Thiem & Wiesberger: Schlagartig in die Weltspitze

Dominic Thiem ist der drittbeste Spieler der Saison, Bernd Wiesberger die Nr. 5 der European Tour.

Rafael Nadal hat Roger Federer an der Spitze der Saisonwertung im Tennis abgelöst. Wer nun angesichts des geringen Sensationswertes dieses Satzes aufhört zu lesen, verpasst Sensationelles. Denn in bester Gesellschaft der zusammen 32-fachen Grand-Slam-Sieger befindet sich seit Montag ein 23 Jahre alte Niederösterreicher. Dominic Thiem wird aktuell als drittbester Tennisspieler der laufenden Saison geführt.

Möglich gemacht hat diesen Aufstieg der erstmalige Finaleinzug der österreichischen Nummer eins bei einem Bewerb der zweithöchsten Turnierkategorie (Masters 1000). Dass es am Sonntag in Madrid nichts mit Thiems zweitem Turniererfolg des Jahres wurde, ließ sich rasch verkraften. Der Österreicher fand immerhin in Sandplatz-König Rafael Nadal seinen Meister – und er brachte den nunmehr fünfmaligen Madrid- und dreißigfachen (!) Masters-Sieger aus Mallorca beim 6:7 und 4:6 auch ernsthaft an dessen Grenzen.

Lob vom König

"Die Wahrheit ist, dass ich gegen einen Gegner gespielt habe, der in den nächsten fünf bis zehn Jahren um die wichtigsten Titel kämpfen wird. Deshalb bin ich sehr froh, dass ich gewonnen habe", sagte Nadal, der seine Saisonbilanz auf Sand auf makellose 15:0 Siege ausbaute.

Thiem & Wiesberger: Schlagartig in die Weltspitze
Grafik: Solomon, Foto: AP, Dominik Thiem, Weltranglistenentwicklung
Doch auch für Dominic Thiem sprechen die Zahlen. 15 Matchsiege auf seinem Lieblingsbelag Sand stehen lediglich drei Niederlagen gegenüber, zwei davon fügte ihm Nadal zu. Neben dem Endspiel in der spanischen Hauptstadt ging der Niederösterreicher auch eine Woche davor im Finale von Barcelona gegen den Lokalmatador als Verlierer vom Platz. Aus der damaligen Lehrstunde (4:6, 1:6), in der er "ziemlich vorgeführt" wurde, hatte Thiem in Madrid bereits seine Lehren gezogen, weshalb er auch vor dem Auftritt diese Woche in Rom von den "besten Wochen meines Lebens" sprach.

Die Euphorie ist durchaus berechtigt. In der Weltrangliste stellte Thiem mit Rang sieben seine bislang beste Karriereplatzierung ein, nie zuvor hatte er mehr Punkte auf seinem Konto (4035), der Sechstplatzierte ist nur noch 145 Zähler entfernt. Zudem ist er unter den ersten 15 der Jüngste.

Noch eindrücklicher als die Statistiken ist die Art und Weise, wie Thiem derzeit um sich schlägt – druckvoll, präzise und zusehends mit Köpfchen. Mit der Favoritenrolle kommt der 23-Jährige immer besser zurecht. In der wird er sich auch in zwei Wochen wiederfinden, wenn in Paris das zweite Grand-Slam-Turnier des Jahres beginnt.

Wiesbergers Karriereaufstieg mit Hindernissen

Bernd Wiesberger beendete erstmals auch auf US-Boden eines der größten Golfturniere der Erde inmitten der absoluten Weltspitze. Der 31-Jährige ließ dabei Superstars wie Masters-Sieger Sergio Garcia oder Rory McIlroy hinter sich. Und was sagte der Burgenländer nach Rang zwölf bei der Players Championship, dem weltweit wichtigsten Turnier nach den vier Major-Bewerben? "Schade um das letzte Loch."

Auf der allerletzten Spielbahn verpasste Wiesberger seine erste Top-Ten-Platzierung auf der US-PGA-Tour, als er seinen ersten Schlag im Wasser versenkte und sich anschließend sechs anstatt der vorgegebenen vier Schläge notieren lassen musste.

