Thiem-Trainer Bresnik: "Im Sport redet jeder Dodel mit"

Günter Bresnik: 'Es ist wie eine Vater-Sohn-Beziehung.'
Der 56-Jährige spricht über Kritiker, die Rangliste und den schwachen Herbst seines Schützlings.

Südstadt. Vor den Argusaugen von Trainer Günter Bresnik trainierte Dominic Thiem zuletzt täglich vier bis fünf Stunden. Topfit bereitet sich Österreichs Ass auf das am Sonntag beginnende ATP-Finale vor. Bevor das Team Thiem heute nach London abhebt, plauderte Bresnik über die jüngsten Wochen.

KURIER: Platz vier im Ranking. Wie klingt das?

Günter Bresnik: Das ist viel mehr als ich mir zu Saisonbeginn erwartet hatte. Auf der einen Seite muss man gestehen, dass es viele Ausfälle gab. Auf der anderen Seite bin ich enttäuscht, weil auch Platz drei möglich gewesen wäre. Er hat einige Partien als besserer Spieler verloren. Aber dieser Platz ist ein Meilenstein für Österreichs Tennissport. Dominic hat sich das erarbeitet und verdient.

Es gibt viele Kritiker, die sich fragen, wie das geht. Nur wenige Siege, dennoch ein Aufstieg im Ranking ...

Wenn es sachliche Kritik an schlechten Leistungen gibt, ist das völlig legitim. Dominic erfreut sich ja auch der Lobhudeleien, wenn es gut läuft. Aber Kritik von Leuten, die sich nicht auskennen, die nicht wissen, wie das Ranglisten-System funktioniert, ist schwachsinnig.

Alle reden mit. Ein typisch österreichisches Problem?

Das gibt es wohl überall. In der Politik geben auch sehr viele ihren Senf dazu. Aber im Sport reden alle mit, weil sie glauben, sie kennen sich aus. Im Sport redet jeder Dodel mit.

Eine Formkrise erkannte aber jeder. Gibt es Gründe dafür?

Natürlich gibt es die. Er hat zum Beispiel zu oft den Belag gewechselt. Ich hätte den Daviscup auf Sand ausgelassen. Außerdem hat er schlecht trainiert. Ich war bei zwei Turnier-Reisen nicht dabei. Da sagte er mir, dass ihm im Training einiges fehlte. Dazu kommen bittere Niederlagen wie in Wimbledon gegen Berdych oder in New York gegen Del Potro, wo er alles in der Hand hatte. Ihn trifft das am meisten, da muss ich gar nichts sagen. Er hat ja noch nie wegen mangelnden Einsatzes verloren. In Wien und vor Paris, da konnte er kaum trainieren, da kam auch noch eine Zehenverletzung dazu, die jetzt voll ausgeheilt ist. Auf Sand kann er Kleinigkeiten kompensieren, wenn es nicht läuft, aber er hatte ja zuvor auch auf Hartplatz schon sehr gut gespielt. Und eines darf man nie vergessen ...

Was wäre das?

Er war im Alter von 16 bis 19 praktisch ständig krank, nie auf höchster Leistungsebene, weil er einen Darmvirus hatte. Das hängt nach.

Sie haben alles miterlebt. Und Sie haben Thiem übernommen, als dieser acht Jahre war. Eine Beziehung für die Ewigkeit?

Es ist wie eine Vater-Sohn-Beziehung. Anfangs geht’s darum, einem Kind das Flascherl zu geben, mit 20 berät man ihn, welches Studium er machen soll. So ist das bei uns auch. Eine Beziehung, die wächst.

Und doch gibt es auch hier Kritiker, die meinen, Thiem brauche einen Tapetenwechsel...

Unsinn. Das ist dasselbe, wenn ein Mann seine Frau verlässt, nur weil er im Bett eh schon alles von ihr hatte. Marc Girardelli wurde ewig erfolgreich von seinem Vater betreut, das gilt auch jetzt für Marcel Hirscher. Und Hermann Maier hatte immer Professor Bergmüller. Ich kenne Dominic, er kennt mich. Bei einem neuen Trainer ist dies nicht der Fall.


Was Günter Bresnik sonst noch über die Saison, über die Hoffnungen, den Daviscup, Österreichs Nachwuchs und Roger Federer sagt, lesen Sie im KURIER-Tennis-Jahrbuch, das ab 7. Dezember im Handel ist.

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