Sportminister Kogler zum ÖOC: "Irgendwann endet auch meine Geduld"

Vizekanzler Werner Kogler wurde positiv auf das Coronavirus getestet.
Es ist der Festtag im österreichischen Sport, wenn sich am Samstag Athleten und Verbände im Prater zum Tag des Sports treffen, um sich zu präsentieren und um Mitglieder anzuwerben. Doch in Feierlaune ist derzeit kaum jemand im rot-weiß-roten Sportbetrieb.
Die Vorwürfe und Anschuldigungen im Vorfeld der auf Freitag verschobenen und mittlerweile längst überfälligen Vorstandswahl des Österreichischen Olympischen Comités (ÖOC) sorgen für Irritationen und trüben die Stimmung. Sogar eine Strafanzeige wegen Untreue gegen ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel und den Vorstand ist anhängig.
➤ Mehr dazu: Das ÖOC setzt sich zur Wehr und spricht von „Rufmord“
Im Vorfeld der ÖOC-Generalversammlung, bei der die Wiederwahl von Präsident Karl Stoss und dessen veränderten Vorstandsteam erneut alles andere als gewiss ist, bat der KURIER Sportminister Werner Kogler (Grüne) zum Gespräch zu seiner Einschätzung.
"Der Sport ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Dort wie da erleben wir ein Mehr an Zuspitzung, an Konfrontation, an Unversöhnlichkeit. Im Sport, dem ja der Fair-Play-Gedanke innewohnt, richtet diese Entwicklung derzeit beträchtlichen Schaden an. Das ist in hohem Maße bedauerlich", sagt der Vizekanzler ganz allgemein. Der Steirer geht aber auch ins Detail.
Es sei nicht seine Aufgabe zu spekulieren, was sein wird und was sein könnte. Jeder Verein hat seine Statuten, entlang derer vorzugehen ist, sagt Kogler zur anstehenden Wahl und fährt fort: "Wobei nach meinem Kenntnisstand weitgehende Einigkeit darüber herrscht, dass die Statuten des ÖOC einer umfassenden Überarbeitung bedürfen."
Eine Statutenänderung strebt auch jene Gruppe an Fachverbänden an, die in den vergangenen Monaten vermehrt Kritik an der gegenwärtigen Führung des ÖOC geäußert hat. Kogler: "Für einen Konflikt dieser Größenordnung gehören aber wohl zwei. Es liegt auf der Hand, dass beide Seiten Fehler gemacht haben – vor allem auch im Umgang miteinander."
In seinem Kerngeschäft habe die olympische Bewegung in Österreich einen "hervorragenden Job gemacht. Die Vorbereitung auf Olympische Spiele, die Organisation der Entsendungen, die Betreuung vor Ort, da gibt es kaum etwas auszusetzen. Auch die Einnahmensituation, etwa durch Sponsorengelder, hat sich über die Jahre sehr positiv entwickelt", erklärt der 61-jährige Bundespolitiker.
Diesen Punkt stellte auch bis zuletzt kaum jemand in Abrede, nicht einmal die schärfsten Kritiker der Führungsriege. Viel eher für Schlagzeilen sorgte das ÖOC mit einem Immobiliendeal und einer Crowdfunding-Plattform (mehr dazu).
Wann endet Koglers Geduld?
Kogler, der sich gerade von einer Corona-Infektion erholt, vertraut in diesen Punkten der unabhängigen Justiz sowie eingesetzten Schiedsgerichten (etwa rund um die Vorstandswahl). Er fügt aber auch an: "Ich werde das Gefühl nicht los, dass manche Funktionärinnen und Funktionäre aus den Augen verloren haben, wofür sie gewählt worden sind: Nämlich Rahmenbedingungen zu schaffen bzw. zu optimieren, damit Athletinnen und Athleten in der Lage sind, Höchstleistungen zu erbringen." Nachsatz: "Ich sage es aber auch ganz offen: Wenn der Konflikt beginnt, negativ auf die Athletinnen und Athleten auszustrahlen, indem etwa die Qualität der Betreuung leidet, endet auch meine Geduld."
Dass er sich selbst lange nicht - oder nur sehr diplomatisch - in der Causa zu Wort gemeldet hat, begründet der Sportminister wie folgt: "Ich finde es bemerkenswert, dass in Österreich einerseits immer die enge Verzahnung von Politik und Sport beklagt wird, aber andererseits sofort nach einer Einmischung durch die Politik gerufen wird, wenn Dinge aus dem Ruder laufen. Für die Autonomie des Sports wurde lange und berechtigt gekämpft."
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