Mountainbike-Star Höll: "Vielleicht bin ich deshalb manchmal schwierig"

Die Karriere von Valentina Höll führt steil bergab. Mit ihren 23 Jahren dominiert die Salzburgerin den Downhill-Sport und fährt den Konkurrentinnen um die Ohren.
Höll ist dreifache Weltmeisterin und gewann drei Mal den Gesamtweltcup. Am Wochenende steht die Lokalmatadorin beim Heimrennen in Leogang im Fokus. Auf jener Strecke, auf der sie einst die Liebe für das Downhill entdeckt hat.
KURIER: In Leogang werden alle Augen auf Sie gerichtet sein. Können Sie den Heimweltcup wirklich genießen?
Valentina Höll: Es pusht mich total. Ich kenne hier alle Leute, vom Liftpersonal bis zum Stadionsprecher, meine Familie und Freunde sind dabei. Ich sehe es einfach als großes Privileg. Wie viele Athleten haben schon die Möglichkeit, einen Heimweltcup erleben zu dürfen?
Also keine Spur von Druck?
Ich bekomme gerade in Leogang immer sehr viel Aufmerksamkeit. Klar erhöht das die Erwartungen, von außen, aber auch an mich selbst. Ich möchte abliefern.
Sie haben in den letzten beiden Jahren eh gewonnen.
Und das waren sicher meine schönsten Siege. Die stelle ich sogar über die WM-Titel. Emotional hat das einen höheren Wert, wenn du ins Ziel kommst und du kannst da deine Leute umarmen.
Kann Ihnen auf Ihrer Heimstrecke in Leogang überhaupt noch etwas in die Quere kommen, oder kennen Sie jede Wurzel und jeden Stein?
So viel Heimvorteil, wie man glaubt, haben wir dann gar nicht. Ich hab’ heuer erst einen Tag dort trainiert. Und die Strecke verändert sich ja permanent, wenn da ständig Leute runterfahren. Die einzigen Vorteile, die ich habe: Ich weiß ganz genau, wie sich hier der Untergrund anfühlt. Und ich kann als Einheimische abschätzen, ob ein Regen daherkommt.

Das allein wird’s nicht sein. Sie haben 2024 in Leogang mit 7 Sekunden Vorsprung gewonnen. Was können Sie besser als die anderen?
Ein bisschen Talent werde ich schon haben. Ein bisschen Glück. Und dann viel Hingabe und harte Arbeit.
Klingt simpel.
Ich habe schon viel dafür investiert, damit ich heute so dastehe. Und gleichzeitig versuche ich auch, mich immer weiter zu entwickeln und die Limits nach oben zu schrauben. Ich höre nie auf, besser werden zu wollen. Vielleicht bin ich deshalb manchmal auch schwierig: Ich bin einfach nie mit mir zufrieden.
Wo gibt’s denn bei einer dreifachen Weltmeisterin noch Luft nach oben?
Überall. Schneller fahren. Besser im Regen fahren. Mental stärker sein. Vielleicht eine bessere Medienpräsenz.
Fahren Sie heute anders als in den ersten Jahren im Downhill-Weltcup?
Ich lass’ mich nicht stressen und fahre mit mehr Hirn. Früher bin ich oft in den Trainingsläufen ziemlich ans Limit gegangen. Jetzt lasse ich da ganz bewusst den einen oder anderen Sprung aus. Was bringt es, im Training ein Risiko einzugehen, wenn zum Beispiel die Wetterbedingungen nicht passen, oder wenn ich mich an diesem Tag nicht wohlfühle?
Das nennt sich dann vermutlich Rennintelligenz.
Man lernt aus schlechten Erfahrungen. Als Junge fühlt man sich unsterblich – aber nur bis man die erste schwere Verletzung hat.
Gehen Sie mit einer klaren Strategie ins Rennen, oder improvisieren Sie?
Im Idealfall kennst du jeden Zentimeter der Strecke und hast einen genauen Plan. Das Problem ist, dass manchmal durch die Fahrer vor dir Löcher entstehen und sich die Strecke verändert. Spannend wird’s, wenn du nur im Trockenen trainiert hast und im Finale schüttet’s dann.
Was geht Ihnen während so einer Fahrt durch den Kopf?
Im Idealfall bist du völlig im Tunnel und hast den Autopiloten eingeschaltet. Das einzige, das ich mir immer sage: Atmen, atmen, atmen! Damit ich das nicht vergesse.
Was tut Ihnen nach einem Lauf am meisten weh?
Downhill ist Ganzkörperbelastung. Man kann das mit der Abfahrt im Skisport vergleichen. Nur mit dem Unterschied, dass bei uns die Hände auch noch beansprucht werden und ein Lauf zwei Minuten länger dauert. So ein Rennwochenende spürt man am ganzen Körper. Dazu kommt noch der Stress, man ist total angespannt. Die Nacht nach einem Rennen schlafe ich nie gut.
Ihr Sport ist gefährlich: Kann man das Stürzen lernen?
Ich habe da einen lustigen Background. In Saalbach, wo ich aufgewachsen bin, gibt es einen Judoverein und da war ich früher zwei, drei Winter mit dabei. Und da habe ich schon gelernt, wie man sich richtig abrollt. Stürzen gehört bei unserem Sport dazu. Ich bin bisher zum Glück halbwegs gut davon gekommen.
Sie haben mit 23 schon alle Titel gewonnen. Welche Ziele bleiben Ihnen?
Ob ich jetzt vier oder fünf Mal Weltmeisterin werde, ändert nicht so viel. Ich will für diesen Sport etwas bewegen – das ist meine größte Motivation. Ich möchte, dass das Downhill in Österreich mehr Mainstream wird. Und wenn ein Kind wegen mir mit dem Radfahren beginnt, dann habe ich alles richtig gemacht.
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