Philipp Hosiner: "Heute greif' ich mir aufs Hirn"
Mit dem Siegestor für Sturm Graz beim 3:2 gegen Hartberg feierte Philipp Hosiner am Samstag nach vier Jahren im Ausland ein gelungenes Österreich-Comeback. Vor dem Rückspiel in der Champions-League-Qualifikation gegen Ajax Amsterdam am Mittwoch (20.30 Uhr, live ORFeins, Hinspiel 0:2) spricht der 29-jährige Burgenländer, dem 2015 aufgrund eines Tumors die linke Niere entfernt wurde (Interview), über seine persönliche Entwicklung. Und er verrät, wie er heute auf seinen Körper achtet und wovor ihm graust.
KURIER: Erstes Spiel, erstes Tor. Wie groß ist Ihre Erleichterung nach dem Liga-Auftakt?
Philipp Hosiner: Das war ein Einstand nach Maß, obwohl wir uns schwergetan haben gegen einen Gegner, der nichts zu verlieren hatte. Im Endeffekt haben wir Moral bewiesen und uns nach einem Rückstand nicht aus dem Konzept bringen lassen. So etwas zeichnet eine Spitzenmannschaft aus.
Ihr Tor und die Vorarbeit – der Pass in die Tiefe von Fabian Koch – erinnert stark an Ihre erfolgreiche Austria-Zeit. Sind das die Pässe, die Sie brauchen?
So habe ich es am liebsten. Fabian Koch kennt mich natürlich, weil er auch damals bei der Austria war. Wenn wir uns alle aufeinander einstellen, wird das in Zukunft noch öfters kommen. Mir taugt es hier bei Sturm jedenfalls extrem, es kann eine ganz gute Saison werden.
Was ist für Sie eine ganz gute Saison?
Möglicherweise können sich 2019 drei Klubs direkt für eine Europacup-Gruppenphase qualifizieren. Wenn es so kommt, wollen wir mit Sturm auf jeden Fall einer davon sein. Das ist realistisch.
Sie haben 2012/’13 für die Austria 32 Tore erzielt. Wie kommen Sie damit klar, dass Sie oft daran gemessen werden?
Manchmal ist es Fluch, manchmal Segen. Die Messlatte ist sehr hoch. Andererseits ist es komfortabel, zu wissen, dass ich viele Tore machen kann. Aber wenn ich mit der Mannschaft erfolgreich bin, ist mir meine Torausbeute egal. Ich setze mich jedenfalls nicht unter Druck wegen der vielen Tore von damals.
Wie kann man den Philipp Hosiner von heute mit jenem von damals vergleichen?
Fußballerisch habe ich in Deutschland gelernt, meinen Körper besser einzusetzen. Als Person bin ich um einiges reifer geworden und achte viel mehr auf mich. Ich tu’ alles für meinen Körper und die Regeneration und schau’, dass ich bei jedem Spiel bei 100 Prozent bin. Das ist der größte Unterschied.
Sie ernähren sich nun vegan. Wie kam es dazu?
Oft werden Veganer als Hippies gesehen. Ich habe einiges ausprobiert, weil ich mich sehr für das Thema Ernährung interessiert habe. Bei der veganen Ernährung bin ich hängen geblieben, dadurch habe ich all meine Blutwerte extrem verbessert.
War das nötig?
Es war nichts im kritischen Bereich, aber ich wollte überall optimieren und bei Leberwerten, Cholesterin et cetera auf Top-Niveau kommen. Das geht mit einer veganen Ernährung am besten. Ich habe gemerkt, dass mich Fleisch- und Fischkonsum müder macht. Ausschlaggebend war dann ein erhöhter Quecksilberwert, bedingt durch vielen Fischkonsum. Das wollte ich nicht mehr und habe deshalb einen radikalen Schnitt gemacht. Seither geht es mir viel besser.
Im September 2013 sind Sie als Austria-Stürmer noch in die Kritik geraten, weil Sie mit einem McDonald’s-Sackerl in der Hand zum Training erschienen sind.
Und heute greif’ ich mir aufs Hirn und frag mich: Wie hat das mein Körper überhaupt ausgehalten? Fast Food habe ich seit Jahren nicht mehr angerührt, davor graust mir mittlerweile. Das wird’s nicht mehr spielen, dass mich jemand mit so einem Sackerl sieht.
Und was tun Sie, wenn Sie einen jungen Spieler sehen, der sich nicht optimal ernährt?
Manches Mal beiß’ ich mir auf die Zunge. Ich war auch einmal jung und wollte so etwas nicht hören. Jeder muss selbst draufkommen. Wenn mich aber einer darauf anspricht, nehme ich mir schon Zeit und gebe meine Erfahrungen weiter. Das Gespräch kann dann länger dauern.
Klappt es immer, sich vegan zu ernähren, wenn Sie mit dem Verein unterwegs sind?
So gut, wie es bei Sturm organisiert ist, war es zuvor nirgends. Teammanagerin Bianca Winkler schickt vor jeder Reise Rezepte an das jeweilige Hotel, die suchen etwas aus und bereiten es zu. Da sind das Trainerteam und Sportdirektor Günter Kreissl sehr dahinter.
Sie sind jetzt also Veganer, aber kein Hippie. Obwohl Ihre neue Frisur dies vermuten ließe.
Polster und Prohaska waren ja auch keine Hippies. Die Locken sind einfach so gewachsen, die werden nach dem Waschen luftgetrocknet. Mir taugt’s, meiner Freundin taugt’s – und man muss nicht viel tun.
Dafür müssen Sie am Mittwoch gegen Amsterdam einiges tun. Was muss passieren, damit Sturm das 0:2 aus dem Hinspiel dreht und doch noch den Aufstieg schafft?
Natürlich brauchen wir ein Wunder. Ein Auswärtstor hätte uns im Hinspiel gut getan. Aber wir nehmen es, wie es ist und werden alles probieren. Vielleicht können wir die Partie mit einem frühen Tor oder einem langen 0:0 offen halten. Und wir brauchen einen glücklichen Spielverlauf. In Amsterdam war das ja mit dem Gegentor aus einem Weitschuss und dem nicht gegebenen Elfmeter nicht der Fall. Und vielleicht glaubt ja Ajax, es ist schon eine g’mahte Wiesn.
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