Thiem vor French Open: "Hätte nicht schlechter kommen können"
Wien bereitet sich auf das Stadthallenturnier vor, doch die Tennis-Welt blickt gespannt nach Paris. Seit Mittwoch ist auch US-Open-Sieger Dominic Thiem, der zuletzt zweimal in Roland Garros im Endspiel gestanden ist, in der Seine-Stadt. Für diese gilt ab Montag eine partielle Reisewarnung wegen der Coronavirus-Pandemie gilt. Thiem aber befindet sich bereits in der nächsten Sicherheitsblase und zählt bei den French Open zu den Mitfavoriten.
Allerdings hat der 27-jährige Weltranglisten-Dritte eine sehr schwierige Auslosung vor sich. "Die ist natürlich richtig tough. Ich konzentriere mich sowieso nur auf die erste Runde. Cilic das letzte Match in New York war richtig eng, obwohl es in vier Sätzen war, da sind wir knapp am fünften vorgeschrammt", meinte Thiem am Freitag bei einer Pressekonferenz im Vorfeld des Stadthallenturniers via Live-Schaltung aus Paris. Es gäbe fast keinen unangenehmeren Gegner. "Weil er ein absoluter Champion ist, alles gewonnen hat und bei jeder Partie hundertprozentig an den Sieg glaubt. Ich muss von Anfang an voll da sein", wiederholte Thiem Aussagen, die er zuletzt auch vor dem Drittrundenmatch gegen den Kroaten in Flushing Meadows getätigt hatte.
"Der Weg dorthin ist ein weiter"
Bringt Thiem in Paris seine Höchstform, dann ist er neuerlich Kandidat auf den Titel. Doch zu einer Wiederholung der Finali von 2018 und 2019 gegen Superstar Rafael Nadal kann es wegen der Auslosung nicht kommen. Nadal wäre schon im Halbfinale Gegner des Lichtenwörthers. Thiem stört sich daran nicht sonderlich. "Na ja, es war von Anfang an klar: wenn ich das Finale wirklich erreichen will, muss ich entweder Djokovic oder Nadal im Semi schlagen. Jetzt ist es halt Nadal auf meiner Hälfte oder ich bin in seiner, besser gesagt, aber der Weg dorthin ist ein richtig weiter", erklärte der 17-fache Turniersieger.
Die nächsten Runde habe er im Auge, doch der Fokus gelte allein Cilic. "Es ist echt schwer, die Auslosung hätte fast nicht schlechter kommen können. Ich versuche jetzt einfach mich richtig gut vorzubereiten, ein paar gute Trainings reinzukriegen und dann voll da zu sein."
Die herbstlichen Temperaturen in Paris sei er auch von vorangegangenen Jahren im wechselhaften Frühling der Stadt der Liebe gewöhnt. "Es ist schon kühl, man spürt ganz deutlich, dass der Herbst da ist, aber es ist Ende September", so Thiem, der am Donnerstag zwei erste Trainings absolviert hat. "Ich habe ja fast ausschließlich gute Erinnerungen an Roland Garros. Daher habe, sobald ich da den Platz betrete, immer ein gutes Gefühl in mir."
Thiem macht sich keine Sorgen
Die Corona-"Blase" in Paris sei im Vergleich zu New York sehr ähnlich, aber: "Es fühlt sich insofern komplett anders an, weil wir in New York nie in der Stadt waren. Wir sind nur zwischen Long Island und der Anlage hin- und hergependelt, wo wir eigentlich keine Leute gesehen haben. Hier fahren wir komplett durch die Stadt durch und die Stadt fühlt sich ganz normal an. Es sind viele Leute auf der Straße, die Restaurants sind voll, alle mit Maske."
Für Thiem ist es nur schwer vorstellbar, dass "das normale Leben im Gange ist, aber wenn das Turnier beginnt nur ganz wenige Zuschauer da sind". Er fühlt sich trotz zugelassener Zuschauer in Paris, wenn auch auf bereits nur noch 1.000 reduziert, sicher. "Weder das Turnier noch die Stadt Paris will sich da sicher irgendetwas zuschulde kommen lassen. Ich denke, dass sowohl Zuschauer als auch Spieler sehr sicher sind und wir uns keine Sorgen machen brauchen."
Der geänderte Turnierball (von Babolat auf Wilson), der weniger hoch abspringt und auch die generell kühleren Temperaturen, könnten ein Vorteil für Novak Djokovic sein. "Vielleicht kommt das ein bisserl mehr dem Novak zugute, aber abgesehen von dem ganzen ist ein Nadal in Paris immer der Topfavorit, dann kommt lange nichts", versichert Thiem. Die Vorgeschichte mit zwölf Titeln und "weil er der mit Abstand beste Sandplatzspieler der Geschichte ist", nannte er als Gründe.
Titel kann ihm keiner nehmen
Ob der abgefallene Druck nach dem ersten Major-Titel tatsächlich hilft? "Das werden wir beim ersten Match sehen. Aber es fühlt sich definitiv so an, weil einfach ein gewisser Druck weg ist. Egal, was von jetzt an passiert, ich bin ein Grand-Slam-Sieger. Das wird mir nie mehr irgendwer wegnehmen", weiß Thiem. Dennoch beginne in Paris alles bei Null. "Das heißt, ich habe keinen Bonus von irgendeinem Gegner, vielleicht hab ich in mir selber einen kleinen Vorteil, weil eben dieser große Druck abgefallen ist."
Ein weiterer Vorteil, gerade für Spieler, die 2019 in Paris sehr gut abgeschnitten haben wie er, liegt wohl darin, dass auf jeden Fall die bessere Punkteausbeute (2019 oder 2020) bis zur nächsten French-Open-Auflage im ATP-Ranking stehen bleiben wird. Thiem "muss" also nicht die 1.200 Punkte aus dem Vorjahr verteidigen. "Natürlich ist es auch irgendwie im Hinterkopf, dass man die Punkte verteidigen muss und vielleicht ein Absturz in der Rangliste möglich ist. Der ist jetzt einmal vermieden durch das neue System." Darum gelte es, so Thiem lächelnd, jene paar Turniere zu genießen, bei denen das so ist. "Es wird eh früh genug wieder kommen, dass man die ganzen Punkte verteidigen muss."
Währenddessen ist neben Thiem und Dennis Novak auch Jurij Rodionov im Hauptfeld der French Open. Der 21-jährige Niederösterreicher rang am Freitag in der letzten Qualifikationsrunde seinen Landsmann Sebastian Ofner mit 6:4,3:6,6:3 nieder und darf sich nun auf seine Premierenteilnahme bei einem Grand Slam Turnier freuen.
Rodionov trifft erstmals überhaupt auf den Franzosen Jeremy Chardy. Der 33-jährige Chardy ist als Nummer 64 im ATP-Ranking freilich klarer Favorit gegen den zwölf Jahre jüngeren Niederösterreicher. Rodionov ist aktuell 169. in der Weltrangliste.
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