Ringer-WM: Wie man trotz gekürzter Förderungen erfolgreich sein will
"Eine WM-Medaille wäre ein Traum", sagt Thomas Reichenauer, der Präsident des österreichischen Ringerverbandes. Realistisch gesehen wäre es aber schon ein schöner Erfolg, wenn einer der fünf Männer oder Martina Kuenz bei der Weltmeisterschaft am Samstag und Sonntag in Belgrad unter die besten fünf kommen würde.
"2022 war das erfolgreichste Jahr, seit es uns gibt", sagt Reichenauer. Daniel Gastl gewann EM-Bronze, Markus Ragginger wurde Zweiter bei der U-23-EM und Lars Matt holte bei der U-15-EM in Zagreb Bronze. Reichenauer ist seit 2011 Präsident des Ringer-Verbandes. "Zwischen 2001 und 2011 hat Österreich 13 Medaillen geholt, allesamt bei den Frauen", sagt der sportaffine Manager und Managing Director von Outletcentern in ganz Europa. Sein Ziel war es, jedes Jahr eine Medaille zu holen, auch bei den Männern. 2011 bis 2022 wurden 22 Medaillen geholt – neun bei den Frauen und 13 bei den Männern.
"Für uns hat es nur den österreichischen Weg gegeben", sagte Reichenauer. Im Gegensatz zu den Olympischen Spielen brauchen die Athleten bei Welt- und Europameisterschaften keine Staatsbürgerschaft. Es genügt die Lizenz eines Verbandes, ihre Nationalität können die Athleten behalten.
Ringen um Integration
Die Integrationsthematik aber spielt im Ringen in Österreich eine große Rolle: Viele Athleten haben ihre Wurzeln in Ländern mit großer Ringertradition wie der ehemaligen UdSSR, Iran, Syrien oder Irak. So auch Aker al Obaidi, der in Tirol lebt und 2021 in Tokio im Flüchtlingsteam gekämpft und Platz acht erreicht hat. "Er soll bald eingebürgert werden. Er ist bestens integriert und hat eine Ausbildung zum Kindergartenpädagogen gemacht", sagt Reichenauer.
Der Präsident orientiert sich an internationalen Systemen, wie über die Breite für die Spitze gearbeitet wird. "Ein Bundesleistungszentrum wie es die Judokas in Linz haben, wäre großartig." Es gibt aber auch Gespräche mit dem Weltverband, dass ein Olympiastützpunkt nach Salzburg kommen könnte. Bis dato konzentriert sich die Arbeit des Verbandes auf die Schwerpunkte Vorarlberg, Tirol und Salzburg.
In Österreich wurden dem Verband nach Tokio fast zehn Prozent der Förderung gestrichen, wobei diese noch immer mehr als die Hälfte des Jahresbudgets ausmacht. Das beträgt 900.000 Euro und wird zu einem Drittel von Sponsoren finanziert. Daher hat der Verband auch nur drei Teilzeitkräfte angestellt. Und die beiden Sportdirektoren sind gleichzeitig auch die Nationaltrainer. Reichenauer würde auch gerne noch mehr in den Nachwuchs investieren. Der ehemalige Top-Ringer Marco Schindler hat ein Projekt namens "Wrestling goes School".
Verband
Der ÖRSV hat knapp 4.000 Mitglieder und rund 35 Vereine. In den Nationalmannschaften kämpfen rund 100 Athleten in allen Altersklassen.
WM in Belgrad
Daniel Gastl (Inzing) ringt griechisch-römisch bis 97 Kilo, seine Klubkollegen Michael Wagner bis 87 Kilo und Aker al Obaidi bis 63 Kilo. Im freien Stil kämpfen Simon Marchl (Wals) bis 74 Kilo und Benjamin Greil (Inzing) bis 86 Kilo. Martina Kuenz, die Vize-Europameisterin von 2019, ringt im freien Stil bis 76 Kilo. Markus Ragginger konzentriert sich auf die U-23-WM im Oktober.
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