Österreichs neue Nummer eins Misolic: "Das war einfach nur irre"
Eigentlich war alles aufgetischt in Kitzbühel. Für Dominic Thiem, der Weg zum Turniersieg wäre machbar für Österreichs Besten der vergangenen Jahre gewesen.
Der Rest ist Turniergeschichte. Und vielleicht ein kleines Stück österreichische Sporthistorie. Thiem scheiterte im Viertelfinale, dafür wurde der 21-jährige Filip Misolic erst im Endspiel vom Spanier Roberto Bautista Agut gestoppt. Und entfachte ein neues Tennisfeuer im Lande. Immerhin ist er der erste österreichische Finalist eines ATP-Turniers seit 2010 (Andreas Haider-Maurer in Wien), der nicht Jürgen Melzer oder Thiem heißt. Zeit, um den Youngster, der seit Montag auf Rang 137 liegt und damit erstmals bester Österreicher ist, etwas unter die Filzkugel-Lupe zu nehmen.
KURIER: Dürfen wir mit Ihnen noch einmal die vergangene Woche Revue passieren lassen? Welche Gefühle kommen hoch?
Filip Misolic: Als ich von der Wild Card erfahren habe, habe ich mit meinem Trainer alles unternommen, um da wirklich top zu sein. Das ist gelungen, die Woche war einfach nur irre.
Diese Woche machten Sie Urlaub. Der Medienrummel nahm wohl nicht ab, oder?
Doch. Es waren nur zwei, drei Anrufe – ich konnte mich also gut erholen.
Hat der Finaleinzug im Leben des Filip Misolic etwas verändert?
Nein, ich bleibe, wie ich bin. Und konzentriere mich schon auf das nächste Turnier. Dieses ist immer das Wichtigste.
Sie haben in Kitzbühel Ihr Karriere-Preisgeld verdoppelt. Auf der kleinen Bühne gibt es unverhältnismäßig weniger Geld als auf der großen. Sehen Sie hier Aufholbedarf?
Ja, ich denke schon, dass es dort zu wenig gibt. Wenn du bei einem Challenger gut aussteigen willst mit den hohen Nebenkosten, dann musst du es schon gewinnen. Nur dann bleibt etwas übrig.
Apropos Challenger: Sie haben in Salzburg gegen Thiem gespielt. Die Vorbereitung war ja nicht die idealste ...
Ja, das war mühsam. Ich habe am Sonntag noch Finale in Oberpullendorf gespielt. Fünf Minuten später habe ich mit meinem Trainer entschieden, doch nach Salzburg zu fahren. Dort habe ich am selben Abend noch die erste Qualifikationsrunde gespielt, am nächsten Tag die zweite. Ich bereue diese Entscheidung aber nicht, wurde ich doch mit einem Auftritt bei tollen Fans gegen Thiem belohnt. Und ich habe dort auch sehr gut gespielt. Den zweiten Satz hätte ich gewinnen können, dann wäre viel möglich gewesen.
Noch kurz zu Thiem: Kommt er wieder nach oben?
Ja, auf jeden Fall wird er wieder kommen. Er hat das Zeug, wieder an alte Leistungen anzuschließen. Man darf nicht vergessen, dass er eine schwere Verletzung hatte. Und er hat zuletzt auch schon gut gespielt.
Sie teilen mit einem anderen Großen den Geburtstag, werden morgen, dem 8. August, erst 21 – und sind damit genau 20 Jahre jünger als Roger Federer. Ist er ein Vorbild von Ihnen?
Eigentlich war dies immer Andy Murray. Mir taugt sein Spiel, ich habe mir vor allem die Rückhand etwas von ihm abgeschaut, meine stärkste Waffe.
Federer gewann die US Open, wo am 29. August der Hauptbewerb startet, fünf Mal. Steht das Major auch auf Ihrer To-do-Liste?
Ja, ich werde auch vorher nichts mehr spielen und mich gewissenhaft auf die Qualifikation bei den US Open vorbereiten.
Bei wem trainieren Sie?
Hauptsächlich bei Jürgen Melzer und mit meinem Konditionstrainer Lorenz Fink. Zeitweise trainiere ich auch in Kroatien.
Sie fühlen sich aber als Österreicher, als Grazer? Der kroatische Verband wollte Sie ja schon abwerben.
Natürlich bin ich Grazer. Auch meine Eltern leben hier.
Die sich überhaupt nicht in Ihre Karriere einmischen?
Naja, ich bespreche mit meinem Vater, was zu tun ist, und wir entscheiden auch gemeinsam.
Welche Vorgaben gibt es für dieses Jahr noch?
Ich möchte unter die besten 100, damit ich bei den Australian Open 2023 im Hauptbewerb stehe.
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