Weißhaidinger nach EM-Niederlage noch "in Schockstarre"

Weißhaidinger nach EM-Niederlage noch "in Schockstarre"
Österreichs Diskuswerfer war am Freitag mit Platz zehn bei der EM in München klar gescheitert.

Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger hatte sich am Morgen danach mit der EM-Niederlage noch nicht auseinandergesetzt. „Ich bin noch in Schockstarre“, sagte der Oberösterreicher. Nach Platz zehn bei der WM in Eugene war der davor dreifache Bronzemedaillengewinner bei Großereignissen auch in München mit seinen Hoffnungen auf Edelmetall gescheitert. Trainer Gregor Högler kennt die Ursache, für die viele Kraft des 30-Jährigen wird mit einer Portion Übermotivation der Ring zu klein.

Für Weißhaidinger wurden die Europameisterschaften zu einem Heimevent. Noch nie spürte er annähernd so große Fan-Unterstützung bei einem Großereignis, sah so viele Fahnen im Stadion. „Die Heimatgemeinschaft war da, das war so viel Energie, das hat auch mich überrascht. Mit 70 und 69 m beim Einwerfen hätte ich nicht gerechnet“, sagte Högler. „Wenn der erste Wurf im Bewerb dann anders rennt, rennt alles anders.“

Mit seiner Technik bewegt sich Weißhaidinger extrem am Limit, landet er nicht exakt da, wo er landen muss, wird ihm der Ring zu klein. Wie im ersten Versuch passiert. Die an die 65 m hätten als Anfangsweite dem Plan entsprochen. Im zweiten hakte er hinten mit dem Fuß ein. Im dritten fehlten dreißig Zentimeter auf die Entscheidung der Top acht, in der sich der Litauer Mykolas Alekna durchsetzte.

Zum einen sagte Högler, dass man bei der Technik vielleicht noch einen halben Zentimeter für „Übermotivation“ einrechnen müsse, zum anderen dass man die Leistung vom Aufwärmen in den ersten Wurf bringen müsse. Es tue weh, dass man sportlich so gut sei, es aber nicht abliefern habe können. „Wir haben heuer den Rekord gemacht, wir sind besser, es scheint jetzt aber nicht auf.“

Fläche für Fehler

Weißhaidinger ging heuer aus veränderter Ausgangsposition in die Großereignisse. „Heuer habe ich so einen Sprung gemacht. In der Quali habe ich alles sicher gemacht. Das Einwerfen war so viel da. Ich musste nicht sagen, wenn ich jetzt irgendwas reißen will, muss ich über mich rauswachsen. In Tokio, Doha musste ich immer noch bissl mehr geben. Heute musste ich einfach abliefern. In den vergangenen Jahren kam durch Motivation, Freude, Fans immer noch das eine oder andere Zuckerl dazu. Aber wenn man 68, 69 wirft und tut noch ein Zuckerl dazu, dann wird die Fläche für Fehler immer weniger.“

In Berlin (EM 2018), Doha (WM 2019) und Tokio (Olympia 2021) habe es mit Übermotivation sehr gut funktioniert. „Heuer ist es generell so, dass ich ein bisserl rausnehmen muss. Diese Situation bin ich nicht gewohnt.“ Högler dazu: „Früher war es so, wenn er voll anreißt, ist er in Positionen gekommen, die er händeln kann. Jetzt ist er ein Tiger, den du nicht zu früh loslassen darfst. Es ist so viel spezielle Kraft da, Dynamik, dass du eigentlich fast ganz locker werfen musst. Wenn du in dem Moment anreißt, ist der Kreis fast zu eng. Wir müssen die Stellschraube feiner einstellen. Der Kreis wird ja nicht größer, aber wir werden stärker. Das Kräftespiel im Kreis musst du dir noch mehr einteilen.“

Der neue österreichische Rekord von 69,11 m und die Qualifikation für das Finale in der Diamond League stehen 2022 u.a. auf der Habenseite. „Ich muss jetzt einmal Abstand gewinnen. Und dann fahre ich zur Diamond League“, sagte Weißhaidnger. Wie man es dort anlegen werde, ist noch offen. Mit Halbgas geworfen werde in Zukunft aber sicherlich nicht, versicherte Högler. „Du musst eine Phase voll durchleben, damit es ein voller Wurf wird. Ich kann nicht sagen, mach von alllem neunzig Prozent. Der Abwurf am Schluss muss immer hundert Prozent sein. Wie schaffe ich es also, ihn in eine Position zu bringen, so weit weg vom Ende, dass er voll draufhauen kann?“

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