Dabei begann das Turnier für Wiesberger alles andere als ideal. Mit dem letzten Schlag am Freitag hatte er sich als 66. gerade noch ins Finale gerettet, doch am Wochenende zeigte er neben Sieger Kim Si-woo aus Südkorea das konstanteste Spiel auf dem anspruchsvollen Kurs in Ponte Vedra Beach.

Thiem & Wiesberger: Schlagartig in die Weltspitze
Grafik Solomon, Bernd Wiesberger, das Jahr von Bernd Wiesberger, Weltranglistenentwicklung Foto: APA, Getty Images

Das Turnier in Florida steht sinnbildlich für die bisherige Karriere des besten österreichischen Golfers der Geschichte. Der Aufstieg zu einem der aktuell besten Golfer Europas verlief nicht stetig nach oben, immer wieder musste die aktuelle Nummer 30 der Welt kleine Rückschläge verarbeiten (siehe Grafik oben).

Muster an Konstanz

Jedes Mal kam Wiesberger noch stärker zurück. Die Finalteilnahme bei einem Turnier (Cut) verpasste er zuletzt Ende Juli 2016, erst vor wenigen Wochen beendete er im chinesischen Shenzhen mit seinem fünften großen Turniergewinn seine fast zweijährige Sieglosigkeit.

An Konstanz mangelte es dem Oberwarter ohnehin nie. Die vergangenen beiden Jahre beendete er auf der European Tour als jeweils Neunter, derzeit liegt er auf Rang fünf. Allmählich kommt er nun aber auch in den USA immer besser in Schwung. Seine Ausflüge zur lukrativsten Sportserie der Welt brachten ihm 2017 umgerechnet bereits 280.000 Euro ein, in der Liste der nicht-ständigen Mitglieder der US-PGA-Tour rangiert er auf Platz sieben.

Seine Heimat bleibt aber die European Tour. Dort geht es für Wiesberger nächste Woche mit der BMW PGA Championship in England weiter. Das Turnier zählt zu den größten auf der Tour – und Wiesberger zu den Favoriten.

Es gibt mittlerweile nur noch wenige Gelegenheiten, um Dominic Thiem in Österreich zu bewundern. Für die Generali Open in Kitzbühel (29. Juli bis 5. August) sagte der 23-Jährige ab, weil der Sandplatz-Klassiker in diesem Jahr nicht in seinen Turnierplan passt. Für den Daviscup nimmt sich die aktuelle Nummer sieben der Weltrangliste aber Zeit.

Wenn das österreichische Team vom 15. bis 17. September in Wels gegen Rumänien um den Verbleib in der Europa/Afrika-Zone 1 antritt, dann ist der Star mit von der Partie. Kapitän Stefan Koubek ist erfreut über die Zusage Günter Bresniks, dass Thiem nach eineinhalb Jahren ein Comeback in der Tennis-Nationalmannschaft geben wird. "Zusätzlich zum Heimvorteil ist das ein Riesenbonus für uns. Dominic kann in jedem Duell den Unterschied ausmachen", weiß Koubek.

Vor allem wird mit Thiem auch das Publikumsinteresse deutlich größer sein. Wer im vergangenen Jahr die Begeisterung rund um den Niederösterreicher in Kitzbühel erlebt hat, der kann sich vorstellen, was die Spieler in Wels erwartet. Die 5000 Plätze auf den Tribünen werden voll gefüllt sein.

Koubeks Ideal-Team gegen Rumänien setzt sich mit heutigem Stand aus Thiem, Gerald und Jürgen Melzer sowie Doppel-Spezialist Alexander Peya zusammen. "Im Hinterköpfchen habe ich natürlich Andreas Haider-Maurer. Man wird bis dahin sehen, wie sein Comeback nach der langen Verletzungspause läuft. Und Julian Knowle, der in Weißrussland ein super Doppel gespielt hat. Auch Dennis Novak und Sebastian Ofner haben gezeigt, dass sie uns helfen können, wenn Not am Mann ist."

Die Rumänen schätzt Stefan Koubek als "sehr stark" ein, in der Bilanz gegen Rumänien liegt Österreich mit 2:3 zurück. Doch mit Dominic Thiem müsste diese Hürde zu nehmen sein. "Mit ihm sind wir definitiv weltgruppenfähig", sagt Koubek.

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