Warum der schnellste Österreicher im Kaufhaus jobben musste

Warum der schnellste Österreicher im Kaufhaus jobben musste
"Meine Karriere stand auf der Kippe", sagt Markus Fuchs. Am Wochenende peilt der Sprinter das EM-Halbfinale an.

Eigentlich müsste Markus Fuchs ein österreichisches Idol sein. Mit der Sportart des 23-jährigen Niederösterreichers kann sich jeder Mensch identifizieren. Der Sprint gehört zum Leben. Sei es im Turnunterricht oder von der Haustüre bis zur Busstation. Obendrein ist Laufen der einfachste und natürlichste Sport der Welt.

Für Markus Fuchs ist nichts mehr einfach. Der schnellste Mensch Österreichs läuft mittlerweile in Bahnen, in denen es auf jede Kleinigkeit ankommt. „Es sieht vielleicht alles so logisch aus, aber in Wahrheit besteht der Sprint aus Tausenden Details“, sagt der Athlet des ULC Riverside Mödling.

Markus Fuchs beim Sprinttraining

An diesem Wochenende steht Fuchs bereits der erste Saisonhöhepunkt bevor: Bei der Hallen-Europameisterschaft im schottischen Glasgow von Freitag bis Sonntag peilt der Perchtoldsdorfer das Semifinale über die 60-Meter-Distanz an.

Die Form stimmt. Erst vor zwei Wochen lief er bei den Hallenmeisterschaften im Wiener Dusika-Stadion in 6,65 Sekunden zu einer neuen persönlichen Bestleistung.

Auch seine Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren lässt in der prominentesten Disziplin der Leichtathletik hoffen – Fuchs konnte sich kontinuierlich steigern.

Nicht jedem waren seine Läufe schnell genug. Im Jahr 2015 verlor der schnellste Österreicher seinen Kaderplatz im Heeressportsystem und damit seine Haupteinnahmequelle: „Es war ein Schock “, erinnert sich Fuchs im Gespräch mit dem KURIER, „meine Karriere stand auf der Kippe.“

Lehrreiche Arbeitserfahrung

Es ging weiter, irgendwie, dafür war jedoch ein Kraftakt nötig. Fuchs jobbte halbtags bei der Modekette Zara im Einkaufszentrum, das gegenüber seines Trainingsstützpunkts, der Südstadt, lag. „Es war nicht die schlechteste Erfahrung, und ich habe es auch ganz gern gemacht, aber ideal war es für den Hochleistungssport nicht.“

Die Trainingsblöcke musste er nach seinem Dienstplan ausrichten, der Weg ins Geschäft war oft auch die einzige Möglichkeit zur Nahrungsaufnahme. Während Usain Bolt im Kältebecken saß und seine Muskeln regenerierte, sortierte Fuchs Jeans und beriet Kunden.

Was hilfreicher ist für die Beschleunigung auf der Rennbahn, steht außer Zweifel. Mittlerweile ist Markus Fuchs wieder Heeressportler und darf auf zwei private Sponsoren zählen.

Der kompromisslose Einsatz ist in der modernen Leichtathletik alternativlos, für kleine Verbesserungen sind große Anstrengungen notwendig. Bereits die Reaktionszeiten beim Start lassen nur wenig Spielraum, wie Markus Fuchs vorrechnet: „Unter 0,1 Sekunden bedeutet Fehlstart, 0,12 sind super, 0,15 in Ordnung, 0,2 bereits mies.“

Den österreichischen 100-Meter-Rekord, aufgestellt 1988 durch den umstrittenen Andreas Berger, hat Fuchs (10,35 Sekunden) im Blick, wenngleich es „alles andere als ein Katzensprung“ ist.

Fuchs muss die Marke unterbieten, will er im Herbst 2019 bei der Freiluft-WM in Doha starten. Das Qualifikationslimit liegt aufgrund der hohen Dichte bei 10,10 Sekunden.

Luxus eines Leichtathleten

„Mein Ziel war es immer, mich international zu vergleichen.“ In Österreich macht er mangels Konkurrenz seit Jahren alleine Meter. „Solange ich mich verbessern kann, bleibe ich dran. Ich merke, dass meine beste Zeit erst kommt“, sagt Fuchs, der sein Sportstudium deshalb langsamer angeht.

„Ich will mich derzeit nur auf den Sport konzentrieren. Ich weiß ja nur zu gut, dass das ein Luxus ist für einen Leichtathleten in Österreich.“

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