Tennis-Ass Thiem über Krise: "Ich habe schon zu zweifeln begonnen"

Tennis-Ass Thiem über Krise: "Ich habe schon zu zweifeln begonnen"
Österreichs Tennis-Ass hat nach harter Kritik viel geändert und fühlt sich bereit für große Siege. Ein Gespräch über sein neues Thiem-Team, Muster-Ratschläge und Popularität.

Es ist noch nicht lange her, dass sich Dominic Thiem in Paris mit Serena Williams um einen (großen) Interviewraum streiten musste. Bei den French Open geben sich die Weltstars ihrer Zunft die Klinke in die Hand. Wenn der Tennisfan alle Autogramme seiner Lieblinge will, braucht er Bücher. „Das war herrlich. Freilich will ich da wieder hin“, sagt Thiem.

Dieser Tage tauscht er die große Weltbühne des Tennissports mit dem beschaulicheren Ambiente von Mauthausen, wo der Niederösterreicher am Dienstag beim Challenger auf einen Qualifikanten treffen wird. Weil er Spielpraxis braucht. „Ich habe heuer bei keinem einzigen Turnier mehr als drei Matches gespielt“, sagt Österreichs Nummer eins, der am Freitag seine erste Sonnenbrillen-Kollektion präsentierte.

Nun glaubt er wieder den Durchblick zu haben, nicht mehr alles durch die berühmte rosarote Brille zu sehen. Bei einem kleinen Medientermin in Hagenberg im Mühlviertel störte weder eine amerikanische Weltklassespielerin noch ein Kellner. Sichtlich gelöst sprach Thiem über ...

... seinen Formanstieg

Ich habe zuletzt enorme Fortschritte gemacht auf allen Ebenen. Ich habe schon zu zweifeln begonnen, aber jetzt klappt alles wieder besser. Vor allem die Vorhand ist fast wieder die alte, ich habe das Gefühl, dass ich mit ihr wieder den Platz kontrollieren kann. Das hat auch die Statistik beim Match gegen Stefanos Tsitsipas bewiesen, dass sie von den Umdrehungen und von der Geschwindigkeit fast wie in besten Zeiten war. Aber eben nur fast. Und ich gehe beim Return auch wieder mehr in den Platz rein, obwohl ich mich in dieser Hinsicht noch verbessern muss.

... seinen neuen deutschen Trainer Ben Ebrahimzadeh

Die Intensität und der Trainingsumfang sind viel höher geworden. Es haben vorher viele Dinge nicht gepasst, er spricht direkt an, was ich ändern muss. Er ist der richtige Mann und wir werden weiter zusammenarbeiten.

... das Engagement des Deutschen

Wir haben uns auf der Tour öfter getroffen, viel über Tennis geredet, wenn auch nicht über meines. In Estoril, wo es im April zur Trennung mit Nico (Ex-Coach Nicolás Massú) kam, haben wir dann auch über mich geredet.

... die gemeinsame Sprache

In Extremsituationen ist es wichtig, dass der Trainer Deutsch spricht. Das gilt auch für meinen neuen Physio (der Linzer Matthias Kapl, Anm.). Schließlich verbringe ich viel Zeit mit ihm. Mit Nico verstand ich mich auf Englisch gut, aber wenn etwas auf dem Platz schnell gehen muss, ist dies nicht gut.

... die Aussage von Thomas Muster, dass der Trainerwechsel früher erfolgen hätte sollen

Die Zeit mit Nico war sensationell. Ob die Trennung zu früh oder zu spät war, kann ich nicht sagen. Aber ich habe mir das länger schon überlegt, und letztlich hatten wir beide das Gefühl, dass es das war.

... seine Fitness

Es hat sich davor schon ein gewisser Schlendrian eingeschlichen, da war ich in einer Komfortzone. Jetzt habe ich Gefühl, dass ich am Ende eines Tages sagen kann, alles gegeben zu haben.

... seinen Mentalcoach

Ich habe den schon seit den French Open 2022. Damals habe ich besonders gemerkt, dass nichts zusammenpasst, das war ein Knackpunkt. Die vergangenen drei Jahre waren extrem ereignisreich, da hat es auch eine große Entwicklung auf menschlicher Seite gegeben. Ich wollte einfach, dass alles passt, alle Körperteile zusammenspielen. Es hilft mir.

Tennis-Ass Thiem über Krise: "Ich habe schon zu zweifeln begonnen"

Thiem mit Bruder Moritz

... Manager-Bruder Moritz

Schon als ich bei Kosmos war, hat Moritz im Team wesentliche Aufgaben gehabt. Ich kann mich 100 Prozent auf ihn verlassen, damit ich auch zu 100 Prozent meine Leistungen bringen kann.

... seine Popularität und die Aufmerksamkeit im Ausland

Es ist etwas weniger geworden. Manchmal ist es bei großen Turnieren angenehmer, wenn ich die Nummer 96 bin und ich nicht die Nummer drei. Aber klar will ich dort wieder hin. Die Leute wissen auch, was ich schon geleistet habe.

... die French Open

Derzeit bin ich als Zweiter nicht im Hauptfeld. Sonst hoffe ich auf eine Wildcard. Aber lieber wäre mir, ich wäre so qualifiziert. Viel wichtiger ist aber, dass ich mich auf dem Platz wieder wohlfühle.

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