Sensationeller EM-Auftakt für Österreich
Am Ende kannte Österreich nicht einmal Gnade. Am Ende wurde es gar noch zweistellig für die Tschechen, die bei ihrem achten EM-Turnier einen der bittersten Abende hinnehmen mussten. Ein Hammerwurf von Roland Schlinger bescherte Österreichs Handballern bei deren zweiter EM-Teilnahme einen Auftakt nach Übermaß.
Nach dem 30:20-Erfolg darf das Nationalteam bereits nach dem ersten von drei Vorrundenspielen mit dem Aufstieg in die Hauptrunde spekulieren. „Man hat gesehen, was für ein Geist in dieser Mannschaft. Als Kapitän erfüllt mich das mit unglaublichem Stolz“, sagte Viktor Szilagyi nach einem der besten Auftritte in der rot-weiß-roten Handball-Geschichte. Szilagyi, die 35-jährige Führungsfigur, war es auch, der mit dem 1:0 das erste von vielen Signalen an diesem Abend im dänischen Herning setzte. Doch die Österreicher sind mittlerweile mehr als eine Ein-Mann-Show.
Das ist die große Erkenntnis des gestrigen Abends. Mit einem Topspieler lässt sich kein EM-Spiel gewinnen und schon gar nicht dominieren. Der dritte Großbewerb innerhalb von vier Jahren hat Spuren hinterlassen: in den Armen, Beinen und – am wichtigsten – in den Köpfen. „Es gab keinen Zweifel, wer in diesem Spiel die bessere Mannschaft gewesen ist“, sagte Tormann Nikola Marinovic. „Die Tschechen setzten auf Individualität. Darauf hatten wir Antworten.
Überragender Goalie
Selbst ein nervöser Beginn brachte Österreichs Herren nicht aus dem Konzept. Nach zwei frühen Zeitstrafen begann der Spielplan zu greifen: aus einer aggressiven Deckung heraus gelangen den Österreichern flotte Gegenstöße. Der Garant für den Erfolg blieb die Abwehr. Im Zusammenspiel mit dem Mittelblock wurde Tormann Nikola Marinovic zum spielentscheidenden Faktor. Die Tschechen waren früh angezählt. Als Santos zur Drei-Tore-Führung traf, reagierte Tschechiens Teamchef mit dem Time-Out (20.). Die einminütige Verschnaufpause sollte eher den Österreichern helfen: 14:9 hieß es zur Pause. Als die Pausensirene gerade so wieder abgeklungen war, setzten die Österreicher bereits wieder das nächste, vielleicht das entscheidende Zeichen: In Unterzahl erhöhte Szilagyi auf 15:9. Zwanzig berauschende Minuten später führte Österreich mit zehn Toren. Der Auftakt-Coup war da längst rot-weiß-rote Gewissheit.
Reaktionen zum Auftaktsieg der österreichischen Handball-Männer bei der EM in Dänemark gegen Tschechien (30:20):
Viktor Szilagyi (ÖHB-Kapitän): "Als Kapitän erfüllt mich das mit unglaublichem Stolz. Ab der ersten Minute hat jeder für den anderen gefightet. Es war eine wahnsinnig starke, mannschaftlich geschlossene Leistung mit einem überragenden Torhüter, der noch einmal herausgestochen ist. Es ist ein fantastisches Gefühl, so in ein Turnier zu starten. Man hat in den letzten Monaten, Wochen und vor allem Tagen gemerkt, was für ein Geist in dieser Mannschaft steckt."
Patrekur Johannesson (ÖHB-Teamchef): "Kompliment an die Mannschaft. Man merkt, dass wir eine gute Einheit sind. Jeder ist bereit, für den nächsten zu arbeiten. Deshalb hat eine Mannschaft wie Österreich die Chance gegen eine große Nation wie Tschechien. Ich schaue jetzt aber nicht auf die Hauptrunde, sondern auf das nächste Spiel. Man soll das jetzt genießen. Wir können stolz sein auf diese Leistung. Da waren schöne Szenen dabei."
Nikola Marinovic (ÖHB-Torhüter): "Ich muss meiner Abwehr ein riesengroßes Dankeschön aussprechen. In der ersten Hälfte habe ich nicht so viele Bälle gehalten, aber da sind wir hinten sehr gut gestanden. Es war eine überragende Mannschaftsleistung. Ich bin wirklich stolz, dass wir uns so präsentiert haben. Ich glaube, dass das ein großer Schritt in die Hauptrunde war. Wir sind hinten so gut gestanden, dass die Tschechen keine Lösung gehabt haben. Wir haben uns wirklich wie eine Mannschaft präsentiert. Wir haben auch nach vorne sehr geduldig gespielt."
Robert Weber (Bester ÖHB-Werfer): "Wir haben ein Ausrufzeichen gesetzt. Jetzt sind die Leute gewarnt vor uns. Super, wenn man sieht, wie leicht es uns in der zweiten Hälfte teilweise gefallen ist. Das war genial. Der Teamgeist war heute das Um und Auf. Wir haben Jicha fast komplett rausgenommen."
Titelfavorit und Gastgeber Dänemark hat den Auftakt der Europameisterschaft am Sonntag erwartungsgemäß erfolgreich absolviert. Vor 14.000 Zuschauern in Hernings ausverkaufter Jyske Bank Boxen siegten Mikkel Hansen und Co. im Abendspiel der Österreich-Gruppe A gegen Mazedonien mit 29:21 (12:8). Platz eins nach dem ersten Spieltag gehört nach dem 30:20-Erfolg über Tschechien aber der ÖHB-Auswahl.
Die Dänen starteten gegen die nach Flugproblemen erst 19 Stunden vor der Partie angekommenen Mazedonier plangemäß, führten nach einer Viertelstunde bereits 9:2. Die Balkan-Truppe, bei der Krems-Legionär Vlatko Mitkov rund 15 Minuten spielte, arbeitete sich in der Folge aber wieder auf 8:11 (26.) heran - nicht zuletzt dank Goalgetter Kiril Lazarov, der insgesamt auf sieben Treffer kam. In der zweiten Hälfte ließ die Truppe von Ulrik Wilbek aber nichts mehr anbrennen und setzte sich ab dem 13:10 (33.) Schritt für Schritt ab.
Gruppe A:
1. Spieltag:
Österreich – Tschechien 30:20 (14:9). Beste Werfer Österreich: Weber 7, Schlinger und Szilagyi je 6.
Dänemark - Mazedonien 29:21 (12:8). Beste Werfer: Mortensen 5, Hansen 4, Lindberg, Toft Hansen, Knudsen je 3 bzw. Lazarov 7, Stojchevski 3.
2. Spieltag, Dienstag, 18.15 Uhr:
Mazedonien – Tschechien. 20.30: Österreich – Dänemark. Donnerstag, 18.15: Mazedonien – Österreich. 20.30: Dänemark – Tschechien - alle Spiele live auf ORF Sport +
Gruppe B:
Island – Norwegen 31:26 (16:10), Spanien – Ungarn 34:27 (17:10).
Kommentare