Rad-Star Felix Gall: "Ich habe es zu sehr mit der Brechstange versucht"

Felix Gall rollt sich bei der Tour de Suisse für die Tour de France ein
Für Felix Gall beginnt nun die wichtigste Phase der Radsaison. Am Sonntag nimmt der 27-jährige Osttiroler die Tour de Suisse in Angriff, die einwöchige Rundfahrt dient dem Profi aus dem französischen Decathlon AG2R La Mondiale-Team als Formtest für die Tour de France, bei der er 2023 einen Etappensieg feiern konnte und als Neuling Gesamt-Achter wurde.
Felix Gall hat sich gerade mit einem dreiwöchigen Höhentrainingslager in Les Arcs auf die Höhepunkte des Radsommers eingestimmt. In dieser Saison wurde der Osttiroler Gesamtfünfter bei der Tour of the Alps und erreichte bei mehreren Etappen Top-3-Ergebnisse.
KURIER: Passt die Formkurve Richtung Tour de France?
Felix Gall: Grundsätzlich bin ich mit der Saison nicht unzufrieden. Es hat heuer zwar noch bei keiner Rundfahrt alles so zusammengepasst, dass ein richtig starkes Ergebnis rausgekommen ist, aber ich habe das Gefühl, dass ich besser dastehe, als letztes Jahr.

Woran machen Sie das fest?
Im letzten Jahr hat bei mir irgendetwas gefehlt. Mir ist es nicht gelungen, ganz vorne so mitzufahren, wie ich es wollte. Ich konnte am Ende der Etappen nie wirklich zulegen, mir haben einfach die Reserven gefehlt.
Woran ist das gelegen?
Schwer zu sagen. Aber vielleicht habe ich zu hohe Erwartungen an mich gestellt. Möglicherweise hat mich das ein bisschen blockiert.
Sie haben 2023 mit dem Etappensieg bei der Tour de France die Latte auch sehr hochgelegt.
Natürlich. Und man wird dann selbst schnell einmal ein bisschen unzufrieden, weil die Referenzen und damit auch die Ausgangslage ganz anders sind.
Bei Ihrer zweiten Tour de France waren Sie in Ihrem Team dann bereits Kapitän.
Ich habe mich mit dieser Rolle angefreundet und komme damit auch immer besser zurecht. Letztes Jahr hat mich das schon noch ein bisschen überfordert. Ich habe Zeit gebraucht, um in diese Kapitänsrolle reinzuwachsen. Ich habe gemerkt, dass ich nicht ganz so super funktioniere, wenn ich mich zu sehr unter Druck setze.
Haben Sie das denn gemacht?
Ja. Ich habe es oft zu sehr mit der Brechstange versucht. Dabei reicht es, wenn man im Training seine Hausaufgaben macht und einfach seine Leistung abruft.
Sind Ihre Ansprüche in den letzten 2 Jahren gestiegen?
Logisch. Ich weiß ja auch, was ich imstande bin zu leisten. Und dann gehe ich heuer sicher mit anderen Erwartungen in die Tour de France als 2023 als Neuling.
Was wäre für Sie eine erfolgreiche Tour de France?
Es gibt mehrere Szenarien, dass ich von einer erfolgreichen Tour sprechen würde. Das wird dann auch der Verlauf zeigen. Ich bin grundsätzlich ein Gesamtwertungsfahrer, die Top Ten wären auf jeden Fall toll. Aber auch das Bergtrikot wäre interessant, vielleicht ein Etappensieg.

Gehen Sie anders in Ihre dritte Tour de France?
Man wird mit der Erfahrung gelassener. Ich glaube, dass ich mit dem Stress, der Erschöpfung und der mentalen Belastung inzwischen besser umgehen kann. Ich werde mich nicht verrückt machen lassen. Wichtig ist, dass man die ersten zehn Tage im Norden gut, gesund und ohne Sturz durchkommt.
Ein Sturz ist für jeden Radprofi der Horror, oder?
Das kann wirklich keiner brauchen. Mich hat’s heuer bei der UAE-Rundfahrt auch schon einmal erwischt. Das war ein Highspeed-Crash bei mehr als 60 km/h, ich hatte Riesenglück und weiß bis heute nicht, wie ich das ohne schwere Verletzung überstanden habe. Aber ich habe davon immer noch kleine Narben am Rücken.
Welche Bedeutung hat die Tour de Suisse?
Grundsätzlich mag ich die Stimmung und das Streckenprofil bei der Tour de Suisse. Und natürlich habe ich den Anspruch, dass ich vorne mitfahre und mich zeige. Ich habe ein gutes Höhentrainingslager hinter mir und schon deshalb sollte meine Form eigentlich passen.
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