ja erst Mai. Im Juni gibt es eine große Welle an Spielern, die in Nordamerika keinen Vertrag bekommen. Die Capitals haben einen sehr guten Ruf. Wien ist eine Hauptstadt, hervorragende Fans, eine sehr starke Vereinsführung und eine schöne Halle. Das Potenzial und die Möglichkeiten sind da. In Bozen haben wir das Team im Juli und August gebaut. Wien hat jetzt schon 14 Spieler. Im Mai hatten wir im Bozen keinen einzigen.

Welche Erwartungen haben Sie?
Das Wort Erwartung macht für mich den Eindruck, dass es von Außen kommt. Für mich sind die Ziele wichtig. Meine Erwartung ist, dass wir alle gut zusammenarbeiten, damit wir unsere Ziele erreichen können. Wenn wir diese Schritte machen, dann können wir darüber reden, was wir erreichen können. Wir können nicht über X, Y und Z reden, wenn wir erst bei A, B und C sind.

Bei den Capitals ist mit Kapitän Benoit Gratton eine sehr starke Persönlichkeit, die sich auf die Mitspieler nicht immer positiv ausgewirkt hat. Haben Sie sich über ihn schon Gedanken gemacht?
Ich kenne ihn noch nicht. Ich werde nicht den Fehler machen, einen Spieler in eine Schublade zu stecken. Benoit ist ein guter Spieler. Es wäre inkorrekt und unfair ihn zu beurteilen, nachdem ich nicht weißt, was war.

Wie geht es in den nächsten Tagen und Wochen weiter?
Wir wollen demnächst über einige Positionen im Kader entscheiden.

Spieler wie die Lakos-Brüder und Oliver Setzinger warten auf die Entscheidung der Caps...
Ja, es geht um diese Positionen und einige andere. Auch Legionäre. Eine Kaderzusammenstellung ist wie ein Dominospiel. Wenn man den einen nimmt, kann man den anderen nicht mehr nehmen. Aufgrund der Punkteregel oder aus finanziellen Gründen. In den nächsten Tagen wird einiges entschieden.

Wie lebt der Privatmann Tom Pokel?
Meine Frau ist Deutsche, meine Kinder sind acht und elf Jahre alt. Kurioserweise spielen die beiden in Dornbirn. Unser fester Wohnsitz ist seit zehn Jahren in Vorarlberg – seit ich in Feldkirch war. Südliches, Bayern, die Schweiz, Italien und Österreich – in dieser Region mit den Bergen fühlen wir uns wohl, da wollten wir nicht mehr weg.

Das heißt in die USA geht es nur noch in den Urlaub?
Meine Mutter lebt noch, einmal im Jahr machen wir ein paar Tage Familienurlaub mit ihr. Sonst bin ich zu Hause in Vorarlberg.

Kommt Ihre Familie mit nach Wien?
Nein, meine Frau ist Flugbegleiterin. Sie und die Kinder bleiben in Vorarlberg. Seit sechs Jahren mache ich die Saison alleine. Da gibt es im Sommer etwas nachzuholen mit der Familie. Und wenn es aber los geht, dann kann ich mich 24 Stunden, sieben Tage die Woche auf Eishockey konzentrieren.

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