Unverschämt erfolgreich: Die Beherrscher des Sports

Joseph Blatter sieht sich als Missionar in Sachen Fußball, Bernie Ecclestone als einzig befähigter Lenker der Formel 1.

Wer mit Joseph Blatter und Bernie Ecclestone auf Augenhöhe verhandeln will, der muss in die Knie gehen. Und das liegt nicht bloß an der Körpergröße.

Es ist vielmehr die Art und Weise, wie der 1,71 Meter große Fußball-Boss und der um elf Zentimeter kleinere Formel-1-Chef ihre Verhandlungspartner vor sich hertreiben: Regierungschefs wie Könige, Konzernchefs wie Milliardäre. Mittlerweile wirkt es sogar, als würde ohne sie weder der Ball noch ein Bolide rollen.

Unverschämt erfolgreich: Die Beherrscher des Sports
Russian President Vladimir Putin (L) speaks to FIFA President Sepp Blatter during the 2014 World Cup final between Germany and Argentina at the Maracana stadium in Rio de Janeiro July 13, 2014. REUTERS/Dylan Martinez (BRAZIL - Tags: POLITICS SOCCER SPORT WORLD CUP)
Das wird ihnen freilich auch suggeriert: Erst die Jahrzehnte, die sie nun schon im Amt verbringen, haben sie zu dem gemacht, was sie sind. Sie werden hofiert, ihnen wird gehuldigt. Politiker ändern schon einmal Gesetze, um bei Blatter am Ball beziehungsweise bei Ecclestone im Rennen zu bleiben. So bezahlte der Weltfußball-Verband FIFA, diese milliardenschwere Organisation mit dem Status eines gemeinnützigen Vereins, bei der WM in Brasilien im Vorjahr keinen einzigen Cent an Steuern. Stolz durfte Blatter nun die Bilanz verkünden: Der FIFA blieb ein Gewinn von 1,6 Milliarden Euro.

Mit etwas weniger mussten sich zuletzt Bernie Ecclestone und seine Formel 1 zufrieden geben. Die jährlichen Einnahmen der größten Rennserie der Welt beliefen sich auf 1,5 Milliarden Euro, 770 Millionen davon schüttete der 84-jährige Vermarkter an die Rennställe aus, wovon wiederum mehr als die Hälfte in die Kassen der großen Vier Ferrari, Mercedes, Red Bull und McLaren fließt.

Liebe & Hiebe

Unverschämt erfolgreich: Die Beherrscher des Sports
epa02594776 (FILE) A file picture dated 26 April 2009 shows British Formula One boss Bernie Ecclestone (R) talking to Bahrain's Crown Prince Sheikh Salman bin Hamad (L) before the start of the Bahrain Formula 1 Grand Prix at the Bahrain International Circuit in Sakhir, Bahrain. Formula One supremo Bernie Ecclestone was set on 21 February 2011 to hold talks with the crown prince of Bahrain over whether next month's grand prix will go ahead. The season-opener at the Sakhir circuit has been in doubt following political unrest in the Gulf state. EPA/DIEGO AZUBEL
Nie war die Formel 1 reicher, noch nie war der Fußball lukrativer. Wer mitspielt, der wird belohnt. Wer aufmuckt, dem wird die Liebe entzogen. Ecclestone hält inzwischen Deutschland für einen schlechten Boden für die Formel 1. Wiederholt hatten sich die Politiker über die horrenden Kosten beschwert. Zum ersten Mal seit 1960 gibt es daher heuer keinen Grand Prix von Deutschland, dafür wird 2016 erstmals in Aserbaidschan im Kreis gefahren.

