Mir gefällt, dass sie eigentlich niemandem mehr etwas beweisen will, aber sich für sich selber immer weiterentwickelt. Da ist sie auch für mich ein Vorbild. Denn sie würde auch mit leichteren Elementen gewinnen. Und trotzdem pusht sie den Sport und sich selber weiter – das macht sie außergewöhnlich. Da passt einfach alles zusammen – Einstellung, Mentales, Körperbau, alles.
Ähnliches wird auch über Sie gesagt, nämlich dass Sie die Tricks und Sprünge im Snowboarden immer weiterentwickeln wollten. Erkennen Sie Parallelen?
Ja, vom Mindset her, glaube ich, schon. Der Grund, warum ich jetzt noch immer weitermache, ist, dass ich diese Weiterentwicklung auch brauche, immer was Neues zu machen, nicht stehen zu bleiben. Der Unterschied ist, dass sie halt mit so einem großen Abstand die Beste ist. Sie hätte auch mit ihren alten Elementen alles gewonnen, aber entwickelt sich dennoch weiter. Das ist sehr inspirierend für viele. Bei uns im Snowboarden musst du dich weiterentwickeln, um weiter gewinnen zu können.
Sie haben selbst auch geturnt. Können Sie diese Elemente, die Biles jetzt turnt, überhaupt noch nachvollziehen?
Es ist lustig. Wir vergleichen es jetzt tatsächlich immer mit Snowboard-Tricks: Denn der schwierige Sprung, den sie jetzt am Boden macht, der ist ähnlich wie ein 1440 im Snowboarden. (vierfache Drehung, Anm.) Also es gibt schon Parallelen zwischen den Sportarten. Aber das selbst zu turnen, kann ich mir schwer vorstellen. Vielleicht vom 3-Meter-Brett ins Wasser oder auf einem ganz guten Trampolin. Also das ist schon ein extremes Level.
Im Freestyle-Snowboarden der Frauen ist der 1440 gerade der nächste Trick, den es zu schaffen gilt. Wie nahe sind Sie selbst dran?
Ich übe ihn gerade. Man wird ihn wahrscheinlich brauchen, um in den nächsten Jahren auf dem Podium zu sein.
Apropos: Sind Sie auch ein in Paris, um wieder ein bisschen Olympia-Luft zu schnuppern – mit Blick auf die Winterspiele 2026?
Ich würde sagen, ja. Also man kann ja im Sportleben sehr wenig planen, vor allem, was Verletzungen angeht. Aber es ist nicht mehr lange hin, nur noch eineinhalb Jahre bis zu den Olympischen Spielen in Italien. Die Stimmung in Paris – es wäre schon schön, das noch einmal als aktive Sportlerin mitzuerleben.
Es wäre zudem nicht weit von zu Hause ...
Ja, genau. Außerdem, wenn ich an Peking denke, diese Spiele waren einfach komplett isoliert von der Stimmung. Das war etwas anderes.
Simone Biles hatte bei den Spielen in Tokio ein mentales Tief. Die Welt hat gesehen, dass sie doch menschlich ist. Wie haben Sie Biles’ mentale Probleme und die Meldungen darüber miterlebt?
Es war damals schockierend. Aber eigentlich logisch, weil immer so viel verlangt wird von Sportlern. Es war irgendwie ein Weckruf. Man hat gelernt, dass es okay ist, auch ein Mensch zu sein und dass es im Sport einfach auch wichtig ist, psychisch gut zu sein – und nicht nur physisch. Vor allem auf diesem Level. Es war wichtig, dass sie das damals bekannt gemacht hat.
Wieso?
Es wäre richtig gefährlich gewesen, wenn sie sich da weiter gepusht hätte. Ich bin froh, dass sie zur Sprache gebracht hat, wie wichtig es ist, dass der Kopf mit dem Körper zusammenarbeitet. Und auch wenn die Spiele damals keine Goldmedaille für sie gebracht haben, hat sie dieser Move noch einmal menschlicher gemacht und gleichzeitig noch mehr zum Star. Mir kommt vor, die Leute, auch Kinder, bewundern sie jetzt noch mehr. Sie ist mehr als eine Sportlerin. Und jetzt steht sie wieder bei Olympia und ist haushohe Favoritin. Und da sieht man, dass man da auch wieder rauskommt aus so einem Kampf.
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