Szilagyi: "Geschenkt hat man uns nichts"

Dreh- und Angelpunkt: Viktor Szilagyi lenkt Österreichs Spiel seit fast 20 Jahren.
Kapitän Viktor Szilagyi über die Entwicklung des ÖHB-Teams und Gastgeber Katar.

Die Weltmeisterschaft ab Donnerstag in Doha ist für Österreichs Handballer das vierte Großereignis seit 2010. Ein Eckpfeiler der Auswahl ist ihr Kapitän, Viktor Szilagyi. Der 37-Jährige ist vierfacher Europacup-Sieger und dreimaliger deutscher Meister.

KURIER: Herr Szilagyi, Sie entscheiden von Großbewerb zu Großbewerb, ob Sie ihre Teamkarriere fortsetzen. Warum?

Viktor Szilagyi: Das hat nichts mit Lust oder Laune zu tun. Der Grund, warum ich das ein bisschen aufschiebe, ist, weil ich weiß, welche Voraussetzungen nötig sind für so ein großes Turnier. Ein halbes Jahr davor kann ich diese Entscheidung in meinem Alter nicht mehr treffen. Es geht auch nicht um einen Showeffekt. Ich möchte schon noch immer eine gewisse Verantwortung im Spiel tragen. Ohne entsprechende Fitness ist das unmöglich.

Ist es im Alter schwieriger geworden, sich für eine harte Vorbereitungen zu überwinden?

Es gab schon immer Schöneres als so eine Vorbereitungen. Andererseits habe ich mich noch nie zum Training quälen müssen. Was meinen Körper angeht, habe ich gelernt, Vorkehrungen zu treffen.

Welche denn?

Wenn ich in eine Vorbereitung starte, habe ich bereits einen persönlichen Plan. Von null auf hundert geht mit 37 Jahren nicht mehr.

Zur Endrunde: Einige Spieler haben 2011 bereits eine WM gespielt. Hilft das?

Jede WM ist speziell. Aber: Wir haben 2011 Fehler gemacht, die wir in Katar bestimmt nicht mehr machen werden. Gleichzeitig brauchen wir aber auch diese Unbekümmertheit, die die Jungen mitbringen. Ich habe erst diese Woche wieder einmal einen sportlichen Steckbrief ausfüllen müssen. Mein erstes Länderspiel habe ich 1997 bestritten. Seitdem hat sich unglaublich viel verändert.

Was denn?

Der Verband ist um ein Vielfaches professioneller geworden. Es ist zwar ein bisschen schade, dass wir bis 2010 gebraucht haben, um bei einem großen Turnier dabei zu sein, aber den Weg dorthin möchte ich nicht missen. Wenn ich an all die Schrauben denke, an denen wir gedreht haben ... es ist schön, diese Entwicklung mitgestaltet zu haben, denn: Geschenkt hat man uns nichts.

Ist die Mannschaft nun besser als bei der WM 2011?

Wir können erfolgreich spielen. Und erfolgreich heißt, das Achtelfinale zu erreichen.

Sportveranstaltungen in Katar werden stets von Kritik begleitet. Wie gehen Sie damit um?

Jeder bekommt das mit. Alles andere wäre eine Lüge. Ob man das gut findet oder nicht, muss jeder selbst beantworten. Wir werden bei der WM ideale Voraussetzungen vorfinden, aber...

Aber?

Man muss kein Fachmann sein, um zu erkennen, dass Nachhaltigkeit bei der Handball-WM eher nicht gegeben sein wird. Ob diese Dimensionen wirklich nötig sind, bezweifle ich. Aber diese Frage stellt sich ja nicht nur im Handball oder nur in Katar. Stichwort: Olympia in Sotschi. Mit Deutschland, wo ich die Fußball-WM 2006 und 2007 die Handball-WM hautnah miterlebt habe, ist das nicht zu vergleichen.

Wie stehen Sie zu dem Umstand, dass Katar mächtig eingebürgert hat, um ein einigermaßen schlagkräftiges Handball-Team zu stellen?

Es gibt viele Dinge, die ich nicht gutheiße. Aber die Katari haben in dem Punkt nichts falsch gemacht, sie wollen sportlich bestmöglich abschneiden. Das ist legitim und sogar zu begrüßen. Zu hinterfragen sind die Regeln, die Nationenwechsel alle zwei, drei Jahre erlauben.

Was würden Sie zu so einem Angebot sagen?

Die gab’s ja immer wieder. Und zwar sehr, sehr lukrative. Das ist ja das Einzige, mit dem diese Länder locken können. Sportliche Argumente haben sie ja bis heute keine.

Haben Sie nachgedacht?

Nie. Bei mir stehen die sportlichen Ziele im Vordergrund. Aber: Nicht allen, die dorthin gehen, geht es nur ums Geld. Es ist ja auch eine Erfahrung, die man macht. Nur ich brauche die nicht.

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