Wie Saudi-Arabien mit Weltsport sein Image aufpoliert
Das Land mit der katastrophalen Menschenrechtslage will mit der Rallye Dakar und mit den Fußballstars beim spanischen Supercup seine andere Seite zeigen.
Ein nächstes Kapitel beim Thema Weltsport wird am Mittwoch in Saudi-Arabien aufgeschlagen. Der Wüstenstaat versucht schon seit mehr als einem Jahr sein Image mit sportlichen Highlights aufzupeppen. Diesmal mit den Fußballstars aus der spanischen Liga.
Von Mittwoch bis Sonntag spielen Barcelona, Real Madrid, Atlético Madrid und Valencia in Dschidda um den spanischen Supercup. Am Mittwoch spielt Real Madrid gegen Valencia, am Donnerstag der FC Barcelona gegen Atletico Madrid. Der staatliche TV-Sender RTVE und weitere Sender verzichteten wegen der Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien auf die Rechte, Movistar sprang ein. Und laut der Zeitung El Mundo waren die 12.000 für spanische Fans reservierten Karten kein Schlager. 700 Real-Fans wollten Karten, 300-Barça-Fans und 50 Atletico-Fans. Aus Valencia kommen gar nur 26 Anhänger. Immerhin kostet die Reise rund 1.200 Euro.
Aber das große Geld kassiert der Verband, der dies an die Klub großteils weitergibt, 120 Millionen Euro sollen für drei Jahre fließen. Im Stadion in der Stadt am roten Meer kickte schon Cristiano Ronaldo im Rahmen des italienischen Supercups. Auch Barça-Star Lionel Messi kennt das Stadion, weil er hier schon mit Argentinien ein Freundschaftsspiel gegen Brasilien bestritten hat.
Der Weltsport rühmt sich, dass es im islamisch-konservativen Land schon Fortschritte gegeben hat. So durften beim italienischen Supercup Frauen in eigenen Sektoren ins Stadion. Eine der Bedingungen für den spanischen Supercup war, dass Frauen die Spiele im Stadion kostenlos und wo auch immer verfolgen dürfen. Wo genau Frauen im Stadion die Supercup-Spiele der Spanier sehen dürfen, war einen Tag vor Anpfiff aber noch unklar.
Rallye in der Wüste
Die ehemalige Rallye Paris–Dakar findet seit 5. Jänner erstmals in Saudi-Arabien statt. Die dritte Etappe der „Dakar“ am Dienstag hatte Start und Ziel in Neom. Dort, im Nordwesten des Landes an der Küste des Roten Meers, will Kronprinz Mohammed bin Salman eine futuristische Stadt entstehen lassen. Im Rahmen der „Vision 2030“, soll Neom für rund 420 Milliarden Euro aber auch eine „Sportstadt“ werden. Dort solle eher westliches als islamisches Recht gelten. So sollten in Neom unter anderem der Verkauf und Konsum von Alkohol zugelassen werden, um noch mehr Sporttouristen ins Land zu locken.
Wir fragen uns alle, was erwartet uns dort
Dienstag schickte der Veranstalter die Fahrer durch das künftige Neom – Stadt, Technologieparks, Businesszentren auf 26.500 Quadratkilometern, größer als Niederösterreich, Burgenland und Wien zusammen. Dort irrten die Fahrzeuge aufgrund eines Fehlers im Roadbook so herum, dass das Ergebnis korrigiert werden musste. Walkner wurde Vierter, ist in der Gesamtwertung jetzt Dritter.
Dakar-Chef David Castera gibt zu, dass man ein wenig überlegt hat, nach Saudi-Arabien zu gehen. „Aber das Land hat uns viel zugesichert. Wir wissen, dass der Wunsch zur Öffnung besteht.“ Die Amaury Sport Organisation kassiert für den Fünfjahresvertrag 80 Millionen Dollar.
Andere Sportler aber waren hart geblieben. So sagte vor einem Jahr Tiger Woods für ein Golfturnier ab, dasselbe machte er für dieses Jahr wieder, ebenso der Nordire Rory McIlroy.
Andere Millionäre waren aber weiteren Millionen nicht abgeneigt. Im Dezember hatten sich die Saudis um 100 Millionen Dollar den Box-WM-Kampf zwischen Andy Ruiz jr. und Anthony Joshua gegönnt. Der „Clash of the Dunes“ (Schlagabtausch in den Dünen) war Teil der „Diriyah Season“ im Vorort der Hauptstadt Riad. „Diriyah E-Prix“ (Grand Prix der Formel E um 260 Millionen Dollar für zehn Jahre), „Diriyah Tennis Cup“ (Showturnier mit acht Teilnehmern und drei Millionen Dollar Dotation) und „Diriyah Equestrian Festival“ (Pferdesport-Festival) sind Highlights in der Wüste.
Laut Times könnte schon 2021 ein Formel-1-Rennen folgen. Womöglich in Qiddiya, einem Großprojekt im Raum Riad, wo auf mehr als 300 Quadratkilometern unter anderem Parks, Resorts und eine Rennstrecke entstehen sollen. Und wo die Dakar am 17. Jänner ihr Ende findet.
Die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien ist katastrophal, klagt Amnesty International. Die Organisation verweist unter anderem auf die hohe Zahl von Hinrichtungen in dem Land. Allein 2018 seien 146 Menschen enthauptet worden – viele davon auf dem Al-Safaa-Square in Riad, nur zehn Kilometer südlich der luxuriösen Hotels in der Innenstadt, in denen auch Joshua und Ruiz Jr. übernachten. Der Al-Safaa-Platz wird im Volksmund „Chop Chop Square“ (Hackplatz) genannt.
Kritik von Amnesty
Auf dem „World Press Freedom Index“ der Organisation Reporter ohne Grenzen liegt Saudi-Arabien auf Platz 172, hat in den vergangenen zwölf Monaten noch einmal drei Plätze verloren. Mehr als 35 Journalisten sitzen hinter Gittern. Dem absolutistisch regierenden Königshaus ist daran gelegen, dieses Image aufzubessern. Der umstrittene Kronprinz Mohammed bin Salman will mit glanzvollen Sportevents sein Land reinwaschen und nimmt dafür viel Geld in die Hand. Mit der „Vision 2030“ verfolgt man ehrgeizige Projekte, um das Land als weltoffen, liberal und modern zu präsentieren.
Vorbild im „Sportwashing“ ist Katar, das diese Disziplin so gut beherrscht, dass es dort Ende 2022 sogar eine Fußball-Weltmeisterschaft geben wird. In Doha wurde schon 2004 die „Aspire Academy“ eröffnet, eines der weltweit größten Trainingszentren für Spitzensportler. Dort befindet sich derzeit Bayern München, dort wird auch Red BullSalzburg sein Wintercamp aufschlagen.
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