Aufregung um den Hirscher-Ski: Die FIS legt sich mit Red Bull an
Wer Anton Giger kennt, der weiß, dass er nichts dem Zufall überlässt. Kaum jemand kennt die FIS-Regularien so im Detail wie der studierte Mathematiker, der auch schon in seiner Ära als ÖSV-Cheftrainer und -Direktor damit aufgefallen war, stets sehr faktenbasiert zu agieren.
Also rechnete auch niemand mit einem Rückzieher, als sich Anton Giger in seiner neuen Funktion als Geschäftsführer von Van Deer-Red Bull Sports am Mittwochabend in einer Aussendung wie folgt zitieren ließ:
„Nach Rücksprache mit Experten wurden alle FIS-Regularien eingehalten.“ Aus diesem Grunde werde beim Nachtrennen in Schladming erstmals das Logo von Van Deer-Red Bull Sports auf den Skiern zu sehen sein, der Skimarke von Marcel Hirscher.
Drohbrief
Umso größer war dann die Überraschung 20 Minuten später, als Henrik Kristoffersen mit überklebtem Firmenemblem in den Riesentorlauf startete. Kurz vor dem Start war ein Anwaltsschreiben von FIS-Präsident Johan Eliasch beim jungen Ski-Unternehmen eingegangen. „Uns wurde mitgeteilt, dass unseren Läufern sofort die FIS-Rennlizenz entzogen wird, sollte das Logo zu sehen sein“, erzählt Giger.
Dieses Risiko wollte man bei Van Deer-Red Bull Sports nicht eingehen. „Wir werden es sicher nicht zulassen, dass die Athleten als Faustpfand benützt werden. Wir spielen bei diesem Spiel nicht mit, das ist nicht unser Stil“, sagt Anton Giger.
Große Verwunderung
Der Konflikt zwischen der FIS und Van Deer-Red Bull dreht sich um ein kleines Logo. Im Emblem der Skifirma von Marcel Hirscher ist nicht nur ein Hirsch zu sehen, sondern auch ein roter Bulle. Red Bull hält seit Sommer 50 Prozent an Van Deer.
Nun geht es darum, zu entscheiden, ob es sich um ein eigenständiges Produkt handelt, oder ob Red Bull versteckt auf dem Ski werben möchte. Dies wäre laut FIS-Regularien verboten: „Firmen, die typischerweise kein Equipment produzieren, (...), dürfen von der Marke des Herstellers nicht profitieren.“ (siehe Screenshot).
Bei Van Deer wird damit argumentiert, dass dieser Ski nun kommerziell erhältlich sei. „Man kann diesen Ski ganz normal in den Geschäften kaufen“, sagt Giger und betont: „Das Logo von Red Bull sieht total anders aus als der Bulle auf unserem Ski.“
Der Drohbrief von FIS-Präsident Johan Eliasch habe ihn gewundert, erklärt Giger. „Wir haben im Vorfeld mit den FIS-Verantwortlichen und Experten alle Paragrafen durchdekliniert. Es gab die einhellige Meinung, dass wir alle Regelpunkte erfüllen. Es deutet alles darauf hin, dass das eine Entscheidung des FIS-Präsidenten war.“
Tatsächlich ist Johan Eliasch bekannt für seine Alleingänge und seinen Aktionismus. Mit seiner Art der Verbandsführung macht sich der Multimilliardär, der seit 2021 der FIS vorsteht, wenig Freunde. "Ich war der Meinung, dass es dem Skisport guttun würde, wenn jemand von Außen kommt, der offen für Erneuerungen ist“, sagt der langjährige ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel. „Ich habe mich in Eliasch getäuscht."
Die Skiverbände aus Österreich, Schweiz und aus Deutschland haben die Präsidentenwahl beim Internationalen Sportgerichtshof CAS angefochten und treten aktiv gegen Eliasch auf. Und mittlerweile dürften immer mehr den Präsidenten und sein eigenwilliges Treiben durchschauen.
Nicht von ungefähr wurde rund um die Hahnenkammrennen die O.P.A., die Organisation der Alpenländer-Skiverbände, wieder aufgelebt, als Interessensvertretung für den Skisport.
Ob sich Johan Eliasch angesichts der ohnehin schon angespannten Lage im Ski-Weltcup einen Dienst erwiesen hat, sich nun auch noch mit einem Unternehmen der Red Bull-Familie anzulegen?
Nur zur Info: Red Bull ist heute einer der wichtigsten Player und Geldgeber im Skisport: Als Sponsor der Hahnenkammrennen und nahezu aller Stars wie Marco Odermatt, Sofia Goggia, Alexis Pinturault oder auch Dominik Paris. Auch mit dem Österreichischen Skiverband ist das Unternehmen eng vernetzt.
Die Verantwortlichen der Skifirma Van Deer-Red Bull werden jedenfalls nicht klein beigeben. Anwaltsschreiben hin, Drohgebärden her. Wie meinte doch gleich Anton Giger im KURIER-Gespräch. „Wir prüfen in aller Ruhe unsere Optionen und überlegen die nächsten Schritte. Aber wir werden es jetzt nicht bleiben lassen.“
Man darf jedenfalls davon ausgehen, dass es Van Deer-Red Bull Sports länger im Weltcup geben wird als Johan Eliasch als FIS-Präsidenten.
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