Remis gegen Deutschland: Österreich schafft die nächste Überraschung

Remis gegen Deutschland: Österreich schafft die nächste Überraschung
Die Handballer haben im EM-Duell mit Deutschland den Sieg vor Augen. Das Remis ist dennoch historisch und eröffnet sogar Chancen auf das Halbfinale.

Eigentlich brauchen österreichische Handballer gegen deutsche nicht antreten. Zu übermächtig ist der große Nachbar in der extrem von Deutschland geprägten Sportart. Von 27 Länderspielen ging das rot-weiß-rote Team 24-mal als Verlierer vom Platz.

Aber im österreichischen Handball ist seit einer Woche vieles anders. Die Europameisterschaft in Deutschland dürfte zum Schlüsselmoment  werden. Das mussten am Samstag auch leidvoll die deutschen EM-Gastgeber erfahren. Das 22:22-Remis im zweiten Hauptrundenspiel ist für Österreich eine  Sport-Sensation – und ein herber Dämpfer für den haushohen Favoriten. Als weiter ungeschlagenes Team darf Österreich nun mit dem Halbfinale spekulieren.

„Am Ende dürfen wir sogar dem Sieg nachtrauern, wir waren das bessere Team“, sagte Teamchef Ales Pajovic nicht ohne Stolz. Und der wettkampferprobte Flügelspieler Robert Weber sagte nach seinem 220. Länderspiel: „Es ist nicht zu glauben, was hier passiert.“

Der langjährige Deutschland-Legionär verpasste im letzten Spielzug der Österreicher einen zu ungenauen Pass, womit die angeschlagenen Deutschen noch irgendwie das Remis retteten und eine völlige Blamage abwendeten. Zwölf Minuten vor dem Ende betrug Österreichs Vorsprung einmal fünf Tore. Doch rot-weiß-rote Stangenwürfe und Paraden von Keeper Wolff verhinderten die Vorentscheidung. „Wir müssen froh sein über den Punkt. Und das ist ein bescheidenes Gefühl“, resümierte DHB-Spieler Julian Köster. 

Niemand in der mit fast 20.000 Besuchern ausverkauften Kölner Arena konnte einen Zweifel haben, wer Tempo und Strategie in diesem EM-Hauptrundenspiel vorgaben. Die Österreicher waren kompakter, konzentrierter und aggressiver.

 

Möstl hielt 17 der 37 deutschen Würfe

Möstl hielt 17 der 37 deutschen Würfe

Der Plan von Teamchef Pajovic ging wieder auf

Auch in der fünften Partie dieser Endrunde war der Spielplan von Teamchef Pajovic aufgegangen. Die Rückraum-Achse aus Mykola Bilyk und Lukas Hutecek fand immer wieder gute Lösungen im Spielaufbau, die Deckung schloss zügig alle Lücken. Was doch den Weg durch die Abwehrreihe fand, räumte zumeist Constantin Möstl weg. Der Hard-Goalie erwischte erneut einen außergewöhnlichen Tag. Wie lange der Wiener noch in der heimischen Liga zu sehen sein wird, wird immer unklarer.

Ferne Zukunft. Die Gegenwart ist ohnehin viel zu schön. Alle erwarteten eine Reaktion der lethargisch und gehemmt wirkenden Favoriten. Denn sie durften keinesfalls verlieren, um ihr Turnierziel, das Halbfinale, zu erreichen.  Die Österreicher gefallen sich aber schon das gesamte Turnier über in dieser Rolle.

 

Neu ist im Jahr 2024, dass die öffentliche Verzwergung  aber immer dann endet, sobald die Spielsirene ertönt. Auch die teilweise erdrückende   Stimmung im deutschen Handball-Tempel lähmte nicht, sondern beflügelte. „Es macht einfach Spaß mit diesem Team zu spielen“, sagte Hutecek. Nur in den letzten neun Spielminuten, in denen kein Treffer mehr gelang, wurde es erstmals ungemütlicher.  

Am Montag wartet der Olympiasieger

Damit ergibt sich vor den abschließenden beiden Spieltagen eine interessante Ausgangsposition. Olympiasieger Frankreich ist mit dem Punktemaximum klar auf Kurs Richtung Halbfinale, doch dahinter ist viel möglich. Ungarn hält nach dem  Sieg über Kroatien – wie Österreich – bei vier Punkten. Deutschland hat drei. Am Montag geht es gegen die Franzosen (18 Uhr). Hutecek: „Frankreich wird viel, viel härter.“ Wenn das die Deutschen hören!

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