Kritik verhallt, Anschuldigungen perlen ab. Erst kürzlich wurden der 79-jährige Blatter und der 84-jährige Ecclestone gestärkt – der eine bei der Präsidentenwahl der FIFA, der andere nach einer wenig zufriedenstellenden Sitzung der Teamverantwortlichen zur Zukunft der Formel 1. "Nie und nimmer werden sich die Teams über Regeln einig. Bernie und Jean (Todt, Chef des Automobilverbandes, Anm.) sollten festlegen, wie sie sich das Produkt Formel 1 vorstellen und uns dann die Anmeldeformulare zusenden. Jeder kann dann selbst entscheiden, ob er mitmacht oder nicht", sagte der frustrierte Red-Bull-Teamchef Christian Horner.

Religion & Business

Die Macht der beiden Macher scheint mit jedem Jahr nur noch größer zu werden. Seit den 70er-Jahren haben der Schweizer Blatter und der Brite Ecclestone ihre Sportarten geprägt und geformt. Blatter als allmächtiger Funktionär, Ecclestone als schlauer Geschäftsmann.

Dementsprechend unterschiedlich ist daher auch die Selbsteinschätzung. "Einige sagen vielleicht, dass ich schon lange da bin, aber was ist schon Zeit? Zeit ist unendlich", sagt Blatter philosophisch. Unendlich scheint sein Machtanspruch zu sein, nicht von dieser Welt sein Selbstverständnis. "Ich werde oft als Missionar bezeichnet. Das stört mich nicht. Denn es ist eine Mission, wenn man mit dem Fußball etwas bewegen kann, was den Menschen gut tut", erklärt der Schweizer.

Den Vergleich mit den Weltreligionen scheut Blatter nicht. Er verweist gerne darauf, dass die FIFA (209) mehr Mitglieder als die Vereinten Nationen (190) habe und dass dem Menschen das Fußballspielen im Blut liege. "Wer auch immer den Menschen erfunden hat, hat auch den Fußball erfunden."

Unverschämt erfolgreich: Die Beherrscher des Sports
RNPS - REUTERS NEWS PICTURE SERVICE - PICTURES OF THE YEAR 2014 Russia's President Vladimir Putin (R) shakes hands with Formula One commercial supremo Bernie Ecclestone during the first Russian Grand Prix in Sochi, in this October 12, 2014 file photo. REUTERS/Alexei Nikolskyi/RIA Novosti/Kremlin/Files (RUSSIA - Tags: SPORT MOTORSPORT F1 POLITICS TPX IMAGES OF THE DAY) THIS IMAGE HAS BEEN SUPPLIED BY A THIRD PARTY. IT IS DISTRIBUTED, EXACTLY AS RECEIVED BY REUTERS, AS A SERVICE TO CLIENTS
Irdischer mag es Bernie Ecclestone. Seine Religion ist der Dollar – 3,9 Milliarden davon nennt er sein Eigen (3,5 Milliarden Euro). Lediglich das Vorsprechen in Ecclestones mobilem Büro an den Rennstrecken gleicht einer Audienz beim Papst. Sein Wort, und nur das, hat Gewicht: "Delegieren ist die Kunst, das Zweitbeste zu akzeptieren", sagt er.

Gericht & Finanz

Im Büro werde er sterben, prophezeit Ecclestone, seine dritte Ehefrau, fast ein halbes Jahrhundert jünger als er, hat er 2012 zwischen zwei Geschäftsterminen zum Standesamt geführt. Zu erzählen hätte Ecclestone so einiges über die Reichen und Mächtigen, seine Autobiografie erscheine am Tag nach seinem Tod: "Die ersten Exemplare gehen an das Finanzamt."

Mit den Finanzbehörden hat Ecclestone seine liebe Not, immer wieder steht er vor Gericht. Zuletzt wurde in München ein Verfahren gegen den Briten nach einer Zahlung von 100 Millionen Dollar eingestellt. Schmiergeld oder Provisionszahlung – die Grenzen sind auch bei Blatter und der FIFA fließend. Der Fußball-Weltverband wurde 2010 zu einer Zahlung von mehr als fünf Millionen Euro verdonnert. Kleinigkeiten in den Lebenswelten von Bernie Ecclestone und Joseph Blatter.

