Tour-Triumph: Rad-"Alien" Vingegaard und der ewige Doping-Verdacht

Tour de France - stage 16
Nach dem dominanten Auftritt des Dänen gibt es Zweifel an der Sauberkeit der Leistungen. Ernährung, Material und Training haben sich weiterentwickelt.

Auf der Homepage der deutschen Sportschau lautete zuletzt ein Titel: "Der Kampf um den Platz hinter den 'Aliens'". Platz drei war bei der 110. Tour de France das Höchste der Gefühle für alle Fahrer außer Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard.

Der 26-jährige Däne gewann nach 2022 zum zweiten Mal das prestigeträchtigste Rad-Rennen der Welt, die beiden Auflagen davor hatte der 24-jährige Slowene dominiert. Und die beiden gaben auch bei der aktuellen Tour in einer beeindruckenden Art und Weise den Ton an. Selbst, wenn Pogacar am Ende dann doch klar zurücklag.

So schnell wie noch nie

Auf den Col de Tourmalet, waren Vingegaard und Pogacar so schnell wie noch nie jemand zuvor. 30 Jahre lang hielt der Rekord von Zenon Jaskula und Tony Rominger, sogar Giganten wie Miguel Indurain, Lance Armstrong, Jan Ullrich oder Alberto Contador waren nicht schneller.  

Den Le-Bettex-Aufstieg im Mont-Blanc-Gebirge bewältigten Vingegaard und Pogacar zusammen in 18 Minuten und 25 Sekunden und brachen dabei den Rekord von Chris Froome aus dem Jahr 2015.

Je länger die Tour ging, desto mehr wurden die beiden Dominatoren darauf angesprochen, ob sie die Zweifel nachvollziehen können. Vingegaard war sogar froh darüber und sagt: "Ja, wir sind schnell und brechen Rekorde. Es ist also gut, skeptisch zu sein, damit sich die Geschichten nicht wiederholen. Das Einzige, was ich sagen kann, ist, dass ich nichts nehme." Er verwies darauf, dass beim Vergleich mit früheren Leistungen viele Faktoren zu berücksichtigen sind: "Die Ernährung, das Material, das Training – alles verbessert sich laufend."

Mikrodosierungen und Ketone

Der Einbruch von Pogacar auf der Königsetappe ließ zumindest den Slowenen menschlicher erscheinen, es holte den Außerirdischen zurück auf die Erde.

Es bleiben aber Messungen und Berechnungen von Sportwissenschaftlern und ehemaligen Fahrern, die die Skepsis am Leben halten. Die Fahrer mussten dieses Jahr acht Bergetappen mit insgesamt 55.000 Höhenmetern bewältigen.

Seit 2015 hat es bei der Tour de France keinen Dopingfall mehr gegeben. Anti-Doping-Experten glauben aber nicht, dass sich das Problem in Luft aufgelöst hat. Sie glauben an Mikrodosierungen. Aber es gibt auch legale Möglichkeiten der modernen Medizin zur Leistungssteigerung.

Zum Beispiel Ketone. Diese Stoffgruppe wird in der Leber gebildet, wenn der Körper zu wenige Kohlehydrate hat und es ans Körperfett geht. Sie  tragen zur Leistungssteigerung und schnelleren Erholung bei. Jumbo-Visma arbeitete in den letzten Jahren offen mit Ketonen. Es ist der Rennstall von Vingegaard.

Es geht aber auch viel über das Gewicht. "Inzwischen fahren die Athleten mit sieben Watt je Kilogramm den Berg hoch. Bist du zwei Kilogramm leichter, gewinnst du 14 Watt", sagte Rolf Aldag, der Sportdirektor des Rennstalls Bora-hansgrohe, in der Frankfurter Allgemeinen.

Und: "Wir haben ja bei Bora-hansgrohe mit dem Belgier Kian Uijtdebroeks einen 20-Jährigen im Team. Diese Jungs sind in vielen Dingen noch akribischer. Sei es beim Essen, das grammgenau abgewogen wird. Sei es bei der Rennvorbereitung, wo schon für eine Katalonien-Rundfahrt vorher jeder Anstieg vor Ort angeschaut wird. Andererseits kommen die meisten auch nur noch auf um die 60 Renntage im Jahr, wohingegen wir vor 25 Jahren noch locker 120 Tage im Jahr Radrennen gefahren sind."

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