Aus Liebe zum Millionen-Geschäft: Wenn Sport-Beziehungen ein Leben dauern
Mehr als 27 Jahre waren Golf-Superstar Tiger Woods und die Marke Nike unzertrennlich miteinander verbunden. Seit 1996 gibt es kaum ein Foto des heute 48-jährigen US-Amerikaners, auf dem nicht irgendwo der berühmte „Swoosh“, das Nike-Logo, zu sehen ist.
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Am Montag verkündete Woods das Ende der Partnerschaft und bedankte sich bei allen Mitarbeitern. Vor allem bei Phil Knight, der das Unternehmen 1964 gegründet hat, im US-Bundesstaat Oregon als Blue Ribbon Sports, 1971 umbenannt in Nike. Er habe damals „Glück gehabt, eine Partnerschaft mit einer der ikonischsten Marken der Welt zu beginnen“, sagte Woods.
Der Sportartikel-Hersteller ging mit dem Ausnahmeathleten durch dick (15 Major-Turniersiege, insgesamt 108 Turniersiege, langjährige Nummer eins der Welt) und dünn (private Krisen, Verletzungspausen). Nike erwirtschaftete durch die Partnerschaft mit Woods umgerechnet knapp 10 Milliarden Euro. Auf der anderen Seite soll Woods von Nike schätzungsweise knapp 500 Millionen Euro erhalten haben. Zuletzt hatte er 2013 einen Zehnjahresvertrag über 200 Millionen Dollar (rund 183 Millionen Euro) unterschrieben.
Über die Gründe der Trennung gibt es keine genauen Angaben, es kann nur vermutet werden, dass sie mit den wirtschaftlichen Problemen bei Sportartikelhersteller zu tun hat (siehe unten). Eine solch lange und lukrative Partnerschaft ist im Sport keine Selbstverständlichkeit, aber auch kein Einzelfall.
Langzeitbeziehungen
Bis dass der Tod uns scheidet – und vielleicht sogar noch darüber hinaus. Der kürzlich verstorbene Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer blieb seinem Ausrüster Adidas stets treu, kickte seine ganze Karriere mit den drei Streifen auf seinen Fußballschuhen. Für diese machte er einst sogar bei „Wetten, dass …?“ Werbung. Im Adidas-Sortiment gibt es auch heute noch Trainingsanzüge, die nach dem Kaiser benannt sind.
Das Unternehmen aus dem bayrischen Herzogenaurach ist aber nicht nur unzertrennlich mit Beckenbauer verbunden, sondern auch mit dem FC Bayern München und der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. So sollen die revolutionären Adidas-Schuhe samt Schraubstollen auch ein Mitgrund für das Wunder von Bern gewesen sein, als Deutschland 1954 Weltmeister wurde.
Die Liste von Sportstars, die mit ihren Langzeitbeziehungen zu Sponsoren für Aufsehen sorg(t)en, ist lang. Einige Beispiele:
In Sachen Fußball kommt man nicht an Lionel Messi und Cristiano Ronaldo vorbei. Der eine (Messi) hat mit Adidas 2017 einen Vertrag auf Lebenszeit geschlossen, soll dafür 21,6 Millionen Euro pro Jahr kassieren. Der andere (Ronaldo) ging eine lebenslange Bindung mit Nike ein, der Deal bringt ihm angeblich rund 940 Millionen Euro.
Vor Ronaldo bekamen beim US-Ausrüster nur zwei Sportler Verträge auf Lebenszeit. Dabei handelt es sich um die beiden US-Basketball-Superstars LeBron James und Michael Jordan. Letzterer unterzeichnete 1984 bei Nike. Für den Ausrüster ein Goldgriff, ohne Jordan wäre Nike wohl nie der größte Sportartikelhersteller der Welt geworden, glauben Experten. Das Schuhmodell „Air Jordan“ ist auch im Jahr 2024 noch gefragt, Jordan kassierte mit Lizenzen bis heute deutlich mehr als in seiner Karriere. Nicht umsonst wird behauptet, er sei der erfolgreichste Schuhverkäufer der Welt.
Usain Bolt lief seine Weltrekorde mit Puma-Schuhen und blieb dem deutschen Unternehmen treu, bis er eben jene an den Nagel hängte.
