Spätes Dopinggeständnis von Jan Ullrich
Spät, aber doch: Ex-Radprofi Jan Ullrich hat im Nachrichtenmagazin Focus erstmals Blutdoping beim spanischen Skandal-Arzt Eufemiano Fuentes zugegeben. „Ja, ich habe Fuentes-Behandlungen in Anspruch genommen“, sagte der umstrittene Tour-de-France-Sieger von 1997 in einem Interview. Er habe aber keine anderen Dopingmittel verwendet als sein eigenes Blut, stellte der gebürtige Rostocker klar und behauptete, damit lediglich für Chancengleichheit gesorgt zu haben. Bisher hatte der 39-Jährige stets mit verklausulierten Aussagen seine Verwicklung in die schwarze Doping-Ära des Radsports zugegeben, aber keine umfassende Beichte abgelegt.
Kein Betrug?
Mit einem Geständnis in Raten und einer Interview-Offensive drängte der Wahl-Schweizer zuletzt an die Öffentlichkeit und scheint damit eine zweite Chance für sich einzufordern. Betrugsvorwürfe wies Ullrich weiter zurück. „Fast jeder hat damals leistungssteigernde Substanzen genommen. Ich habe nichts genommen, was die anderen nicht auch genommen haben“, sagte der Olympiasieger von Sydney 2000. „Betrug fängt für mich dann an, wenn ich mir einen Vorteil verschaffe.“
Erfolge im Radsport seien am Ende eine Frage von Talent, Teamgeist, Siegeswillen und der Leistungsfähigkeit: „Und geschadet habe ich mir selbst am meisten, was mein Ansehen in der Öffentlichkeit und mögliche gesundheitliche Folgen, die ich nicht habe, angeht.“
„Ich habe nichts genommen, was die anderen nicht auch genommen haben.“ Jan Ullrich
Ullrich war im vergangenen Jahr vom Internationalen Sportgerichtshof CAS wegen seiner Verwicklung in den Skandal um Dopingarzt Fuentes zu einer zweijährigen Sperre verurteilt worden, die rückwirkend vom 22. August 2011 an ausgesprochen wurde. Außerdem wurden alle seine Resultate vom 1. Mai 2005 an gestrichen.
Seine Unterstützung bei der Aufarbeitung der schwarzen Ära im Radsport hat Ullrich erneut nicht angeboten. „Das Thema ist für mich abgehakt. Ich will nur noch nach vorne schauen und nie wieder zurück.“
Kritiker
Für Thomas Bach, den Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes und Anwärter auf die IOC-Präsidentschaft kommt das Geständnis viel zu spät: „Dafür hätte er sich schon vor einigen Jahren umfassend erklären müssen. Selbst jetzt arbeitet er nach meinem Gefühl noch mit rhetorischen Winkelzügen.“ Auch Rad-Verbandspräsident Rudolf Scharping stimmt zu: „Mit solch einem Geständnis hätte er sich und dem Radsport schon vor Jahren einen Gefallen getan.“
In Zukunft will Ullrich Fahrradtouren für Hobbyradfahrer anbieten. Gesundheitlich gehe es ihm nach überstandener Burn-out-Erkrankung im Jahr 2010 wieder gut. „Zum Glück ging alles glimpflich aus dank meiner Frau und meinen Kindern“, sagte er der Sport Bild. „Wenn ich allein zu Hause gesessen hätte, weiß ich nicht, was passiert wäre. Meine Familie hat mich gerettet.“
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