Kaum passender könnte der Klingelton von Ecclestones Handy sein: die Titelmelodie des Italo-Westerns The Good, the Bad and the Ugly. Deutscher Name des Films: Zwei glorreiche Halunken.

Joseph Blatter und Bernie Ecclestone sind vermutlich die prominentesten Vertreter ihrer Art, aber längst nicht die einzigen Strippenzieher im Weltsport – eine Auswahl ...

Peter Schröcksnadel Wer die Spitznamen "Alpen-Ecclestone" und "Napoleon aus den Bergen" trägt, dessen Machtanspruch ist wohl eindeutig. Der 73-jährige Tiroler lenkt seit mittlerweile einem Vierteljahrhundert die Geschicke des Österreichischen Ski-Verbandes (ÖSV). Und das erfolgreich: Unter Schröcksnadels Führung stieg das jährliche Budget des Verbandes auf zuletzt rund 40 Millionen Euro, seinen Athleten bietet er ein Rund-um-Service aus Sponsoren und Betreuern – dafür verlangt er rund zehn Prozent ihrer Einnahmen, die wiederum in den ÖSV zurückfließen. Der Geschäftsmann Schröcksnadel versteht es, das über die Jahrzehnte aufgebaute Netzwerk zu nutzen: Sein Unternehmen Feratel ist der Weltmarktführer bei Pistenmarkierungen und alpinen Werbeflächen. Darüber hinaus betreibt Österreichs einflussreichster Sportfunktionär zehn Skigebiete.

Unverschämt erfolgreich: Die Beherrscher des Sports
epa04674709 Gian-Franco Kasper, President of the President of the International Ski Federation FIS during the podium ceremony of the FIS Alpine Skiing World Cup Finals in Meribel, France, 22 March 2015. EPA/PATRICK SEEGER
Gian-Franco Kasper Was Joseph Blatter für den Fußball ist, ist der 71-jährige Kasper für den Internationalen Ski-Verband (FIS). Überraschende Parallelen weisen die Lebensläufe der beiden machtbewussten Funktionäre auf: Beide sind Schweizer; beide bereiteten ihre Aufstiege jahrelang als Generalsekretäre vor; beide amtieren seit 1998 als Präsidenten. Freilich: Die Liste an Skandalen und Verdächtigungen ist bei Gian-Franco Kasper erheblich kürzer. Im Streit um eine drohende Terminkollision zwischen der Fußball-WM 2022 und den Olympischen Winterspielen trat Kasper als harter Kritiker auf: "Die FIFA denkt, dass sie Götter sind."
Unverschämt erfolgreich: Die Beherrscher des Sports
epa04282544 Narayanaswami Srinivasan the first appointed Chairman of the International Cricket Council (ICC) at a press conference after the annual conference for the International Cricket Council held at the Melbourne Cricket Ground, Melbourne, Australia, 26 June 2014. Narayanaswami has been appointed as the ICC Chairman despite the fact he has been suspended as the head of cricket in India while an investigation takes place. EPA/DAVID CROSLING AUSTRALIA AND NEW ZEALAND OUT
Narayanaswami Srinivasan Noch nie gehört? Macht nichts. Während der 70-jährige Inder hierzulande kaum bekannt ist, löst der Name auf dem bevölkerungsreichen indischen Subkontinent gleichermaßen Ehrfurcht und Bewunderung aus. Srinivasan ist der Vorsitzende des International Cricket Council und damit zuständig für den populären Nationalsport in Indien, Pakistan und Bangladesch. "Big Daddy des Cricket" wird der streitbare Funktionär und Milliardär (Zement-Industrie) genannt. Die Liste an Anschuldigungen und Anklagen rund um den Cricket-Sport ist lang. Dazu passend sein Lieblingsbuch: "Der Pate".

Kommentare