Bei den Frauen fließt im Tennis das meiste Geld. Naomi Osaka, ehemalige Nummer eins der Welt, wechselte 2019 von Adidas zu Nike, wo die 26-Jährige einen Langzeitvertrag unterschrieb. Im Jahr 2022 war die Japanerin mit einem Gesamtverdienst von umgerechnet rund 50 Millionen Euro die bestbezahlte Athletin weltweit. Nach ihrer Babypause ist die Jung-Mama seit einigen Wochen wieder zurück auf dem Tennis-Court.
In Österreich gehört Red Bull zu den Top-Sponsoren im Sport. Noch vor dem Einstieg in Teamsportarten wie Fußball oder Formel 1 unterstützte die Salzburger Firma Einzelsportler – großteils auch nach deren Karriere. Wie zum Beispiel Andreas Goldberger. Unvergessen ist der gelbe Helm von Hermann Maier. Die Partnerschaft mit Raiffeisen überdauerte seine Ski-Karriere und hält bis heute an. Mit einem blauen Helm unterwegs waren stets Benjamin und Marlies Raich. Uniqa setzt auch heute noch auf die Familien-Power aus dem Pitztal.
Für Nike, den weltgrößten Sportartikelhersteller, läuft es derzeit auf mehreren Ebenen etwas unrund. Ausgerechnet im Jahr der Fußball-Europameisterschaft, neben den Olympischen Spielen heuer der wichtigste Umsatzbringer, setzt dem Ausrüster der Mitbewerb zu. Denn nicht nur von Tiger Woods hat sich Nike getrennt. In der österreichischen Fußball-Bundesliga wechselt nach der Wiener Austria (zu Macron) auch Meister Salzburg (zu Puma) den Ausrüster. International soll auch der FC Barcelona mit der Zusammenarbeit mit Nike unzufrieden sein und nach Ersatz suchen.
Keine guten Vorzeichen für den US-Konzern, der nach einem starken Geschäftsjahr 2022 wirtschaftlich gerade einen Durchhänger hat. Im zweiten Geschäftsquartal 2023 blieb Nike weit hinter den Markterwartungen zurück. Wegen der allgemeinen Kaufzurückhaltung fuhren die Sportartikelhändler ihre Bestellungen zurück. Die Hersteller lieferten sich Rabattschlachten und blieben zum Teil auf hohen Lagerbeständen sitzen. Das verursacht hohe Kosten, weshalb Nike bei den Ausgaben auf die Bremse steigt. Kurz vor Weihnachten kündigte Finanzchef Matthew Fried an, durch mehr Automatisierung und ein einfacheres Produktsortiment den Konzern schlanker aufzustellen. Dadurch sollen in den nächsten drei Jahren Kosten von zwei Milliarden Dollar eingespart werden. Mit der Umstrukturierung ist auch ein Stellenabbau verbunden. Nike beschäftigt weltweit rund 83.000 Mitarbeiter.
Nike ist mit einem Jahresumsatz von zuletzt 43,8 Mrd. Euro mit großem Abstand Marktführer in der Sportartikelbranche, gefolgt von Adidas mit 22,5 Mrd. Euro, Puma, Anta Sports (China), Sketchers und Under Armor. Vor allem Anta, Mutterkonzern von Salomon, Atomic, Fila und Descente, ist in Europa auf der Überholspur. Rivale Adidas hofft nach einem durchwachsenen Jahr – erwartet wird ein leichtes Umsatzminus – heuer vor allem auf die Sportgroßevents.
Die Deutschen hatten im Vorjahr ebenfalls Probleme mit einem prominenten Aushängeschild. Der umstrittene Rapper Kanye West geriet wegen antisemitischer Äußerungen stark in die Kritik. Nach Druck von außen beendete Adidas daraufhin die Zusammenarbeit und stellte den Verkauf der vom Musiker designten Sneaker-Reihe „Yeezy“ vorzeitig ein. Der Restbestand wurde online billig abverkauft. Zuvor hatte der Verkauf der hochpreisigen Designerprodukte Adidas 1,2 Milliarden Euro Umsatz beschert. Der Rapper wurde zu einem der reichsten Menschen weltweit.
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