Andererseits: Die Schule fängt bald wieder an, die Turnstunden sind gestrichen.
Ich halte da nichts von Politiker-Bashing. Das Hochfahren ist nicht einfach, ich habe Verständnis dafür, dass man Klassen teilen muss und die Turnsäle als Infrastruktur für den Klassenbetrieb braucht. Aber mit etwas Fantasie und Kreativität kann man entweder ein kleines Fitnessprogramm in den Unterricht integrieren oder auch digital sports in die Klasse oder noch besser ins Freie holen. Kinder brauchen Sport und Bewegung. Das ist nicht nur für mich als Vater von fünf Kindern sonnenklar, sondern auch jedem Lehrer.
„Wir bewegen Menschen“ ist der Leitspruch der Sportunion. Manche Sportarten mit Körperkontakt bleiben aber mehrere Monate lang verboten. Was kann man für diese Sportler machen?
Das Hochfahren kann nur funktionieren, wenn wir den Sport stufenweise hochfahren, die Gesundheit muss im Vordergrund bleiben. Und das trifft verschiedene Sportarten unterschiedlich. Natürlich kann Digital Sports Vereinssport nicht ersetzen. Wenn man nicht richtig Fußball spielen kann, bleibt ein Stück Wehmut zurück. Sport ist Teil unserer Lebenskultur, so wie der Sportverein als soziale Einrichtung DNA der Österreicher ist.
Weshalb ist der Sport für eine Gesellschaft so wichtig?
Der Sport ist die beste Lebensschule für Kinder. Was man im Sport lernt, ist die Basis für das gesamte Leben. Leistungsorientierung, gepaart mit Fairness in einem Teamgefüge. Außerdem ist es auf dem Sportplatz völlig unwichtig, welchen sozialen Hintergrund meine Sportpartner haben. Sport trägt in der Wertevermittlung einer Gesellschaft sehr viel bei.
Hat der Sport den Stellenwert, den er sich verdient?
Ich glaube, dass sich der Sport selbst oft schlecht verkauft, da müssen wir besser werden. Logischerweise stehen die Marcel Hirschers und Dominic Thiems im Vordergrund, aber ich würde mir wünschen, dass wir die vielen Ehrenamtlichen vor den Vorhang holen, die nach einem 40-Stunden-Job dann noch drei mal die Woche Kinder auf den Platz raus führen.
Lange Zeit war der Sport ein Anhängsel der Politik. Wie sehen Sie das aktuell?
Die Politik müsste einmal ein „Jahr des Sports“ ausrufen und alle Aktivitäten dem unterordnen. Warum nicht die mit öffentlichen Geldern erbauten Sportstätten für Sportvereine öffnen? Warum nicht die Sportvereine mehr in die Schulen holen? Erfreulicherweise hat die Politik in der Corona-Krise zumindest ein Zeichen gesetzt. Neben arbeiten und einkaufen gehen war auch Sport die Ausnahme aus der Ausgangsbeschränkung.
Am 2. Mai feierte die Sportunion den 75. Geburtstag. War waren die größten Leistungen?
Die Sportunion zeichnet aus, dass sie werteorientiert auf ihre Tradition setzt, gleichzeitig aber auch immer ein Innovationsmotor war für die Gesellschaft. Die Sportunion hatte sehr früh Damen an der Spitze, und sie hat etwa bereits Anfang der 50er für eine tägliche Bewegungseinheit in der Schule eingesetzt.
Seit Jahrzehnten gibt es die Diskussion um die drei Dachverbände Sportunion, ASKÖ und ASVÖ. Braucht es die wirklich?
Die flächendeckende Versorgung Österreichs mit 15.000 Sportvereinen ist etwas, worum uns viele Länder Europas beneiden. Darauf kann man stolz sein. Wichtig ist es jetzt, hundert Prozent aller Vereine durch die Krise zu bekommen. Gerade jetzt macht es sich bezahlt, dass sich drei Verbände die Betreuung dieser 15.000 Vereine aufteilen, diese österreichweit sicherstellen können und die Interessen der Sportvereine gegenüber der Politik gemeinsam kraftvoll vertreten. In der Idee, was wir für die Gesellschaft leisten wollen, sind wir uns ohnedies sehr ähnlich. In der Arbeitsweise und im Zugang zum Ziel sind wir unterschiedlich, wie die Gesellschaft auch. Und es fragt in Wien auch niemand, warum es Rapid und Austria gibt.
Kommentare